Magazine of Fantasy and Science Fiction 20 - Mord in der Raumstation
Disziplin«, sagte er langsam, »aber du kannst mir glauben, daß eine Freie Gesellschaft erst recht kein Kindergarten ist. Gib die Koordinaten her, sonst mache ich ein Steak aus dir!«
Webb zögerte unentschlossen.
»Schneller!« fuhr Crego ihn an. »Sei nicht dämlicher, als Gott dich geschaffen hat. Du weißt selbst, daß du hier keine Chance hast. Los, her mit den Koordinaten!«
Webb legte die Plastikkarte auf den Tisch. Er mußte sich beherrschen, um nicht sofort über Crego herzufallen. Aber der andere war bewaffnet ...
Webb war an Bord gefangen. Das Schiff war im Vergleich zur Carlyle winzig – kaum hundert Meter lang und zwanzig im Durchmesser –, aber stark bewaffnet. Es lag in einer bewaldeten Schlucht am Rand der Insel versteckt. Webb arbeitete mehrere Tage lang an den veralteten Bioelementen und schlief nachts auf dem harten Deck der winzigen Kabine, die sein Labor darstellte. Das Essen wurde in unregelmäßigen Abständen von Wachtposten gebracht, und Crego erschien zweimal bei ihm, um ihn zu größerer Eile anzutreiben.
Webb versuchte fatalistisch zu sein, hatte aber wenig Erfolg damit. Er konnte sich selbst nicht mehr ausstehen. Am meisten bedrückte ihn das Gefühl, vor Crego Angst zu haben; er fürchtete sich jetzt nicht mehr vor ihm – aber er hatte Angst vor ihm gehabt und ihm deshalb die Koordinaten gegeben. Vielleicht konnte er Crego umbringen, bevor er selbst erschossen wurde, aber damit war Conover nicht gerettet, sondern lag weiterhin offen vor den Piraten. Wahrscheinlich war es besser, statt dessen das Schiff im Hyperraum zur Explosion zu bringen. Webb überlegte sich bereits, wie er diesen Plan verwirklichen könnte.
Im Morgengrauen des vierten Tages schrak Webb auf, als die Alarmsirene heulte. Luken wurden zugeknallt. Männer liefen durch die Gänge. Ein Feldgenerator summte durchdringend. Das Schiff schien startbereit gemacht zu werden. Zwei Wachtposten schlossen das Labor auf, zogen Webb schweigend hoch, schleppten ihn von Bord und trieben ihn hundert Meter weit auf eine kleine Hütte zu. Dort stießen sie ihn durch die Tür und schlossen hinter ihm ab.
Webb rieb sich die Augen. In der Dunkelheit war nur ein kleines Fenster hoch an der Wand und ein Tisch zu erkennen. Als seine Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, sah er eine Gestalt in der Ecke hocken. Es schien sich um eine Frau zu handeln. Sie trug die Uniform der Raumpatrouille. Sie starrte ihn an. Vry? Nein! Ja! Tausend Teufel! Vry!
»Vry«, sagte er, »wie ... was ... mein Gott, bist du wirklich Vry?«
»Ja«, antwortete sie und stand auf, »deine treue kleine Helferin wollte dich nicht im Stich lassen.«
Webb legte eine Hand auf ihre Schulter. »Das verstehe ich nicht, Vry«, sagte er. Dann fiel ihm auf, daß ihr rechtes Auge und die Oberlippe geschwollen waren, und er sah Blutflecke auf ihrer Uniform.
»Bist du verletzt?« fragte er besorgt.
»Nein«, beruhigte sie ihn. »Zuerst haben Sie mich für die Vorhut der Patrouille gehalten und dementsprechend behandelt. Aber jetzt halten sie mich nur noch für eine Spionin.«
»Der Teufel soll sie alle holen. Spionierst du wirklich?«
»Nein«, antwortete Vry und erklärte ihm, weshalb sie auf die Insel gekommen war. Sie hatte vermutet, daß er die Bioelemente stehlen würde, und hatte deshalb in vier davon Minisender eingebaut. Einer der Quartiermeister hatte ihr geholfen, ein Suchfeld aufzubauen und die Sender zu orten, so daß sie die Insel auf einer Karte nachschlagen konnte. Sie war hierher gekommen, um die Bioelemente zurückzuholen, und war deshalb allein aufgebrochen. Da es ihr nicht gelungen war, in der nächsten Küstenstadt einen Helikopter zu mieten, hatte sie sich von einem Boot auf der Insel absetzen lassen.
»Ich wollte dir diesmal helfen, Skinner«, fügte sie hinzu.
»Ich hätte dir genügend Geld mitgebracht. Ich habe mein Konto beim Zahlmeister aufgelöst.«
»Gott segne dich, Vry, das vergesse ich dir nie. Aber wie hast du den Zahlmeister dazu gebracht, dir die Spareinlage auszuzahlen, bevor deine Verpflichtungszeit abgelaufen ist?«
»Ich habe ihm gesagt, es handle sich um einen Notfall.«
»Das kann man allerdings sagen! Weißt du, wem wir in die Hände gefallen sind?«
»Einer Freien Gesellschaft?«
»Richtig. Es handelt sich um den Rest der Bande, deren Stützpunkt die Konoye zerstört hat. Die Leute sind bösartig und gefährlich und hassen uns.«
»Ich weiß.«
»Was sollen wir jetzt tun? Komm, wir verstecken irgendwo
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