Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mafiatod

Mafiatod

Titel: Mafiatod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald E. Westlake
Vom Netzwerk:
man einen Mann nicht mit gerechten Mitteln kriegen kann, kann man ihn eben nicht kriegen. Verstehst du, was ich meine? Wer in der Welt hat ein Steuerformular jemals ehrlich ausgefüllt? Das heißt, bis dahin.« Er schüttelte den Kopf. »Man kann die Brüder nicht respektieren, sie halten sich nicht an die Spielregeln. Jedenfalls war der springende Punkt, dass wir alle organisiert waren und dreizehn fette Jahre erlebten; und dann kam die Aufhebung der Prohibition, und die Zeiten wurden mager, weil wir uns umstellen mussten. Wie bei der March-of-Dimes-Organisation; als es gegen Kinderlähmung eine Impfung gab, mussten sie ganz schnell eine andere Krankheit finden, um die sie sich kümmern konnten. Genauso erging es uns. Der Alkoholhandel war wieder legal, sodass er keinen Gewinn mehr abwarf. Dadurch wurden wir auseinandergesprengt; die einen verlegten sich auf Rauschgift, die anderen wurden Spieler oder Zuhälter. Das Wettgeschäft ist am sichersten. Die beiden anderen, die Rauschgifthändler und Zuhälter, haben mit Menschen zu tun, die allein durch die Natur ihres Gewerbes unzuverlässig sind. Verstehst du, was ich meine?«
    Ich nickte. Er machte eine Pause und trank.
    »Natürlich gibt es auch noch die Gewerkschaften«, fuhr er dann fort. »Auf diesem Gebiet war Lepke führend, von Streikbrechern bis zu gelben Gewerkschaften. Aber er wurde 1944 von Dewey geschnappt. Vier Jahre nach meiner Festnahme. Offen gestanden, ich gehörte zu den Leuten, die von jeher fanden, dass Lepke übertrieb. Er gab Anastasia mehr Arbeit, als du dir vorstellen kannst. Listen, auf denen jeweils fünfzehn bis zwanzig Leute standen. Nach einer Weile tat er nichts anderes mehr, als für Anastasias Gruppe Listen aufzustellen, auf denen die Leute verzeichnet waren, die umgelegt werden sollten. Die Gewerkschaften sind also wieder etwas anderes. Komisch, dass das einzige Gebiet mit legaler Basis – im Grunde haben die Gewerkschaften nämlich nichts Illegales, im Gegensatz zu Glücksspiel, Rauschgifthandel und Zuhältertum – die schlimmsten Möglichkeiten für Mord und Totschlag bietet. Verstehst du, was ich meine? Das einzige Gebiet, auf dem ein unschuldiger Bürger, der mit nichts Bösem zu tun hat, zusammengeschlagen oder erschossen werden kann, nur weil er an einem bestimmten Ort arbeitet.«
    »Was hat das alles mit mir zu tun?«
    Er lachte kopfschüttelnd. »Verdammt und zugenäht, dieser House of Lords steigt mir in den Kopf. Ich spüre es deutlich. Weißt du, ich wollte dir die Hintergründe schildern. Mit der Aufhebung der Prohibition 1933 ging alles kaputt. Jeder suchte einen neuen Lebensunterhalt und kämpfte um Boden. Und Dewey kam und erschwerte alles. Und dann die Bundesregierung mit dieser faulen Steuerhinterziehungssache. Viele von uns wurden ausgebootet. Sie starben, zogen sich ins Privatleben zurück oder wanderten ins Gefängnis. Und neue Leute kamen, achtbare Geschäftsleute. Die wollten von Blutbädern nichts mehr wissen. Sie wollten einen ruhigen, sauberen Gang der Geschäfte. Zahl für Protektion, kümmere dich um den eigenen Kram, und fertig. Ich las während der Vierzigerjahre in der Zeitung, wie sich alles beruhigte. Ich las auch von der Zusammenkunft in Appalachin, die vor ein paar Jahren stattfand. Alle waren überrascht, wie ich sah. Als ob niemand gewusst hätte, dass es noch Gangster gab. Jetzt nannte man sich Syndikat, und die Leute hielten es für ein Märchen. Da war ein Mann, der eine Fabrik für alkoholfreie Getränke hatte, und in seinem Haus versammelten sich fünfundsechzig Leute, und alle waren überrascht.«
    »Appalachin liegt ganz in der Nähe von Binghamton«, sagte ich. »Ich war damals achtzehn. Einige fuhren im Auto eines Freundes hin, um sich Barbaras Haus anzusehen, wo das Treffen stattfand.«
    Darüber musste er wieder lachen. »Siehst du wohl? Wie Touristen, die Sehenswürdigkeiten betrachten. Die Leute glauben es nicht mehr. In den Dreißigerjahren hätte man sich von einem solchen Ort meilenweit ferngehalten, denn man wusste ja nie, wann die Schießerei anfangen würde. Jetzt ist alles so ruhig und gesittet, dass sich eine Schar junger Leute in ein Auto setzt und sich das Haus ansieht.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann’s nicht fassen. Wenn es sich früher herumsprach, dass, sagen wir, die Genna-Jungs in der Stadt wären, stürzten alle unschuldigen Bürger nach Hause, verriegelten die Tür und krochen unters Bett. So war es auch, als es Anastasia 1957 erwischte. Niemand wollte es

Weitere Kostenlose Bücher