Märchen unter dem Wüsenhimmel
sehr töricht. Sie sank auf dem Sofa in sich zusammen und starrte auf ihren unberührten Keksteller. „Ich habe euch doch gesagt, dass ich nicht heiraten wollte, und das ist einer der Gründe. Ich bin nicht gut im Umgang mit Männern. Ich verstehe sie nicht und sage immer das Falsche. In einigen Punkten bin ich recht klug, aber was Beziehungen angeht, bin ich eine Niete. Er muss sich ja gar nicht hoffnungslos in mich verlieben, aber es wäre schön, wenn er zumindest ein paar Stunden im selben Raum mit mir bleiben könnte.“
„Du hast sein Ego verletzt“, sinnierte Dora, „aber Männer haben sich schon von Schlimmerem erholt.“
„Aber er hasst mich. Zumindest bin ich ihm völlig gleichgültig“, wandte Heather ein. „Gestern Abend habe ich alles nur noch schlimmer gemacht. Dabei weiß ich nicht mal, was ich falsch mache.“
„Das Angebot, deine Pflicht zu erfüllen, war ein Anfang, Kind.“ Fatimas weise Augen schienen ihr bis in die Seele zu blicken. „Du hast die Bücher nicht gelesen, die ich dir gegeben habe, oder?“
Heather zog den Kopf ein. „Nicht richtig. Ich meine, ich habe darin geblättert, aber die Bilder … Tun Leute wirklich solche Sachen?“
Sanft berührte Dora sie am Arm. „Du musst versuchen, dichmit der Vorstellung anzufreunden, mit deinem Mann zu schlafen. Meinst du, du schaffst es?“
Heather erinnerte sich an die leidenschaftliche Umarmung zwischen Dora und Khalil, die in ihr die Sehnsucht nach einer ebensolchen Beziehung erweckt hatte. „Ich bin nicht prüde. Ich bin nur unwissend und habe Angst.“ Sie seufzte. „Außerdem kann ich mit den Frauen nicht mithalten, mit denen Jamal verkehrt. Sie sind alle Models oder Schauspielerinnen oder Töchter aus reichen Familien. Sie kleiden sich perfekt und wissen genau, wie sie sich in welcher Situation benehmen müssen und triefen förmlich vor Sinnlichkeit.“ Sie blickte hinab auf das hellblaue Kleid. „Ich dagegen bin ein Kobold.“
„Das ist nicht wahr. Du bist eine schöne Knospe, die noch nicht erblüht ist. Dir fehlt nur eine kleine Verwandlung. Ich weiß, wovon ich rede. Make-up und die richtige Kleidung können wahre Wunder vollbringen.“
Heather wagte nicht zu widersprechen, aber sie bezweifelte, dass Dora wusste, wovon sie sprach. Sie war ebenso elegant gekleidet wie Fatima und hatte sich bestimmt noch nie im Leben hässlich gefühlt. „Ich brauche mehr als das. Ich möchte ein anderer Mensch sein. Eine selbstbewusste, charmante Frau, die ihren Ehemann zu faszinieren versteht.“
Dora seufzte. „Das ist allerdings ein schwieriges Unterfangen.“
„Aber kein unmögliches“, entgegnete Fatima nachdenklich. „Ich wüsste genau die richtige Person für dich.“
„Wen denn?“
Fatima lächelte. „Nicht die Ehefrau. Die ist sowieso nie interessant. Nein, du musst dich verändern und Jamals Mätresse werden.“
„Seine Mätresse?“, hakte Heather schockiert nach.
„Sei nicht so schockiert. Männer halten sich seit ewigen Zeiten Mätressen.“
„Darum geht es nicht. Ich kann nicht mal eine Ehefrau sein. Wie kommst du auf die Idee, dass ich eine Mätresse sein könnte?“
„Es ist alles eine Frage des Trainings und des Selbstbewusstseins.“
„Dass es mir daran mangelt, haben wir bereits festgestellt.“ Heather seufzte. „Es ist alles so sinnlos. Jamal wird mich nie beachten, wir werden eine furchtbare Ehe führen, nie Kinder kriegen und …“
„Höre auf damit“, unterbrach Fatima. „Hör dir lieber an, was ich zu sagen habe.“
Dora lachte. „Es klingt zwar verrückt, aber was hast du schon zu verlieren?“
„Das stimmt.“ Heather wandte sich an Fatima. „Also, was wolltest du sagen?“
Fatima lächelte gedankenverloren. „Als ich geheiratet habe, war der Harem nicht so wie heute, sondern voll von wunderschönen, exotischen Frauen aus der ganzen Welt. Unsere Ehe wurde arrangiert, weil ich aus dem benachbarten Königreich stamme. Ich war nicht exotisch und nicht schön.“
„Aber du bist so wundervoll“, widersprach Heather. „Danke für das Kompliment. Aber damals wusste ich nicht, wie ich mich kleiden sollte, um meine Vorzüge hervorzuheben. Ich war unschuldig und relativ ungebildet in weltlichen Dingen. Aber ich betete meinen Ehemann an und war entschlossen, ihn für mich zu gewinnen. Zu diesem Zweck beschloss ich, die exotischste und charmanteste Frau im Harem zu werden.“
Sie hob ihre Tasse und nahm einen kleinen Schluck. „Ich studierte die alten Künste des Harems. Ich
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