Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magazine of Fantasy and Science Fiction 08 - Irrtum der Maschinen

Magazine of Fantasy and Science Fiction 08 - Irrtum der Maschinen

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 08 - Irrtum der Maschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
Vom Netzwerk:
eine Indiskretion, und durch eine Reihe von Eskapaden, von denen über die Hälfte völlig harmlos waren, hatte sie den Ruf gewonnen, eine Persönlichkeit zu sein. Sie hatte mehr als einen Ehemann besessen, aber da sie niemals ihren Liebhaber wechselte, hatte man es lange aufgegeben, sich Skandalgeschichten über sie zu erzählen. Sie war jetzt vierzig Jahre alt, kinderlos, und sie besaß jenen zügellosen Hang zum Vergnügen, der das Geheimnis der bleibenden Jugend ist.
    Plötzlich blickte sie sich suchend im Raum um und sagte mit ihrer klaren, melodischen Stimme: »Wo ist mein Chiromant?«
    »Ihr was, Gladys?« rief die Herzogin erstaunt.
    »Mein Chiromant, Hoheit. Ich kann zur Zeit einfach nicht ohne ihn leben.«
    »Meine liebe Gladys! Sie sind immer so originell«, murmelte die Herzogin und versuchte krampfhaft, sich daran zu erinnern, was ein Chiromant eigentlich war. Sie hoffte, daß es nicht das gleiche war wie ein Chiropraktiker.
    »Er besucht mich zweimal in der Woche, um meine Hand zu lesen«, fuhr Lady Windermere fort. »Er ist außerordentlich interessant.«
    »Ach du liebe Güte!« murmelte die Herzogin. »Es ist tatsächlich eine Art Chiropraktiker. Wie furchtbar! Ich hoffe nur, er ist Ausländer, das wäre nicht ganz so schlimm.«
    »Ich muß ihn Ihnen unbedingt vorstellen.«
    »Ihn vorstellen?« rief die Herzogin. »Ist er etwa hier?«
    »Natürlich ist er hier. Es würde mir nicht einmal im Traum einfallen, eine Party ohne ihn zu geben. Er sagt, daß ich eine sehr sensible Hand habe, und wenn mein Daumen nur ein ganz klein winziges Stück kürzer wäre, dann wäre ich ein geborener Pessimist und schon lange ins Kloster gegangen.«
    »Ach!« sagte die Herzogin und fühlte sich sehr erleichtert, »er ist also eine Art Wahrsager?«
    »Ja«, antwortete Lady Windermere. »Er sagt Glück und Unglück voraus. Im nächsten Jahr zum Beispiel werde ich mich zu Lande und zu Wasser in großer Gefahr befinden, deshalb werde ich in einem Fesselballon aufsteigen und die Nahrung jeden Abend in einem Korb heraufziehen. Das steht alles in meinem kleinen Finger geschrieben, oder vielleicht auch in meinem Handballen – das vergesse ich immer.«
    »Aber das heißt ja, mit der Vorsehung spielen, Gladys.«
    »Meine Liebe, sicher hat sich die Vorsehung bis zum heutigen Tag schon daran gewöhnt, daß man mit ihr spielt. Ich finde, jeder sollte wenigstens einmal im Monat seine Hand lesen lassen, damit er weiß, was er nicht tun darf. Natürlich tut man es trotzdem, aber es ist sehr angenehm, vorher davor gewarnt zu werden. Wenn jetzt aber nicht gleich jemand losgeht, um Mr. Podgers zu holen, dann werde ich es am Ende noch selbst tun müssen.«
    »Bitte, lassen Sie mich gehen, Lady Windermere«, bat ein großer, gutaussehender junger Mann, der der Unterhaltung mit einem amüsierten Lächeln gelauscht hatte.
    »Ich danke Ihnen, Lord Arthur. Aber ich fürchte, Sie würden ihn nicht erkennen.«
    »Wenn er so wunderbar ist, wie Sie ihn beschreiben, Lady Windermere, dann kann ich ihn gar nicht verfehlen. Sagen Sie mir, wie er aussieht, und ich werde ihn Ihnen auf der Stelle herbeischaffen.«
    »Nun, er ist nicht im geringsten so, wie man sich einen richtigen Chiromanten vorstellt. Ich meine, er sieht überhaupt nicht geheimnisvoll, esoterisch oder romantisch aus. Er ist ein kleiner, untersetzter Mann mit einer Glatze, und er hat eine Brille mit einem goldenen Gestell auf. Er sieht eigentlich wie eine Kreuzung zwischen einem Hausarzt und einem Dorfadvokaten aus. Es tut mir wirklich sehr leid, aber es ist nicht meine Schuld. Meine Pianisten sahen alle aus wie Dichter, und die Dichter wieder wie Pianisten; und ich erinnere mich noch gut an letztes Jahr, als ich einmal einen ganz verruchten Verschwörer zum Essen einlud, ein Mann, der eine Unmenge von Leuten umgebracht hatte und der stets ein Panzerhemd an hatte und einen Dolch mit sich trug; und wissen Sie, was passierte, als er hier eintraf? Er sah genauso aus wie ein netter alter Pastor und riß den ganzen Abend lang harmlose Witze. Natürlich war er sehr unterhaltend und so weiter, aber ich war schrecklich enttäuscht; und als ich ihn nach dem Panzerhemd fragte, lachte er nur und sagte, es wäre in England viel zu kalt für das Tragen von Panzerhemden. Ah, da ist ja Mr. Podgers! Bitte, Mr. Podgers, ich möchte gern, daß Sie der Herzogin von Paisley die Hand lesen. Meine Liebe, Sie müssen Ihren Handschuh ausziehen. Nein, nicht den von der Linken, den anderen.«
    »Meine liebe

Weitere Kostenlose Bücher