Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht
Hunderttausende von Prüfstrahlen untersuchten einen bis zum letzten Atom. Sie sandten eine genaue, bis ins einzelne reichende Beschreibung der Person, die sich selbst bis zu den winzigsten Schmutzstäubchen in den Taschenwinkeln erstreckte, auf einer Trägerwelle an den gewählten Bestimmungsort. Dort wurde man von einem Empfänger dupliziert. Eigentlich bewegte man sich nicht einen Zentimeter von der Stelle; die Anlage auf der Erde löste einen zu Wasser und Staub auf und fegte den Abfall fort, aber nicht, bevor man sein Reiseziel erreicht hatte und dort funktionsfähig war. Man selbst oder jedenfalls jemand, der einem in allen Punkten glich.
Die Konstrukteure waren sehr darauf bedacht gewesen, sich zu vergewissern, daß die Leute auch wirklich in einem Stück und an ein und demselben Ort ankamen und daß im Transmissionszentrum nichts zurückblieb, außer unnütze zerrüttete Atome. Andernfalls würden gewisse gerissene Typen sehr schnell reich werden, indem sie nämlich Geld, Juwelen und andere Wertgegenstände verdoppelten; andere wieder könnten vielleicht sogar dank ihrer schnellen Auffassungsgabe die möglichen Vorteile, an zwei verschiedenen Orten auf einmal zu sein, erkennen.
Daher unterlagen alle Transmissionszentren der strikten Regierungskontrolle, um solche Dinge zu verhindern. Man mußte schon ein Genie sein, um die Maschinen zu überlisten, und Genies gab man niemals eine Gelegenheit dazu. Obgleich das natürlich nicht publiziert wurde, gehörten Angestellte des Transmissionszentrums nicht zu den intelligentesten. Niemand mit einer Intelligenzquote über 120 durfte sich in der Nähe der Maschinen aufhalten – ausgenommen die Instandhaltungsingenieure, die schon vor ihrer Ausbildung darüber aufgeklärt wurden, daß sie für den Rest ihres Lebens unter strengster Aufsicht stehen würden.
Jede Schutzmaßnahme gegen möglichen Mißbrauch ist eine Herausforderung. Willie Ross hatte diese Herausforderung angenommen. Als er sich für die Arbeit beim TZ prüfen ließ (geringe Arbeitszeit und gute Bezahlung), hatte er genau das Gegenteil von dem getan, was naivere Kandidaten taten. Er bemühte sich um eine niedrige Intelligenzquote – und er erhielt sie auch. Auf diese Art schaffte er es gerade. Seine offizielle IQ lag bei 119, und er wußte, daß er bei der nächsten Prüfung, die bald wieder fällig war, nie auf die gleiche Zahl kommen würde. Das nächstemal würde sie 108 oder 130 sein und jedes der beiden Ergebnisse würde den Verdacht der Psychologen wecken.
Zwei Minuten, nachdem er auf Luna angekommen war, das waren 45 Minuten nach seinem Eintritt in die Kammer des Transmissionszentrums in New York, traf sich Ross mit Georgette in der Mondbar. Schon nach weiteren fünfzehn Minuten waren sie beide dabei, sich fröhlich zu betrinken.
»Du kommst sehr spät, Liebling«, schmollte Georgette. »Du hast mir doch versprochen, genau um Viertel nach acht hier zu sein.«
»Tut mir leid, Baby«, sagte Ross. Er war mit Absicht zu spät gekommen – er wollte ganz sicher sein, daß Georgette vor ihm da war und sich folglich an die genaue Zeit seiner Ankunft gut erinnerte.
»Ich war schon um Viertel nach acht hier, Liebling.«
»Braves Mädchen.«
Es fiel ihr schon jetzt schwer, ihre Augen gerade auf ihn zu richten. »Hast du in der Lotterie gewonnen oder so was, Liebling? Du scheinst so guter Laune zu sein.«
»So könnte man es nennen, Baby. Ich erwarte etwas Geld. Eine Menge Geld sogar.«
Georgette musterte ihn so lange mit erstaunten Augen, daß sie darüber ganz vergaß, wovon sie eigentlich gesprochen hatten. Offensichtlich hatte sie ihm die Wahrheit gesagt, als sie behauptete, um Viertel nach acht gekommen zu sein, dachte Ross. Aber genauso offensichtlich war, daß sie mit dem Trinken nicht auf ihn gewartet hatte.
Sie war eine große Brünette von achtzehn Sommern, aber wohl schon mehr Wintern. Ihre aufreizende Figur steckte in einem silbrigen Gewand, das nur ein kleines Stückchen unterhalb ihres gebräunten Bauchnabels wirklich völlig geschlossen war.
Ross hatte einmal daran gedacht, sie zu heiraten, aber jetzt war er von dieser Idee nicht mehr so überzeugt. Hübsche Mädchen waren für ihn keine Rarität, und nachdem Jill Jirell (jetzt Jill Medner) nichts mehr von ihm wissen wollte, sah er keinen überzeugenden Grund dafür, warum er Georgette nehmen sollte, die schließlich nur eine trübe Nachahmung Jills war.
Außerdem heiratete man nach Ross' Ansicht nur, wenn man auf keinem anderen
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