Maerchen aus Malula
Pferd für mich, den Dämon der Nacht, sonst erlebst du den Morgen nicht mehr!«
»Gnade. Hab Erbarmen mit mir, wie soll ich jetzt in der Nacht ein zweites Pferd holen? Hab Erbarmen mit mir bis morgen, und ich besorge dir ein Pferd.«
»Du Schlauberger! Willst mich wohl reinlegen? Meine Macht endet mit dem ersten Sonnenstrahl, dann bist du unter dem Schutz meines gehaßtenBruders. Jetzt, oder du stirbst!« rief Ziki und schlug auf den Mann ein, bis dieser rief: »Hab doch Mitleid mit mir, ich gebe dir alles.«
»Das Pferd hat fünftausend gekostet. Mein Bruder mußte seinen Besitzer, einen geizigen Bauern, fressen, um das Pferd zu bekommen. Gib mir fünftausend, oder ich fresse dich«, rief er und biß den Wirt so stark in den Arm, daß dieser beinahe in Ohnmacht gefallen wäre.
»Erbarme dich meiner, o du Nachtgeist. Ich habe hier unter dem Kopfkissen viertausend. Mehr habe ich nicht.« Ziki griff unter das Kopfkissen und holte das große Geldbündel heraus. »Diesmal laß ich dich am Leben. Sei froh, daß du nicht gut schmeckst«, sagte er und stürzte aus dem Haus.
Langsam stand der Wirt auf und schlich leise zum Zimmer seines Gastes. Er klopfte an, doch niemand antwortete. Er öffnete vorsichtig die Tür. Fast hätte ihn der Schlag getroffen, als er das Bild des Grauens im Dämmerlicht einer Kerze sah. Schnell vergrub er die Knochen im Garten und putzte gründlich das Zimmer.
Am frühen Morgen stand er ganz erschlagen vor Müdigkeit da und erzählte seinen übrigen Gästen vom Dämon, aber nicht von den Knochen, die er beseitigt hatte.
Machul freute sich ungemein über den Bericht seines Freundes und noch mehr über das vornehme Bett des besten Gasthauses in Damaskus. Ziki zahlte fürdie Nacht hundert Piaster. Damals war das ein Vermögen.
Am nächsten Morgen berieten sie sich lange, wie sie gegen die Händler vorgehen sollten, vereinbarten, sich nach getaner Arbeit im Gasthaus zu treffen, und gingen ihrer Wege.
Machul ließ sich die Haare schneiden, legte seine bäuerlichen Kleider ab und kleidete sich wie ein Städter. Er wanderte in den Straßen herum und aß stundenlang Zwiebeln, Knoblauch und frische Saubohnen, bis ihm der Magen schmerzte. Dann ging er zu dem Parfumhändler, grüßte ihn und setzte sich hin. Zwei Kunden warteten schon auf den vielbeschäftigten Händler. Als eine Kundin ein Fläschlein Rosenwasser riechen wollte, stank es plötzlich fürchterlich im Laden. Die Frau verzog das Gesicht. »Was ist denn das für ein Geruch?« fragte sie entsetzt.
»Faule Bohnen«, erwiderte Machul. »Der Händler hat eine Mischung aus faulen Bohnen und Rosenwasser erfunden. Sie soll einen sehr begehrten Geruch haben«, flüsterte er bedeutungsvoll.
Die Frau schüttelte den Kopf. Ihr Mann griff nach einer Flasche Zitronenblütenöl und wollte daraus ein Tröpfchen unter die Nase reiben, um den Bohnengeruch ertragen zu können, doch als er das Fläschchen aufmachte, stank es im Laden noch widerlicher als vorher. »Was ist das?« fragte er sich, und Machul flüsterte: »Eine Mischung aus Zitronenöl und verschimmelten Zwiebeln. Sie soll einmalig sein!«
»Ja, einmalig ist das schon«, empörte sich die Frau, stupste ihren Mann an und stand auf. »Laß uns gehen. Die Parfumhändler sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren.«
Der Händler wollte wissen, warum es seine Kunden plötzlich so eilig hatten. »Deine faulen Bohnen und Zwiebeln kannst du allein schnüffeln«, erwiderte die Frau spitz und eilte mit ihrem Mann hinaus. Machul aber spendete dem Laden seine einmaligen Mischungen, so daß es bald im kleinen Geschäft trotz der Düfte der Rosen und Nelken unerträglich müffelte.
»Was ist mit dir, Herr? Hast du etwa einen kranken Magen?« fragte der Krämer Machul zornig, gerade als ein Kunde hereinschaute und sofort das Weite suchte.
»Ja, Bruder. Eine üble Erkrankung plagt mich. Gott schütze dich davor. Ein Medizinmann schickt mich zu dir, um eine Heilmischung für mich zusammenzustellen. Dreißig Kilo brauche ich jeden Monat, ein Kilo Zimt, ein Kilo Kaffee, genausoviel Salz und kein Korn mehr Pfeffer. Ein Kilo Nelken …«
Machul zählte die Gewürze auf, die gemahlen und vermischt werden sollten, und als er seine Bestellung aufgegeben hatte, vergewisserte sich der Gewürzhändler noch einmal: »Und das alles gemahlen und vermischt?«
»Ja«, antwortete Machul. Im Laden roch es so übel, daß dem Händler schlecht wurde.
»Ich warte so lange hier, bis du die Mischunghergestellt hast«,
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