Magazine of Fantasy and Science Fiction 18 - Die Kolonie auf dem 3. Planeten
Trotzdem beherrschte er sich vorläufig noch, denn wenn er sich jetzt zeigte, würde die Horde ihn augenblicklich in Stücke reißen. In seiner Eile hatte er vergessen, eine Waffe mitzunehmen, und war deshalb doppelt hilflos. Als die Nomaden weiterwanderten, folgte er ihnen in sicherem Abstand.
Unterdessen wußte er bereits mehr über Amritses Entführer. Insgesamt waren es vierzehn, wenn er die drei mitzählte, die nachts auf Bäumen geschlafen hatten. Da drei erschossen worden waren, hatte die Horde ursprünglich aus siebzehn Mitgliedern bestanden. Acht von ihnen waren noch Kinder oder Heranwachsende; fünf waren erwachsene Weibchen. Die Kolonisten hatten drei junge Männchen erlegt. Das einzige erwachsene Männchen war also Amritses Entführer – er war der Häuptling der Gruppe oder vielleicht das Oberhaupt einer polygamen Familie.
Aghonizzen erschrak, als ihm allmählich klar wurde, was es bedeutete, daß die Nomaden die Gefangene mit Ranken gefesselt hatten – dadurch erhoben sie sich deutlich über die Stufe der niedrigen Tiere; ihre geistige Entwicklung mochte sich vielleicht erst im Anfangsstadium befinden, aber ihre potentielle Intelligenz war nicht zu leugnen. Und das bedeutete nach den Bestimmungen der Kolonie, daß die Siedler diesen Planeten verlassen mußten.
Aber nicht ohne Amritse, schwor Aghonizzen sich in diesem Augenblick. Lieber wollte er selbst den Tod finden, bevor er sie hilflos in den Händen dieser Wilden zurückließ.
In der dritten Nacht hatte er endlich die langersehnte Gelegenheit.
Eigentlich war es fast unwahrscheinlich, daß die Wachtposten bisher seine Anwesenheit noch nicht bemerkt hatten. Aghonizzen schlief unruhig und erwachte bei dem geringsten Geräusch. Er ernährte sich von wilden Früchten und Beeren, weil er wußte, daß er kein Feuer entzünden durfte, selbst wenn es ihm gelungen wäre, ein kleines Tier in einer Schlinge zu fangen. In der dritten Nacht schlug die Horde ihr Lager am Ufer eines Flusses auf.
Hier gab es keine Bäume, auf denen ihr Anführer hätte schlafen können, so daß er sich statt dessen in einiger Entfernung von den anderen zur Ruhe legte. Und Amritse, die entweder schlief oder bewußtlos war, lag in seiner Nähe an einen Busch gefesselt. Diesmal blieb der Wachtposten nicht am Feuer stehen, sondern machte seine Runden durch das Lager.
Aghonizzen beobachtete ihn aufmerksam. Der Posten ging gleichmäßig auf und ab. Das Feuer, das offenbar Raubtiere abschrecken sollte, war schon fast erloschen, so daß der Posten nach Zweigen suchen mußte. Hier am Fluß gab es weniger Reisig als im Wald, und die größten Äste waren bereits ins Feuer geworfen worden. Der Wachtposten drehte Aghonizzen den Rücken zu und entfernte sich etwa zwanzig Schritte weit in die entgegengesetzte Richtung, um dort Holz zu suchen.
Aghonizzen setzte in diesem Augenblick alles aufs Spiel, um seine einzige Chance auszunützen. Er schlich zu dem Busch hinüber, löste rasch die Fesseln des Mädchens, nahm es in die Arme und rannte mit ihm davon.
Zum Glück gab Amritse keinen Laut von sich; vielleicht hatte sie ein Schlafmittel bekommen, damit sie ruhig blieb. Die Flucht gelang unbemerkt; Aghonizzen war bereits fast außer Hörweite, als der Wachtposten zurückkehrte und feststellte, daß die Gefangene nicht mehr an ihrem Platz lag.
Aghonizzen wußte, daß die Wilden sofort die Verfolgung aufnehmen würden, deshalb schlug er jetzt einen anderen Weg ein. Diese Kreaturen waren vielleicht relativ intelligent, aber einem zivilisierten Menschen bestimmt unterlegen. Sie nahmen bestimmt an, daß er geradewegs nach Hause zurückkehren würde, aber Aghonizzen wich statt dessen im rechten Winkel von diesem Weg ab und verschwand im Wald. Sobald er ein passendes Versteck gefunden hatte, setzte er Amritse ab und zog sie hinter sich her in das dichte Unterholz. Dabei kam es zu seiner Kopfwunde, als er in der Dunkelheit gegen einen abgebrochenen Ast stieß.
Als er wieder aufwachte, schien bereits die Sonne. Er dachte zunächst nur an Amritse. Sie war wach, aber ihr Blick ging durch ihn hindurch, als erkenne sie ihn nicht. Als er sie hochhob, begann sie erschrocken zu schluchzen, stieß ihn mit beiden Händen von sich fort und wollte sich nicht von ihm beruhigen lassen.
Er ahnte, daß er sie so rasch wie möglich in das Krankenhaus bringen mußte, weil sie in Lebensgefahr schwebte. Als er aufmerksam horchte, hörte er nur Vogelstimmen und ab und zu ein Knacken, wenn ein kleines Tier durchs
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