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Maerchen aus Malula

Titel: Maerchen aus Malula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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fügte Machul noch hinzu, als ein alter Mann den Laden betrat und nur »Hast du …« hervorbrachte, um eiligst wieder hinauszugehen.
    »Herr, das dauert Stunden, bis ich dir die Mischung zusammengestellt habe. Mein Laden ist klein. Wäre es nicht besser, wenn du etwas spazierengingest?«
    »Und wann soll ich meine Mischung abholen?« fragte Machul zurück und faßte sich an den Bauch.
    »Komm nach dem Abendgebet, dann habe ich alles für dich vorbereitet.«
    »Aber was ist, wenn du mich betrügst und Mehl dazugibst? Nein, ich bleibe lieber hier und sehe zu, wie du die Sachen zusammenmischst«, erwiderte Machul, kurz bevor eine unangenehm riechende Wolke den vor ihm stehenden Händler wieder umhüllte.
    »Aber Bruder, sei unbesorgt, ich werde dir die besten Gewürze zusammenstellen. Ehrlichkeit wird bei mir groß geschrieben«, schmeichelte der Händler mit süßlicher Stimme.
    »Und hast du ein gutes Gedächtnis? Ich zahle ja teures Geld für die Mischung. Was ist, wenn du etwas vergißt? Nein, ich bleibe lieber hier.«
    »Mein Gedächtnis läßt die Kamele erblassen. Hab keine Sorge und mach einen Spaziergang. Er ist gut für deine kranken Gedärme«, sprach der Händler verzweifelt und war ganz erleichtert, als Machul endlich einwilligte. Der Händler bespritzte seinen Laden mit Zitronenblütenöl, öffnete das Fenster und fing an, die große Bestellung des kranken Kundenzusammenzumischen. Plötzlich aber lachte er, beugte sich über den Mehlsack und schaufelte davon eine Menge in die große Schüssel, in der er die Zutaten der Mischung zusammengetragen hatte. Doch dann wartete er vergebens. Von Tag zu Tag fluchte er lauter über diesen Kunden, der den großen Sack nicht holte. Noch mehr verfluchte der Händler seinen eigenen Leichtsinn, eine ungenießbare Mischung aus teuren Gewürzen ohne Vorauszahlung hergestellt zu haben.
    Doch nun zurück zum Gasthaus, wo Machul vergnügt auf Ziki wartete, bis dieser am späten Abend kam.
    »Dem Jackenhändler habe ich es gegeben«, begann Ziki seine Erzählung. »Ich habe ihn gefragt, ob seine Jacken die groben Hände der Bauern aushalten würden. Er rief angeberisch: ›Sie halten sogar die Füße von Elefanten aus.‹ Daraufhin bestellte ich dreißig Jacken und fragte nicht nach dem Preis. Als er sie vor mir auf dem Tisch ausbreitete, schaute ich sie an und fragte, ob diese Jacken die besten seien. ›Der Sultan von Bagdad würde dich um diese Jacken beneiden, denn hätte er eine davon getragen, als man ihn erstach, so wäre das Messer zerbrochen‹, antwortete dieser Gauner. Ich nahm die Jacken, eine nach der anderen. Der einen habe ich die Ärmel, der anderen das Futter und der dritten die Taschen im Nu zerrissen, und ich fuhr mit meinem Werk so schnell fort, daß der Händler blaß wurde. Als einGehilfe mich aufhalten wollte, klebte ich ihm eine, daß er geradewegs zum Zahnarzt rannte. Ich fuhr mit dem Zerreißen fort und warf die Fetzen auf einen Haufen. ›Der Sultan von Bagdad hat wahrscheinlich eine Jacke von dir gekauft‹, rief ich immer wieder, und als die dreißig Jacken in Stücke gerissen herumlagen, klopfte ich ihm auf die Schulter. ›Hast du bessere Qualität, oder soll ich bei einem anderen kaufen? Ich zahle soviel du willst, aber die Jacken müssen etwas solider sein. Diese hier hielten nicht einmal meinen zarten Händen stand, wie sollen sie den Reibeisen der Bauernhände widerstehen.‹ Der Händler schrie wie verrückt: ›Du hast dreißig Jacken zerrissen. Du mußt sie bezahlen!‹ Ich habe ihm eine Ohrfeige versetzt, da fiel er auf den Haufen zerrissener Kleider, und bevor er sich aufrichten konnte, schob ich drei markierte Geldbündel in seine Schublade. Ich setzte mich auf einen Hocker und wartete geduldig, bis ein Nachbar die Polizei geholt hatte. Dann ging ich mit dem Jackenhändler zum Kadi. Der Händler erzählte vom Geschehen und übertrieb wie alle Händler maßlos. Ich wartete, bis der Kadi mich zornig aufforderte, meine Sichtweise der Tat zu schildern.
    ›Euer Ehren. Ich bin ein ehrlicher Händler vom Lande. Dort ist die Erde rauh, und die Kälte kennt im Winter kein Erbarmen, wenn die Kleider der Bauern nicht gut geschneidert sind. Dieser Händler hat mich oft betrogen und schlechte Jacken verkauft. DieBauern verfluchten die Seele meines Vaters nach einem einzigen Winter, denn die Farbe löste sich beim ersten Regen ab, und die Nähte platzten nach der ersten Wäsche. Ich gebe zu, daß ich ihm und seinem Gehilfen eine von den vielen

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