Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.

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weit fortgeschritten. Der Mörder, den sie mit sich herumschleppte, hatte sich schon losgemacht und schwärmte durch ihren ganzen Körper – für sie gab es einfach keine Hoffnung mehr.
    Trotzdem konnte er sich nicht überwinden, es mit ihr zu probieren, denn sie war Janets engste Freundin, und sie war alt und arm, und alles in ihm widersetzte sich dem Gedanken, sie als Versuchskaninchen zu benutzen.
    Wenn es doch wenigstens der alte Con Gilbert wäre – dem alten Con könnte er das ruhig antun. Es würde dem alten Knicker gerade recht geschehen. Aber der alte Con war zu niederträchtig, um wirklich krank zu sein; trotz all seiner Klagen war er gesund wie ein junger Hund.
    Ganz gleich, was der Fremde über das Fehlen von Nebenerscheinungen gesagt hatte, dachte er, man konnte doch nicht sicher sein. Er hatte beteuert, sie hätten den Metabolismus der menschlichen Rasse studiert, und trotzdem konnte er nicht daran glauben. Es schien unmöglich.
    Die Antwort, das wußte er genau, konnte er jederzeit haben, wenn er nur wollte. Im Unterbewußtsein hatte sie sich schon festgehakt, er brauchte sie nur hervorzuholen, aber bis jetzt weigerte er sich noch.
    Aber nachdem er über eine Stunde unruhig auf und ab gewandert war und sich den Kopf zerbrochen hatte, gab er den Widerstand auf.
    Er war völlig ruhig, als er seinen Ärmel hochkrempelte und die Schachtel öffnete. Und als er die Kapsel heraushob, war er nichts weiter als ein kühl denkender Arzt. Dann drückte er die Kapsel auf seinen Arm.
    Aber als er den Hemdsärmel dann wieder herunterrollte, damit Janet die Kapsel nicht sehen konnte, zitterte ihm die Hand doch ziemlich heftig. Er wollte nicht, daß sie ihm alle möglichen Fragen stellte.

    Morgen würden sich in der ganzen Welt die Leute vor den Türen der Krankenhäuser drängen – mit hochgerollten Ärmeln und innerlich bereit. Die Schlangen würden sich wahrscheinlich mit ruhiger Gleichmäßigkeit voranbewegen, denn es gab ja nicht viel zu tun. Jede Person würde sich vor dem Arzt aufstellen, und der würde ihr eine Kapsel auf den Arm drücken, Männern wie Frauen, und dann würde die nächste Person aufrücken.
    In der ganzen Welt, dachte der alte Arzt, in jedem Winkel in jedem kleinen Dorf; niemand würde ausgelassen werden. Auch die Ärmsten nicht, dachte er, denn es würde nichts kosten.
    Und man würde den Finger auf ein bestimmtes Datum setzen und sagen können: »Das war der Tag in der Geschichte, an dem alle Krankheiten und Leiden ein Ende hatten.«
    Denn die Kapseln würden nicht nur die gegenwärtigen Gebrechen beheben, sondern würden auch gegen die zukünftigen schützen.
    Und alle zwanzig Jahre würden die großen Schiffe aus dem All wiederkommen und weitere Ladungen voll Kapseln bringen, und dann würde wieder ein Impftag stattfinden. Aber nicht mehr für so viele – nur für die jungen Menschen. Denn wer einmal geimpft war, der hatte für sein Leben lang genug. Einmal geimpft, das genügte.
    Der alte Arzt tippte mit den Fußspitzen auf den Boden der Veranda, um den Schaukelstuhl in Bewegung zu setzen. Es war angenehm hier und friedlich, dachte er. Und morgen würde es in der ganzen Welt friedlich sein. Ab morgen würde die Furcht aus dem menschlichen Leben verschwunden sein. Nach morgen würde die Menschheit, bis auf ein paar Unfälle und Gewaltakte, zufrieden in eine ruhige und normale Zukunft blicken. Und, was noch genauer zutraf, auf ein völlig gesundes Leben.
    Die Nacht war ruhig, denn die Kinder waren schon in die Häuser gegangen, hatten ihre Spiele beendet. Und er war müde. Endlich, so dachte er, konnte er zugeben, daß er müde war. Jetzt endlich, nach so vielen Jahren, war es kein Verrat mehr, wenn er müde war.
    Aus dem Haus hörte er das harte Rasseln des Telephons, der Ton unterbrach das gleichmäßige Schaukeln des Stuhls, er rückte auf die Kante vor.
    Janets Schuhe tappten über den Fußboden, als sie zum Telefon eilte, und er erschauderte vor der Sanftheit ihrer Stimme, als sie den Hörer abhob und antwortete.
    In wenigen Augenblicken würde sie ihn rufen, und er würde aufstehen und hineingehen.
    Aber sie rief ihn nicht. Ihre Stimme sprach weiter.
    Er ließ sich wieder in den Stuhl zurückgleiten.
    Er hatte es wieder einmal vergessen.
    Das Telefon war nun kein Feind mehr. Es jagte ihn nicht mehr hinaus in die Nacht.
    Denn Millville war als erstes drangekommen. Hier war die Furcht schon verflogen. Millville war das Versuchsprojekt gewesen.
    Martha Anderson war als erste