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Märchen

Märchen

Titel: Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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einen Pfeil in den Rücken.
    Ergreift den König, tot oder lebendig!«
    Die freundlichen Wellen des Sundes plätschern und blinken in der Morgensonne. Kleine Fische schießen durchs Wasser.
    Sie ahnen nicht, daß tief unter ihnen in der Dunkelheit König Magnus um sein junges Leben bangt.
    Junker Nils, Junker Nils, nicht so schnell! Die lange Kerkerhaft hat den König geschwächt. Er keucht so schwer, er fällt fast zu Boden, der geheime Gang ist so finster und lang. Und hinter sich hört er die eisenbeschlagenen Stiefel dröhnen, immer näher kommen sie, näher und näher.
    Da wird König Magnus so weiß wie ein Laken, oh, wie er um sein junges Leben bangt!
    »Genug jetzt, Junker Nils, es lohnt nicht die Mühe, alles ist aus, meine Zeit ist um.«
    Verzage nicht, König Magnus, sieh, dort die Nische, schnell hinein! Steh still dort im Dunkeln, halte den Atem an, warte!
    Jetzt kommen sie angestürmt, die Mannen des Herzogs. Blind und dumm sind sie, mehr nicht. Sie laufen vorwärts, wie Schweine im Eichenwald laufen sie, wohin die Schnauze zeigt, ohne nach links oder rechts zu gucken. Jetzt zeigt die Schnauze wohl auf das schwache Licht dort vorn, wo der Gang zu Ende ist. In ihrer Einfalt glauben sie, daß der König schon draußen in der Sonne ist, in der Sonne, die er eigentlich nie mehr sehen sollte. Und nun rennen sie, so schnell sie können, hinterher.
    König Magnus steht dort in der Nische mit pochendem Herzen, als die eisenbeschlagenen Stiefel vorüberdröhnen. Allein und voll Angst im Dunkeln zu sein ist schrecklich, aber du bist nicht allein, König Magnus, du hast einen Freund. Hier in der Finsternis steht er an deiner Seite, du siehst ihn nicht, aber du hörst seinen Atem und spürst seinen schützenden Arm um den Leib.
    »Verharrt hier noch eine Weile, mein König, denn die Männer des Herzogs durchkämmen gerade jetzt den Wald, überall wimmelt es von Bogenschützen, und ihre Pferde sind pfeilschnell.
    Aber auch ich habe zwei Rosse hier nahe im Gebüsch versteckt, die hole ich jetzt.«
    Zwei Jahre hat der König im Kerker verbracht... O welch Glück, noch einmal auf einem Pferd sitzen zu dürfen, unter lichtgrünen Eichen zu reiten an einem kühlen, hellen Junimorgen! Alles ist still, nur die Vögel singen, und die Hummeln brummen, der Tau glitzert auf Blumen und Gras. Hier reitet König Magnus, hier reitet sein Knappe, ihre Haare leuchten in der Sonne wie Goldhelme.
    Aber gib deinem Pferd die Sporen, König Magnus, reite, daß ihm der Schaum vom Maul fliegt, eile, eile zu deinem Schloß Höganhus! Dort bist du in Sicherheit, dort bist du unter Freunden, alle deine Ritter sind dort versammelt. Oh, wenn sie ihren König in Freiheit sehen, bereit, sein Heer in den Kampf zu führen, dann, du böser Tyrann, dann, du teuflischer Herzog, schlägt deine Stunde!
    Ach, König Magnus, du jubelst zu früh! Hör doch den Hufschlag hinter dir, der den Boden erdröhnen läßt, schrecklichere Laute hast du nie gehört. Jetzt kommen sie angeprescht auf ihren pfeilschnellen Rössern, die Mannen des Herzogs, um dir die Freiheit zu bescheren, die ihre scharfen Pfeile bereiten.
    Da wird König Magnus so weiß wie ein Laken, oh, wie er um sein junges Leben bangt!
    »Genug jetzt, Junker Nils, es lohnt nicht die Mühe, alles ist aus, meine Zeit ist um.«
    Doch Junker Nils ergreift das Pferd des Königs rasch beim Zügel.

    »Drüben im Berg weiß ich eine Höhle, komm, mein König, wir verstecken uns dort!«
    Seit Urzeiten hat es diese Höhle in dem Berg gegeben, sie entstand, als die Erde jung war und es noch keine Menschen gab. Da schoben sich die schweren Findlinge übereinander, so daß zwischen hohen Steinwänden eine Höhle entstand. Seit Urzeiten lag sie dort namenlos, aber von diesem Tage an wird ihr Name Königshöhle sein. Jahre folgen auf Jahre, und das, was jetzt geschieht, wird vergessen sein, aber die Königshöhle wird für immer ihren Namen behalten. Jungen werden dort ihre Räuberspiele spielen und ihr Versteck Königshöhle nennen, ohne zu wissen, daß sich dort vor langer, langer Zeit an einem frühen Junimorgen ein König und sein Knappe versteckt hielten.
    Und jetzt steht König Magnus dort drin mit pochendem Herzen.
    Es ist schwer, sich wie ein gejagtes Wild in einer Höhle zu verstecken, aber du bist nicht allein, König Magnus, du hast einen Freund. Hier in der Finsternis steht er an deiner Seite, du siehst ihn nicht, aber du hörst seinen Atem und spürst seinen schützenden Arm um den Leib. »Ich

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