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Märchen

Märchen

Titel: Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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glaube, wir haben sie genarrt, mein König! Jetzt warten wir hier noch ein Weilchen, und dann reiten wir weiter. In einer Stunde seid Ihr auf Eurem Schloß Höganhus.«
    Kaum hat Junker Nils das gesagt, da ertönt vom Walde her ein helles Wiehern, es ist das Pferd eines Söldners, das wiehert, und drinnen in der Höhle antwortet des Königs Rappe. So kann ein harmloses Tier, ohne es zu wollen, seinen Herrn verraten.
    Oh, furchtbares Geschick, jetzt nähern sich hastig Stimmen aus dem Wald. »Seht doch, diese Höhle, wir haben ein Pferd gehört! Hier steckt der, den wir suchen. Kommt, schnappen wir uns den kleinen König!«
    Da wird König Magnus so weiß wie ein Laken, oh, wie er um sein junges Leben bangt!
    »Genug jetzt, Junker Nils, es lohnt nicht die Mühe, alles ist aus, meine Zeit ist um. Dort draußen erwartet mich mein Schicksal.«
    Junker Nils fällt vor seinem König auf die Knie, unter Tränen küßt er ihm inbrünstig die Hand.
    »Dein Schicksal, König Magnus, ist es, ein Reich zu regieren, und meines, des Königs Leben zu retten.«
    Aber König Magnus schüttelt traurig den Kopf.
    »Ach, Junker Nils, du hast so tapfer gekämpft, aber alles ist vergebens, jetzt muß ich sterben. Lebe wohl, du mein treuester Freund hier auf Erden.«
    Wieder küßt Junker Nils die königliche Hand.
    »Euch allein gehört mein Leben, ich gebe es mit Freuden für meinen König hin, so wahr mir Gott helfe! Lebt wohl, König Magnus, wir sehen uns nie wieder. Gedenkt meiner zuweilen, wenn Ihr Euer Reich regiert.«
    Einen Beutel voll Gold hat der Herzog dem versprochen, der seinen Vetter in den Kerker zurückbringt. Deshalb jubeln fünf seiner Bogenschützen jetzt vor der Höhle, deshalb funkeln ihre Augen jetzt vor grausamer Gier. »Ja, gewiß ist der kleine König hier drinnen, und jetzt holen wir ihn raus!«
    Doch seht, da kommt er ja freiwillig aus der Höhle und führt sein wieherndes Pferd am Zügel. Ja, bei allen Heiligen, da steht er so jung und schön, und seine Haare leuchten in der Sonne wie ein Goldhelm. Sein roter Samtrock ist zwar zerschlissen, aber man sieht doch, daß es die Tracht eines Königs ist. So jubelt doch, ihr Bogenschützen, hier habt ihr ja euren Gefangenen, ergreift ihn doch und steht nicht nur da und starrt beschämt zu Boden.
    Ach, es ist nicht leicht, Hand an einen König zu legen, und dieser sieht so fein und königlich aus. Aber er reicht willig seine Hände hin. »Bindet mich und führt mich zum Schloß Wildgiebel.

    Ich glaube, Unseren Vetter verlangt es danach, Uns zu sehen.«
    So mag es also geschehen. Gereicht diese Tat dem Reich zu Schande und Schaden, so mag der Herzog die Schande tragen!
    Schickt ihm eine Botschaft, daß sein Vetter ergriffen ist und daß der Scharfrichter sich mit seinem Schwert bereithalten möge!
    Zwei Stunden zu lange hat das Schwert schon warten müssen, während der König floh. Doch seht, hier reitet er gefesselt zurück.
    Er sitzt so rank und schlank im Sattel, sein Blick ist ruhig, seine Stirn glatt... und es ist so schön im Wald. Er hört die Vögel singen und die Hummeln brummen, ach, nie wieder wird er das hören!
    Er sieht den Tau glitzern auf Blumen und Gras, er sieht die kleinen Wellen im Sund blinken, ach, nie wieder wird er das sehen! Denn jetzt geht die Zugbrücke hinab mit Knirschen und Knacken, und das schwere Eichentor öffnet sich. Jetzt reitet er hinein in Schloß Wildgiebel.
    Aber wo verbirgt sich der Herzog, warum empfängt er seinen geliebten Vetter nicht? Ach, der Herzog liegt krank hinter den dicken Vorhängen des Bettes, er hat einen seiner Anfälle, die er immer dann bekommt, wenn die Wut ihm zuviel krankes Blut in den Kopf preßt. Doch mit Freuden hörte er die Botschaft, daß der König ergriffen ist, mit Freuden hat er dem Scharfrichter Befehl gegeben, sich bereitzuhalten und dem Rat des Reiches, sich auf dem Hof zu versammeln. Jetzt grämt es ihn nur sehr, daß er selber zu dieser Stunde, da er mit Blut seinen Namen in das Buch der Geschichte schreiben will, schwach und elend daniederliegt.
    Ach, diese Stunde, nach der er sich so gesehnt hat, sie läßt noch auf sich warten, denn der Gefangene hat das Recht auf einen Priester, der seine letzten Worte und sein Bekenntnis entgegen-nimmt. Es müssen viele und schwere Sünden sein, die er begangen hat, es dauert so lange, der Sand im Stundenglas rinnt so langsam, unten auf dem Hof ist alles still. Oh, wie der Herzog während dieser Stunden des Wartens leidet, doch so geht es dem, der Böses

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