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Maerchen aus Malula

Titel: Maerchen aus Malula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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erfüllemeinen Wunsch!« rief er und ließ langsam den Korb von der Decke herunter.
    Machul gefror das Lachen im Gesicht, denn im Bauche des Korbes standen zwei Töpfe und zwei Schüsseln. Im ersten Topf dampften würzig die Zucchini. Im anderen Steintopf war frischer Joghurt, und die Schüsseln waren mit Oliven und sauren Gurken gefüllt, wie es der Mann sich gewünscht hatte.
    »Entschuldige bitte, ich habe Brot und Wasser vergessen«, sagte der Mann höflich und zog den Korb bis zur Decke hoch. »O Korb, schenke mir und meinem Gast zwei Fladenbrote und eine Kanne kaltes Wasser.« Er klopfte mit der Stange gegen den Korb und ließ ihn wieder herunter.
    Machul bekam weiche Knie. Zwei warme Fladenbrote und eine Kanne Wasser waren im Korb. Er nahm die Tonkanne, um seine brennende Kehle anzufeuchten, und genoß das kühle Wasser in langen Zügen. Damaskus hat ein besonders wohlschmeckendes, frisches Wasser.
    Machul hatte erst Angst vor dem Essen, doch als sein Gastgeber in die duftenden Zucchini gebissen hatte, probierte er auch eine davon. Sie schmeckte ihm so gut, daß er gleich danach noch drei hinunterschlang. »Das ist ja wunderbar. Kann dieser Korb alle Wünsche erfüllen?« fragte er nach dem Essen und wünschte sich einen Mokka. Es dauerte keine Viertelstunde und der Korb erfüllte dem Gast seinen Wunsch.
    »So einen Korb müßte man haben«, schwärmte Machul, als der Gastgeber Früchte und Nüsse als Nachtisch vom Zauberkorb verlangt hatte und dieser den Wunsch gehorsam erfüllte.
    »Na ja, einen solchen Korb bekommt nicht jeder. Ich habe ihn von einem Mönch geschenkt bekommen, dem ich das Leben gerettet habe«, erwiderte der Mann.
    »Rette mir mein Gesicht, Bruder«, flehte Machul, »ich werde dir alles geben, was du verlangst.«
    »Es fällt mir schwer«, erwiderte der Gastgeber, »mich vom Korb der Wünsche zu trennen, aber ich will nicht, daß du eine schlechte Erinnerung an unsere liebe Stadt hast. Ich gebe dir den Korb für die lausigen fünfhundert Piaster, die du hast«, fügte der Mann mit leiser Stimme hinzu.
    Machul holte mit zitternden Fingern die fünfhundert Piaster aus seiner Tasche, händigte sie dem Gastgeber aus, nahm den Korb, das Seil und die Stange und ritt, so schnell der Esel es zuließ, nach Malula zurück.
    Gegen Mitternacht erreichte er sein Haus, und am frühen Morgen wußte das ganze Dorf, daß Machul wieder da war. Malula ist klein, und wenn eine Ameise auf dem Dorfplatz stolpert, wissen die Leute im entferntesten Haus davon, bevor die Ameise sich wieder aufgerichtet hat. So kamen die Freunde und Verwandten, um Machul zu begrüßen und ihre Sachen zu holen. Machul erzählte stundenlang von den Straßen und Gärten der Hauptstadt, doch er sprachmit keinem Wort von den Einkäufen. Seine Gäste schauten einander ratlos an, doch dann brach die Schwester das Schweigen. »Machul, ich bin müde, hast du mir den Stoff mitgebracht?«
    »Gedulde dich, Schwester, dann hole ich dir Stoff für hundert Kleider aus meinem Korb der Wünsche«, antwortete er. Die Schwester schwieg verlegen, und Machul schwärmte eine weitere Stunde von Damaskus, bis der Bruder laut gähnte. »Morgen muß ich früh raus, kann ich meine Jacke haben?«
    »Gedulde dich, Bruder, der Korb der Wünsche wird dir eine wunderschöne Jacke bescheren«, erwiderte Machul und erzählte weiter. Auch als die zwei Vettern ihn um ihre Sachen baten, beruhigte sie Machul und beschrieb ausführlich die Gärten der Hauptstadt. Es war spät, als der geduldige Ziki Machul unterbrach: »Lieber Freund, ich bin wirklich müde geworden, und du sagst immer wieder, wir sollen warten, bis der Korb der Wünsche unsere Sachen bringt. Was ist mit diesem Korb?«
    Machul stand auf, holte den Korb herbei, hängte ihn an die Decke, nahm die Stange und schlug dreimal gegen ihn. »O Korb, gib meinem Freund Ziki die besten Stiefel!« rief er und ließ den Korb herunter, doch er fand ihn leer. Schnell zog er ihn wieder hoch, schlug mit der Stange auf ihn und rief erneut: »O Korb, wenn du keine Stiefel mehr hast, dann liefere meinem Bruder seine begehrte Jacke!« Doch er fand auch diesmal nichts im Korb. Machulwiederholte immer wütender seine Wünsche und schlug immer kräftiger mit der Stange auf den Korb ein, doch dieser weigerte sich, auch nur eine einzige Prise Salz zu geben.
    »Das verstehe ich nicht!« sprach Machul entsetzt.
    »Und wir erst recht nicht«, brüllte der Bruder, »würdest du so freundlich sein und das Spiel mit dem Korb beenden,

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