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Märchensommer (German Edition)

Märchensommer (German Edition)

Titel: Märchensommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Katmore
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Griff zu bekommen.“ Er nahm meine Hand und zog mich sanft vorwärts. „Komm schon. Marie hat dir das schönste Zimmer im ganzen Haus mit diesem tollen Balkon überlassen, und du weißt es nicht einmal zu schätzen.“
    „Ich … das stimmt doch gar nicht!“, protestierte ich und stemmte mich gegen sein Ziehen. „Ich liebe dieses Zimmer.“ Da zog Julian etwas fester und ich stolperte einen kleinen Schritt nach vorn. Und noch einen. „Halt, warte! Ich kann da nicht rausgehen.“
    „Natürlich kannst du. Nimm einfach meine Hand und hör auf das, was ich dir sage. Ich halte dich fest.“
    Ich wusste nicht, was von beidem mich am Ende überzeugte, ihm zu vertrauen: seine sanfte Stimme oder seine warmen blauen Augen. Doch bevor ich noch weiter protestieren konnte, stand ich bereits mit einem Bein draußen auf den dunklen Balkonlatten. Das Holz fühlte sich warm unter meiner bloßen Sohle an, doch es knarrte unheimlich, als ich vorsichtig mein Gewicht verlagerte. Meine Knie zitterten wie der Schwanz einer Klapperschlange. Bitte nicht brechen. Bitte nicht brechen. Langsam zog ich auch meinen linken Fuß nach.
    Julian lächelte mir zu. „Du machst das großartig!“ Er schlang seine Finger durch meine und drückte dann fester zu, was mir zusätzlich Vertrauen gab. „Jetzt dreh dich um. Du musst nicht gleich beim ersten Versuch über das Geländer schauen.“
    „Was?“ Umdrehen? Ich verzog das Gesicht zu einer ängstlichen Grimasse. Was verlangte er denn noch alles von mir?
    Er ließ mir keine Zeit zum Nachdenken. Mit einem sanften Schubs drehte er mich so herum, dass ich auf die Hausmauer starrte.
    „Was machst du denn da?“, quietschte ich panisch.
    „Ich werde dich führen. Vertrau mir.“ Julian knipste das schwache Balkonlicht an, nahm dann auch meine andere Hand und zog mich sachte von der Mauer weg. „Ich lass dich nicht fallen. Ich versprech’s.“ Seine weiche Stimme in meinem Ohr versicherte mir, er würde sein Versprechen halten.
    Einen zaghaften Schritt nach dem anderen machte ich rückwärts und verließ mich dabei ganz auf Julian. Als letztendlich doch die Hysterie einsetzte und mir schwindlig wurde, schloss ich meine Augen und folgte ihm blind.
    „Atme, Jona.“
    Einatmen. Ausatmen. Einatmen …
    „Wir sind fast da.“
    „ Wo da? An der Pforte zur Hölle?!“
    Nach einem weiteren Schritt blieb Julian hinter mir stehen und schlang seine Arme um meine Taille. Er lehnte am Geländer, die Beine weit auseinander gestellt, und zog mich fest an seine Brust. „Du hast es geschafft. Sieh nur, was für einen tollen ersten Schritt du gemacht hast.“
    Na hoffentlich war es nicht mein letzter. Ich öffnete langsam die Augen und betrachtete fassungslos die Fassade im fahlen Veranda-Licht aus gut drei Metern Entfernung. Ich war tatsächlich hier draußen.
    Oh Gott , alles, was ich jetzt wollte, war, wieder reinzulaufen und mich in der hintersten Ecke zu verkriechen. Doch Julians Umarmung fühlte sich solide und sicher an. Er würde auf mich aufpassen.
    „Und jetzt … Augen nach oben.“ Mit meiner Hand immer noch in seiner hob er seinen Arm und zeigte auf das kleine Knäuel aus Zweigen und Grashalmen unter dem Dachvorsprung. Drei kleine Murmelköpfe waren darin zu sehen. Die Mutter stand beschützend über ihrem Nachwuchs.
    Es war wunderschön. Nicht nur der Anblick des Nestes über meinem Zimmer, sondern auch mit anzusehen, wie sehr sich eine Mutter um ihre Kinder kümmern konnte. „Ich hab mir immer jemanden gewünscht, der so liebevoll auf mich herunterschaut“, murmelte ich, ohne richtig nachzudenken.
    „So , wie die Vogelmutter?“ Ich spürte formlich, wie Julian mich von der Seite aus ansah. „Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, aber es gibt da jemanden, der sich genauso um dich sorgt und sich gerne um dich kümmern möchte.“
    Ich gab einen grunzenden Laut von mir und verdrehte die Augen. „Lass mich raten. Der Drache, hab ich recht?“
    „Ich spreche nicht von deiner Mutter.“
    Ich runzelte die Stirn und neigte meinen Kopf zur Seite, sodass ich ihm aus nur ein paar Zentimetern Entfernung in die Augen sah. „Von wem dann?“
    „Marie. Sie versucht schon die ganze Zeit, dich in ihre Arme zu schließen.“ Julian begann plötzlich mit seinem Daumen kleine Kreise auf meinem Handrücken zu zeichnen. Kleine Gänsehautschauer zuckten über meine Haut. „Sie bettelt förmlich um deine Erlaubnis.“
    „Erlaubnis wofür?“
    „Dich lieben zu dürfen.“
    Die Wahrheit schnitt mir

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