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Magazine of Fantasy and Science Fiction 25 - Planet der Selbstmörder

Magazine of Fantasy and Science Fiction 25 - Planet der Selbstmörder

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 25 - Planet der Selbstmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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Abend.« Der Computer schaltete ab.
     
    Poole berührte den Lochstreifen nochmals ganz vorsichtig. Wenn ich ihn zerschneide, verschwindet meine Welt, überlegte er sich. Für die anderen existiert die Wirklichkeit wie zuvor – aber meine Wirklichkeit stammt aus diesem winzigen Gerät. Sie wird meinem Zentralnervensystem eingegeben, während der Streifen unendlich langsam abläuft.
    Das muß er schon seit Jahren tun, dachte er.
    Nachdem er sich angezogen hatte, nahm er in einem großen Sessel Platz und rauchte nachdenklich eine Zigarre. Ich muß langsam vorgehen, sagte er zu sich selbst. Was will ich eigentlich? Meine Programmierung umgehen? Aber der Computer hat keine Anzeichen für eine Programmierung entdeckt. Will ich den Lochstreifen verändern? Warum?
    Weil ich die Wirklichkeit beherrsche, wenn ich diesen Streifen beliebig verändern kann, überlegte er. Damit hätte ich nicht nur die Kontrolle über mich selbst gewonnen; damit könnte ich alles beherrschen. Und das unterscheidet mich von allen Menschen, die je gelebt haben ...
    Er stand auf, griff nach dem Visorphon und rief im Büro an. Als Danceman auf dem Bildschirm sichtbar wurde, wies er ihn an: »Schicken Sie mir bitte einen vollständigen Satz Mikrowerkzeuge und einen Vergrößerer in mein Appartement. Ich habe etwas Dringendes zu erledigen.« Dann schaltete er sofort ab, weil er nicht mit Danceman darüber diskutieren wollte.
    Eine halbe Stunde später klopfte jemand an die Tür. Poole öffnete und sah einen Techniker aus der Fabrik vor sich stehen. Der Mann schleppte mehrere Werkzeugtaschen. »Sie haben nicht gesagt, was Sie brauchen«, sagte der Mann, »deshalb hat Mister Danceman mir alles mitgegeben.«
    »Und der Vergrößerer?«
    »Noch unten im Wagen.«
    Vielleicht will ich nur Selbstmord begehen, dachte Poole, während er beobachtete, wie der Techniker den Vergrößerer hereintrug, aufbaute und anschloß. Das ist reiner Selbstmord. Er fuhr unwillkürlich zusammen.
    »Fühlen Sie sich nicht ganz wohl, Mister Poole?« fragte der Mann. »Ich kann mir vorstellen, daß Sie nach Ihrem Unfall noch wacklig auf den Beinen sind.«
    »Ja, natürlich«, stimmte Poole zu. Er wartete ungeduldig, bis der Techniker das Appartement verließ.
     
    Auf dem Bildschirm des Vergrößerers nahm der Plastikstreifen andere Dimensionen an: er war jetzt ein breites Band, in das Hunderttausende von winzigen Löchern gestanzt worden waren. Der Streifen bewegte sich mit gleichbleibender Geschwindigkeit auf den Abtastkopf und die zweite Spule zu.
    Jedes Loch muß etwas bedeuten, dachte Poole. Wie bei einem elektrischen Klavier. Wodurch läßt sich das feststellen? Ich muß einen Teil der Löcher ausfüllen.
    Er berechnete mühsam die Bandgeschwindigkeit und stellte fest, daß eine Veränderung am äußersten Rand des Abtastkopfs sich nach fünf bis sieben Stunden bemerkbar machen würde.
    Poole benützte einen feinen Pinsel, um einen Streifen Band mit durchsichtigem Lack aus einer der Werkzeugtaschen zu übermalen. Damit habe ich Stimuli für etwa eine halbe Stunde gelöscht, überlegte er sich. Der Lack deckt mindestens tausend Löcher ab. Ich bin gespannt, welche Veränderungen in sechs oder sieben Stunden eintreten.
     
    Viereinhalb Stunden später saß er mit Danceman in einer eleganten kleinen Bar in Manhattan.
    »Sie sehen schlecht aus«, sagte Danceman.
    »Mir ist auch nicht gut«, bestätigte Poole. Er ließ sich noch einen Scotch bringen.
    »Seit dem Unfall?«
    »Ja«, antwortete Poole nur.
    Danceman starrte ihn an. »Haben Sie ... Wissen Sie jetzt mehr über sich selbst?«
    Poole nickte langsam. »Sie wissen es also auch?«
    »Mir ist klar, daß ich Sie ›Poole‹ anstatt ›Mister Poole‹ nennen müßte«, gab Danceman zu. »Aber ich werde die bisherige Anrede beibehalten.«
    »Seit wann wissen Sie das schon?«
    »Seitdem Sie die Firma übernommen haben. Die wirklichen Eigentümer unserer Firma wollten eine elektrische Ameise als Direktor, weil ...«
    »Die wirklichen Eigentümer?« Poole war erstaunt. »Aber wir haben doch zweihunderttausend Aktionäre in aller Welt!«
    »Marvis und Ernan Bey auf Prox 4 kontrollieren einundfünfzig Prozent des Stimmkapitals.«
    »Ich bin also nur ihr Strohmann«, stellte Poole fest.
    »So könnte man es ausdrücken«, gab Danceman zu.
    Die Rückwand der Bar verschwand plötzlich. Auch einige Tische mit Gästen waren nicht mehr zu sehen. Und die Silhouette von New York hinter dem großen Aussichtsfenster schien sich in Luft

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