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Magazine of Fantasy and Science Fiction 09 - Die Kristallwelt

Magazine of Fantasy and Science Fiction 09 - Die Kristallwelt

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 09 - Die Kristallwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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Hündchen.
    »Weißt du, wenn dieser Raum mir ganz allein gehörte, würde ich dich einfach hierbehalten. Ich habe keine Freunde. Niemanden, mit dem ich mich unterhalten kann, und natürlich darf ich das Gebäude auch nicht verlassen. Ich bin erst achtzehn, und die Lotterie hat noch keinen Mann für mich gewählt, deshalb bin ich noch nie mit einem jungen Mann zusammen gewesen. Wie sehr ich mich nach diesem Tag sehne! Es muß jemand sein, der groß und stark ist wie ein Krieger, und stets braun gebrannt, als arbeite er auf den Feldern. Er wird wundervoll sein. Er wird die Arme um mich legen, und wir werden tanzen, leben!«
    Die Augen der Frau glitzerten, und sie blickte an dem Tier vorbei. Das Tier blickte ihr tief in die Augen, bemerkte die Schleier glücklicher Tränen, und auch seine Augen begannen feucht zu werden.
    Als es die Nahrung zu sich genommen hatte, traf das Tier eine weitere Entscheidung. Es berührte mit seiner von Fett glänzenden Hand den Ärmel ihres Kleides. Es war ein weißes Kleid mit puffigen Ärmeln, die sich aufblähten, wenn die Trägerin sich bewegte. Die Stelle, an der seine Hand das weiche Kleidungsstück berührt hatte, war hoffnungslos befleckt, aber die Frau lächelte. Sie beugte sich nieder und küßte es zart auf die Stirn.
    »Du bist süß«, sagte sie und ging mit dem Korb und dem weißen Tischtuch davon. An der Tür schaltete sie das Licht aus. Das Tier kroch zurück zu seinem Lager und schlief bald ein.
     
    *
     
    Die Familien der Barone waren gut genährt. Wenn man bei ihnen etwas zu essen anforderte, das selbst nicht nahrhaft war, so wurde diese Nahrung mit den notwendigen Vitaminen, Mineralien und Proteinen zubereitet. Auf diese Weise hatte das Tier sein erstes vollkommenes und ausgeglichenes Mahl zu sich genommen. Es war zum erstenmal in seinem kurzen Leben richtig genährt, um seine außerordentliche Wachstumsrate noch zu steigern. Über Nacht wurde das Tier erwachsen.
    Die Sonne stieg über die Steinmauern und warf ihr Licht über den Garten. Das Tier ruhte sich ein wenig in ihrer Wärme aus. Es streckte seine goldenen Glieder, und bei der ersten Anstrengung wurden die Muskeln fest. Mit seinem ersten Atemzug weitete sich seine Lunge, und die Brust dehnte sich aus. Als es aufstand, tat es dies mit unendlicher Leichtigkeit, und es stellte fest, daß es jetzt auch am Körper Haare bekam. Und auch in ihm änderten sich die Dinge.
    Die Kleidung, die die Frau ihm gegeben hatte, war zerrissen, durch sein Wachstum in der Nacht geborsten, und sie fiel von ihm ab. Das Tier war jetzt im Jünglingsalter – im letzten Stadium seiner Jugend.
    Die Sonne beschrieb ihre gewohnte Bahn, und als der Tag fortschritt, stellte sich das Tier neben der Tür auf. Als das Quarzglas vom Licht der untergehenden Sonne verfärbt wurde, öffnete sich die Tür. Die Frau war ganz in Gelb gekleidet, sie blickte das Tier an.
    Zwischen ihnen spielte sich nichts Wahrnehmbares ab. Das Tier stand still. Die Frau stand auch wie erstarrt. Sie suchte nach keiner Erklärung.
    »Du bist der gleiche«, sagte sie. »Du bist der gleiche kleine Junge, das erkenne ich genau. Aber du bist doch anders, nicht mehr so wie gestern, denn jetzt bist du ein Mann.«
    Das Tier blickte sie an. Es war jetzt stark und andersartig.
     
    *
     
    Als die Sonne unterging und die Sterne schwach von dem blauen Himmel herabstrahlten, blühten die Juno-Lilien auf. Sie hoben ihre weißen Blütenköpfe bis dicht über das Wasser und strebten auf die Stelle zu, die der Mond mit seinen Strahlen erreichen würde. Das Tier griff nach ihnen und zog daran, bis ein Stengel abbrach. Tropfen des Wassers rannen daran entlang. Es reichte die Blume der Frau, und sie zog ihren Duft ein.
    Sie seufzte sehnsuchtsvoll. Das Tier küßte sie.
    Sie summte leise vor sich hin und lehnte sich zurück in das Gras.
    Noch bevor der Morgen anbrach, verließ sie es. Das Tier aß die Nahrung, die sie ihm gebracht hatte und legte sich schlafen.
     
    *
     
    Die nächste Woche verging. Das Tier hatte einen hellbraunen Bart, und um die Augen hatten sich feine Linien gezeichnet. Sein schulterlanges Haar wurde struppiger und härter; seine Haut war nicht mehr so weich, seine Lippen waren dunkler und härter als zuvor.
    Die Frau hatte sich nicht so sehr verändert, aber auch sie war anders geworden.
    »Ich wünschte, dies könnte ewig so anhalten, mein Prinz«, sagte sie eines Tages, als die Sonne besonders heiß schien. »Aber du wirst nicht ewig leben, und ich auch nicht. Ich

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