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Magazine of Fantasy and Science Fiction 09 - Die Kristallwelt

Magazine of Fantasy and Science Fiction 09 - Die Kristallwelt

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 09 - Die Kristallwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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aber er lächelte nur und blickte über das Wasser. Ich nahm an, daß er einer der Chemiker oder Biologen war.
    Zwei Meilen flußabwärts begegneten wir einem Konvoi. Alle Schiffe waren mit Waren vollgeladen, die Decks mit Haushaltsgegenständen aller Art bepackt, Kinderwagen und Matratzen, Waschmaschinen und Bündel mit Kleidung und Wäsche. Für die Passagiere war nur wenig Platz übrig. Auf Kisten kauerten Kinder mit ernsten Gesichtern, und sie und die Erwachsenen starrten uns ausdruckslos an, als wir vorüberglitten.
    Es ist seltsam, aber man sieht auf den Gesichtern von Amerikanern selten den Ausdruck völliger Resignation, der einem sonst in der Welt nur zu oft begegnet, jener Sinn von Hilflosigkeit gegenüber natürlichen oder politischen Katastrophen, die man in den Augen von Flüchtlingen aus Caporetto oder Korea nur allzu gut kennt, aber der Ausdruck auf den Gesichtern der Familien, die an uns vorbeifuhren, setzte unseren lebhaften Gesprächen sofort ein Ende. Als wir das letzte Boot passiert hatten, blickten wir uns um und starrten ihnen nach.
    »Was geht hier vor?« fragte ich den bärtigen Mann. »Es sieht aus, als würde die Stadt evakuiert!«
    Er lachte kurz auf, er schien in meiner Bemerkung eine unbeabsichtigte Ironie entdeckt zu haben. »Zugegeben – es ist ziemlich sinnlos! Aber ich schätze, sie werden wieder zurückkommen.«
    Verwirrt durch seine knappe Bemerkung, die mit ausdrucksloser Stimme hervorgebracht war – er hatte wieder dabei weggesehen –, wandte ich mich ab und gesellte mich meinen Kollegen zu.
    »Aber warum gehen die Russen anders vor?« fragte Georg Schneider. »Ist der Hubble-Effekt denn nicht das gleiche Phänomen wie das Lysenko-Syndrom?«
    Einer der Biologen des Landwirtschaftsministeriums, ein grauhaariger Mann, der seine Jacke über den Arm gehängt hatte, sagte: »Sie sind sicherlich identisch. Lysenko verschwendet nur wie gewöhnlich die Zeit der Sowjets. Er ist der Meinung, daß es sich um eine Vergrößerung der Zellen handelt. Aber der Hubble-Effekt ähnelt viel mehr dem Krebs; eine ungehemmte identische Reproduktion in molekularen Bereichen. Es ist fast so, als würde die Materie vervielfacht – wie Licht, das durch ein Prisma hindurchfällt. Nur ist es die Zeit, die hier die Rolle des Raumes übernimmt.« Dies waren prophetische Worte.
    Wir fuhren gerade um eine Biegung, als sich der Fluß verbreiterte. Plötzlich waren das Wasser und die beiden Boote vor uns von einem seltsamen rosigen Glanz umgeben, als reflektierten sie einen entfernten Sonnenuntergang oder die Flammen eines ausgedehnten Brandes. Der Himmel aber behielt seine durchsichtige blaue Farbe, kein Wölkchen war zu sehen. Dann fuhren wir unter einer schmalen Brücke hindurch, hinter der der Fluß in ein großes Becken von einer viertel Meile Durchmesser überging.
    Mit einem erstaunten Ausruf lehnten wir uns alle vor und starrten auf den schmalen Dschungelstreifen, der sich vor den Gebäuden einer Stadt erstreckte. Ich erkannte sofort, daß die Beschreibung des »sich kristallisierenden Waldes« richtig war, und auch der Vergleich, daß sich alles ›in buntes Glas‹ verwandelte. Die Zweige der Bäume, die wie Bogen über dem Wasser hingen, tropften und glitzerten wie Myriaden von Prismen, die Stämme der Dattelpalmen waren von strahlend gelbem und karminrotem Licht überzogen, das über die Oberfläche des Wassers fiel, so daß die ganze Szene wie aus der Phantasie eines Künstlers entsprungen wirkte. Die ganze Länge des uns gegenüberliegenden Ufers glitzerte hinter einem leicht verschwommenen Schleier, die ineinanderlaufenden Farben erhöhten die Dichte der Vegetation, so daß es unmöglich war, zwischen den ersten Bäumen weiter als nur wenige Meter hindurchzublicken.
    Der Himmel war klar, das heiße Sonnenlicht schien ununterbrochen auf diese verzauberten Ufer, aber hier und da bewegte sich ein Lüftchen über dem Wasser, und die Bäume wurden zu Kaskaden tropfender Farbe, die die Luft um uns einhüllte. Dann ließ das Funkeln nach, und jeder Baumstamm, bedeckt von einem strahlenden Lichtpanzer, war wieder deutlich zu erkennen, seine herabhängenden Blätter schienen mit glitzernden Juwelen beladen.
    Wir alle starrten wie gebannt auf dieses Schauspiel, das glitzernde Kristallicht bedeckte unsere Gesichter und Kleider, und selbst mein bärtiger Begleiter schien erstaunt. Er umklammerte die Sitzlehne vor sich und lehnte sich über die Reling, wobei sein weißer Anzug plötzlich in allen Farben

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