Magazine of Fantasy and Science Fiction 17 - Grenzgänger zwischen den Welten

»wir lassen dir die ganze Wohnung, das ganze wunderschöne Appartement, und ziehen selbst in die Baracken und besuchen dich nur sonntags, um dir einen Pudding oder einen Topf Suppe zu bringen, du weißt doch selbst, wie gern du meine Algensuppe magst, und wir ...«
    »Ich muß jetzt gehen«, sagte Gus und trat einen Schritt zurück.
    »Nachdem wir alles für dich getan haben!« schluchzte seine Mutter plötzlich los. »Wir haben jahrelang gespart und uns selbst nichts gegönnt, damit wir dir alles geben konnten ...«
    »Hör zu, mein Junge, vielleicht überlegst du dir die Sache doch lieber noch einmal«, murmelte Vater. »Denk daran, daß Freiwillige nicht mehr zurücktreten können, wenn sie sich gemeldet haben. Und dann siehst du die Heimat nie wieder – oder deine Mutter ...« Er schwieg unsicher, weil er selbst erkannte, wie wenig reizvoll die Alternative war.
    »Viel Glück, Gus«, sagte Lenny und drückte ihm die Hand. »Vielleicht ... sehen wir uns noch einmal.«
    »Klar, Lenny.«
    »Er geht wirklich!« heulte Mutter. »Du mußt ihn zurückhalten, George!«
    Gus drehte sich noch einmal um und winkte ihnen zu. Er wunderte sich selbst darüber, wie leicht ihm der endgültige Abschied wurde.
    »Das ist einfach nicht fair«, klagte Mutter. Gus schob die Tür hinter sich zu.
    »Mmm, der Pudding schmeckt wirklich ausgezeichnet«, sagte Vater eben, als sich die Schiebetür hinter Gus schloß.
     
    Das Rekrutierungszentrum Nummer einundsechzig bestand aus einer gigantischen Halle, in der die Menschen sich gegenseitig auf die Füße traten, während sie die Leuchtzeichen unter der niedrigen Decke zu entziffern versuchten – KLASSE EINS (SPEZIALISTEN) und TESTZELLEN D–G und KLASSIFIZIERUNG und VORBEHANDLUNG (ZURÜCKGESTELLTE). Überall blinkten Hinweispfeile in roten, grünen und schwarzen Farben. Schon nach der ersten Stunde hatte Gus unerträgliche Kopfschmerzen.
    Dann war er endlich an der Reihe. Ein Frau in grüner Uniform drückte ihm eine Plastikmarke in die Hand und sah dabei an seinem linken Ohr vorbei. »Station fünfundzwanzig auf der linken Seite«, sagte sie. »Weitergehen ...«
    »Ich möchte etwas fragen«, begann Gus unsicher. Die Uniformierte starrte ihn an und sagte etwas, aber ihre Stimme ging in dem hier herrschenden Lärm unter. Gus wurde weitergeschoben, als hinter ihm andere nach vorn drängten. Ein rothaariger Riese brüllte ihm etwas ins Ohr.
    »Toll, was?« rief er. »Eine regelrechte Völkerwanderung!«
    »Richtig«, antwortete Gus ohne große Begeisterung. »Ich habe gehört, daß Alpha nicht viel besser als die Hölle ist, aber die Leute machen sich anscheinend gar nichts daraus.«
    »Hah!« Der Rothaarige kam noch näher. »Hast du die letzte Bevölkerungsstatistik gehört, Kamerad? Am vergangenen Sonntag waren es über neunundzwanzig Milliarden – und wenn der gegenwärtige Repro-Faktor nicht absinkt, verdoppelt sich die Zahl in eintausendzweihundertundvier Tagen. Weißt du auch weshalb?« Allmählich kam er in Fahrt. »Weil es keinen Politiker gibt, der sich dafür einsetzt, daß die Zahl der Wähler verringert wird ...«
    »Sie da – hierher!« Gus wurde an der Schulter gefaßt und zu einem Schreibtisch gestoßen, hinter dem ein kleiner Mann mit einer dicken Brille saß. Er schob zwei Lochkarten über den Tisch. »Unterschreiben Sie.«
    »Ich möchte zuerst noch einige Fragen beantwortet haben«, wandte Gus ein.
    »Sie können hier nur unterschreiben oder wieder verschwinden. Los, entscheiden Sie sich, Mann!«
    »Ich möchte wissen, was mir bevorsteht. Wie sieht es auf Alpha III aus? Welche Bestimmungen enthält mein Vertrag, den ich ...«
    Eine schwere Hand legte sich auf seine Schulter. Ein Mann in Polizeiuniform stand neben ihm.
    »Unzufrieden, Freundchen?«
    »Ich bin freiwillig hierhergekommen.« Gus versuchte die Hand abzuschütteln. »Ich möchte nur ...«
    »Wir schleusen hier pro Tag zwanzigtausend Menschen durch, Freundchen. Daraus müssen Sie erkennen, daß wir uns nicht liebevoll um jeden annehmen können. Sie haben die Fernsehsendungen gesehen; Sie wissen, wie es auf New Earth aussieht ...«
    »Aber welche Garantie habe ich ...«
    »Gar keine, Freundchen. Überhaupt keine. Sie können die Gelegenheit ergreifen oder nicht, das ist uns völlig egal.«
    »Sie halten die anderen auf«, sagte der Mann hinter dem Schreibtisch. »Wollen Sie unterschreiben oder nach Hause zurückgehen ...?«
    Gus griff nach dem Kugelschreiber und unterschrieb.
     
    Eine Stunde später hockte