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Maerchen aus Malula

Titel: Maerchen aus Malula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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Ich kann in der Frühe kein Fett riechen«, stammelte der Gastgeber, von der Gefräßigkeit seines Gastes entsetzt. »Wie wäre es noch einmal mit Käse, Oliven, Quark und Honig?« fragte er laut, damit seine Frau in der Dachkammer alles vorbereiten konnte.
    »Macht nichts. Wir können uns bis Mittag den Hunger stillen, und dann will ich ein Huhn, gefüllt mit Mandeln, Pinien und Hackfleisch«, erwiderte Ziki.
    Der Mann zog nachdenklich am Seil, bis der Korb die Decke erreichte, holte die Stange und klopfte langsam dreimal. »O Korb, wiederhole deine gute Tat noch einmal: bringe uns Honig, Oliven, Käse und Quark.«
    »Toll, aber es wäre gut, auch zehn Eier und fünf Brotfladen herzuzaubern, damit ich die rechte Ecke meines Magens beruhigen kann. Für das linke Ecklein brauche ich ein größeres Häppchen«, sprach Ziki.
    »Häppchen? Nun, ich mag keine Eier. Ich erbreche mich immer, wenn ich nur ein Ei sehe«, widersprach der Mann und schaute Ziki mißtrauisch an. Er zog den Korb herunter und stellte die Teller auf den Tisch, und Ziki schaufelte in Windeseile die Schüsseln und Teller leer.
    »Das finde ich ja bezaubernd. Die rechte Ecke meines Magens hat ihren Hunger gestillt. Wünsche mir bitte fünf gebratene Auberginen mit viel Knoblauch, eine Zitrone, Wassermelonen und frische Feigen für die linke Ecke meines Magens, dann muß es endlich Mittag werden, damit ich zu meinem Huhn komme. Am Abend würde ich schon gerne einen gebratenen Hammel verdrücken.« Der Gauner schaute den Koloß so entsetzt an, als sähe er dem Tod in die Augen. »Hammel? Huhn? Korb … kaputt … ich …«, stotterte er.
    »Was ist mit dir, Mann? Gib her!« sagte Ziki und riß das Seil aus der schlaffen Hand des Gastgebers, zog den Korb hoch, klopfte mit der Stange dreimal und sprach: »O Korb, gib deinem Besitzer ein Lächeln und mir meine gebratenen Auberginen, Melonen und vor allem die frischen Feigen!«
    Er ließ den Korb herunter, doch er war leer. »Der Korb ist kaputt, vielleicht mußt du ihn reparieren!« sprach Ziki.
    Der Gauner erkannte eine Gelegenheit zur Rettung aus der sich anbahnenden Katastrophe: Flucht durch das Türchen zum Dachboden! Er strahlte. »Ja, ziehmich hoch, damit ich sehe, was mit dem Korb passiert ist. Du mußt mich bis zur Decke ziehen.«
    »Gerne«, antwortete Ziki und zog den Korb mit dem Gauner halb in die Höhe, band das Seil an einen großen Haken an der Wand, nahm den Stock und fing an, auf den Korb einzuschlagen. »O Korb, bringe mir die zweitausend Piaster, die du meinem Freund geraubt hast, sonst wirst du einen blauen Hintern bekommen«, rief er und drosch kräftig auf den Korb ein. Der Mann schrie vor Schmerz, bis seine Frau das Türchen in der Decke öffnete, um nachzuschauen, was passiert war. Doch auch sie konnte ihm nicht helfen.
    »Es waren doch nur fünfhundert«, gab der Gauner nach dem zehnten Hieb zu, doch Ziki schlug und rief: »O Korb, zweitausend, sonst werde ich dich drei Tage lang prügeln.«
    Heulend und hinkend stieg der Mann nach dem dreißigsten Hieb aus dem Korb und händigte Ziki den gewünschten Betrag aus.
    »Ich muß sagen, das mit dem Korb hat gestimmt«, sagte er zu seinem Freund, der bereits auf ihn wartete. Machul lachte herzlich. »Lach nicht so! Ich habe auf den Korb gehauen und zweitausend Piaster verlangt, und die habe ich bekommen. Du kannst nachzählen«, sagte er und bog sich vor Lachen, bevor er auf sein Pferd stieg und sich mit Machul auf den Rückweg nach Malula machte.

 
    AIDA
    oder
    WENN MÄNNER EINE
    STARKE HAND BRAUCHEN
     
    Es war einmal eine Witwe, die hatte zwei Söhne. Als der ältere neunzehn wurde, suchte sie ihn zu verheiraten. Nach langer Suche fand sie auch eine junge Frau aus einer armen und kinderreichen Familie. Der Brautvater freute sich darüber, ein hungriges Maul weniger ernähren zu müssen.
    Doch das Glück mancher Eltern ist für ihre Kinder eine Geißel.
    Schon in der ersten Nacht wunderte sich die junge Braut über das große Loch in der Wand ihres Schlafzimmers. Es war so groß wie ihre Handfläche.
    »Was soll das Loch in der Wand?« fragte sie ihren Gemahl erstaunt.
    »Meine Mutter will immer dabeisein. Sie kann nicht schlafen, bevor sie sich nicht überzeugt hat, daß ich gesund und vergnügt eingeschlafen bin.«
    Die Neuvermählten hatten sich noch nicht hingelegt, als die Mutter durch das Loch sprach: »Mein Herzchen, erledige deine Pflicht schnell. Ich will bald schlafen. Deine Hochzeit hat mich ermüdet.« Der gehorsame Sohn

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