Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Titel: Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: JazzyBee Verlag Jürgen Beck
Vom Netzwerk:
bemerkte wohl die Alte, und beschloß daher, das Mädchen zuerst zu essen.

     
    Es waren wohl vier Wochen so hingegangen, da sagte sie eines Morgens: »Mach hurtig, Mädchen, und thue deine Arbeit; heute soll dein Bruder daran, wenn er auch noch magerer wäre; ich will nun nicht länger warten; in ein Paar Wochen schlacht' ich dich auch. Jetzt werde ich den Teig zurecht machen, damit wir Brot haben.«

     
    Ilse wollte vor Angst vergehen, sie ließ sich aber nichts merken, und holte Wasser zum Sieden; die Alte aber heizte den Backofen. Da seufzte das Mädchen zu dem lieben Gott, und bat ihn, daß er sie mit dem Bruder nicht umkommen lassen möchte.

     
    Jetzt rief die Alte: »Komm her, Mädchen, und sieh, ob das Brot recht braun ist, meine alten Augen können es nicht mehr erkennen. Setz dich hier auf das Brett, das will ich in die Höhe heben, und dann kannst du in den Ofen hineingehen, und zusehen, ob das Brot gar ist.«

     
    Das Mädchen merkte wohl, was die Alte mit ihr vorhatte, und suchte ihrem boshaften Vorhaben sich zu entziehen. Gar gern, sagte sie, wolle sie sich auf das Brett stellen, und in den Ofen kriechen, und nach dem Brote sehen, aber sie habe dergleichen noch niemals gemacht, und wisse also nicht, wie sie das anfangen solle; die Alte möchte es ihr nur vormachen. Das that diese denn auch, und setzte sich auf das Brett.

     
    Ilse war stark, denn sie hatte viel arbeiten müssen, aber die Alte war dürr und leicht. Ilse schob sie nun tief in den Ofen hinein, und als sie zurück wollte, stieß sie dieselbe mit dem Brette wieder hinein, und schlug die Ofenthür zu, daß sie nicht heraus konnte, und drinnen verbrannte.

     
    Nun suchte Ilse die Schüssel zum Gitterkäfig, und als sie diese gefunden hatte, ließ sie den Bruder heraus. Da waren die Kinder recht froh, und dankten dem lieben Gott für ihre Rettung, und aßen sich seit langer Zeit wieder zum ersten Mal mit Freuden satt, und nahmen auch noch Speise auf den Weg mit.

     
    Hierauf suchten sie im Häuschen Alles durch, und fanden viel Perlen und Edelgestein, davon nahmen sie auch mit für die Aeltern. Dann machten sie sich auf den Weg, und kamen bald an bekannte Stellen, und als es Abend ward, waren sie wieder zu Hause.

     
    Wie freuten sich da die Aeltern, als sie ihre beiden Kinder wieder sahen! Sie hatten sie acht Tage hinter einander gesucht, und als sie dieselben nicht fanden, waren sie sehr bekümmert in ihrem Herzen. Nun waren sie wieder da, und hatten so viel mitgebracht, daß sie nicht mehr Noth zu leiden brauchten, sondern sich sogar einen Edelhof hätten kaufen können, wenn sie sonst gewollt hätten.

     

     
9. Von dem Maßholderbaum.

     

     
    Es war einmal ein Mann, der war sehr reich, und hatte eine fromme Frau. Beide lebten sehr vergnügt in ihrer Ehe, und ihnen fehlte weiter nichts in der Welt, als daß ihnen Gott Kinder geschenkt hätte; da sie aber keine hatten, so betete die Frau Tag und Nacht, daß ihnen Gott dies Glück bescheeren möchte.

     
    Endlich einmal, als gerade Winter war, und Schnee draußen lag, ging die Frau über den Hof vor ihrem Hause, wo ein Maßholderbaum stand, und schälte sich einen Apfel, und weil das Messer scharf war, so schnitt sie sich in die Finger, daß das rothe Blut auf den Schnee unter dem Maßholderbaum tropfte. Als das die Frau sah, so seufzte sie hoch auf, und sprach in ihrem Herzen: »Ach, wenn ich doch ein Kind hätte, so roth wie dies Blut, und so weiß, als der Schnee!« – Und als sie das sagte, so wurde ihr recht fröhlich zu Muthe, und es war ihr, als wenn es so geschehen müßte.

     
    Hierauf kehrte sie in das Haus zurück. Der Winter ging hin, und der Frühling kam her; da blühete der Maßholderbaum, und setzte Frucht an.

     
    Nun wurden die Tage länger, denn es war Sommer, und die Früchte an dem Maßholderbaum wuchsen und reiften; und als der Herbst kam, da aß die Frau von der Frucht des Baumes so hastig, daß ihr weh um das Herz wurde, und bald darauf gebar sie einen Sohn, der war so weiß, wie Schnee, und roth wie Blut. Darüber freuete sie sich dermaßen, daß sie starb.

     
    Da weinte ihr Mann, und konnte sich gar nicht trösten. Er begrub seine Frau unter dem Maßholderbaum, und besuchte alle Morgen und Abend ihr Grab. Aber am Ende tröstete er sich doch, und nahm sich eine andere Frau.

     
    Als er mit ihr ein Jahr zusammen gelebt hatte, so bekam sie eine Tochter, die nannte sie Marlenchen, und gewann sie über die Maßen lieb: denn sie war ihre rechte

Weitere Kostenlose Bücher