Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht
ich wirklich benötigt würde, denn die Maschinen verrichten alle Arbeit, aber es erscheint mir persönlicher, selbst für meine alten Kameraden in ihren Waffen zu sorgen. Ich prüfe das Vakuum der Baracken und Ordonnanzgebäude und sorge dafür, daß die Schlafkammern meiner früheren Gefährten abgestaubt und sauber sind, als wenn sie aus ihren Kammern aus Plastik und Stahl herausblicken könnten.
Und manchmal bleibe ich stehen, um in die Kammer zu schauen, die die folgende Aufschrift hat: Sergeant Kenneth Oskowski, Gruppenführer, 2. Zug, Able Kompanie, 3. Bataillon, 45. Kampfregiment.
Sie ist eine Tiefschlafkammer wie alle anderen, aber sie ist leer.
Zeitkorrektur
Charles V. De Vet
Prolog
Fast sechsunddreißig Stunden lang warteten die Kolonisten mit stoischer Geduld vor dem gigantischen Raumschiff, während ihre Führer mit den Eingeborenen des Planeten Udine verhandelten.
Virgil Simmons war vierzehn Jahre alt. Das ist kein angenehmes Alter – zu jung, um von den Älteren akzeptiert zu werden, und zu alt, um mit den Jüngeren im grünen Schnee herumzutollen.
Am Nachmittag des zweiten Tages kehrten die drei Unterhändler der Kolonisten zum Schiff zurück. Ihre Gesichter waren ernst. Aber als dann einer von ihnen ausrief: »Sie sind einverstanden! Wir bleiben!« breitete sich ein glückliches Lächeln darüber aus.
Die Kolonisten schrien durcheinander und jubelten. Virgil Simmons vergaß seine schwer errungene Würde und beteiligte sich an einer grünen Schneeballschlacht.
Sie hatten eine neue Heimat gefunden!
Dreizehn Jahre später wirbelte der grüne Schnee wieder um Simmons. Der Schnee von Udine. Ein wohlriechender, nach Harz duftender Schnee. Auf Udine hatte alles einen grünlichen Schimmer. Der Planet befand sich im Sternbild des Krebses und umkreiste die grüne Sonne Zubenes-Chamali. Er war der einzige grüne Stern, der von der Erde aus zu sehen war.
Simmons war hinauf in die Hügel gekommen, um nach Schneehennen zu suchen, aber jetzt hatte er das Gewehr in seinen Händen völlig vergessen. Auf dem Skipfad vor ihm, aus der verlassenen Winterlandschaft, war ein Eingeborener aufgetaucht.
Ein derartiger Vorfall war selten, und Simmons Neugierde war sofort erwacht. Während all der Jahre, in denen die Kolonie nun bestand, hatten die Eingeborenen – Jaates nannten sie sich – nur selten Kontakt mit ihnen aufgenommen. Es bestand zwar keine Feindseligkeit zwischen den beiden Rassen, aber die humanoiden Urbewohner hatten sich stets reserviert und fast gleichgültig gezeigt. Es war ein seltsames Volk, und die Kolonisten wußten sehr wenig über sie.
Auf Füßen, die groß und ungeschickt wirkten, mit ihren großen Sohlen aber gerade das Richtige für den pulvrigen Schnee waren, glitt der Fremde auf Simmons zu. Seine Knochen waren wahrscheinlich leichter als die der Erdmenschen. Er hielt ein paar Meter vor Simmons an. Sein eckiger, hochgewachsener Körper steckte in der Haut eines hier heimischen Tieres, das sie wegen seiner Milch, des Fleisches und der Kleidung zähmten. Von der Schulter des Fremden baumelte eine Tasche aus Tierhaut.
»Ihr müßt jetzt weggehen.« Der Jaate sprach mit heiserer, schroffer Stimme, ohne die Lippen merklich zu bewegen. Seine Kenntnis der Erdsprache war überraschend gut, obgleich die Vokallaute etwas seltsam klangen.
»Wie bitte?« Simmons forschte in den Zügen des Jaates nach den Gefühlen, die hinter diesem Befehl stecken mochten.
Alles an dem Eingeborenen war übergroß. Sein Kopf war mächtig und uneben, die lidlosen Augen steckten tief im Schädel, lange knorpelige Ohren bedeckten die Seiten des Kopfes. Das Blut, das nahe an die Oberfläche trat, ließ die an sich helle Haut dunkel erscheinen.
Trotzdem wirkte nichts an ihm lächerlich. Würde und Charakter waren zu erkennen – und noch etwas Tieferes: eine Art unauffällige Sicherheit, die den Eindruck großer Kraft vermittelte. Nichts sprach für eine Gefühlsbewegung.
»Wenn die sonnigen Jahre wolkig werden, muß die Geduld ein Ende haben.« Die Jaates liebten es, im übertragenen Sinn zu sprechen. Ihre Legende von den ›sonnigen Jahren‹ war eines der Geheimnisse, die den Kolonisten Kopfzerbrechen bereiteten. Anscheinend glaubten sie daran, daß sie in der Lage wären, den Prozeß des Alters aufhalten zu können, wenn sie eine Zeit, die jedem von ihnen am passendsten schien, erreicht hatten. Und da sie nur in lockerem Verkehr mit den Menschen standen, hatte noch niemand das Gegenteil
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