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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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den Garten hinausgelaufen, um ein weiteres Stück des Rasens umzugraben.
    Magdalena kniff sich in die Wangen, um ihr bleiches Spiegelbild etwas zu beleben. Ihr Blick wanderte zu den zwei Rasierpinseln, den Cremetöpfchen und dem Deoroller, die sich am Waschbeckenrand drängten. Drei unterschiedlich stark heruntergekaute Zahnbürsten und eine verpackte, die Nina ihr anscheinend zugedacht hatte, standen in einem Glas. Magdalena putzte sich die Zähne und verließ das Badezimmer, ohne einen weiteren Blick in den Spiegel zu werfen.
    Ihr Magen knurrte. Ob es wohl auffiel, wenn sie etwas von dem Weißbrot nahm, das auf dem Tisch lag? Mit Kugelschreiber hatte jemand auf Italienisch »diese Zone wird videoüberwacht«
an die Wand geschrieben. Magdalena fühlte sich ertappt, brach aber trotzdem ein großes Stück Brot ab und hinkte kauend weiter.
    Sie schnupperte in der Nähe des Bettes. Es roch nach fremder Haut, Mann, Lederjacke, Sandelholz und irgendwie nach Heu. Kein Zweifel, es war das Bett von Matteo, dem stämmigen Typen, der sie gestern die Treppen hochgetragen hatte. Neben dem Bett lag ein Koffer, der Deckel war nicht ganz geschlossen. Ohne zu zögern, klappte Magdalena ihn auf und nahm das oberste Heft von einem Stapel, der auf den ordentlich gefalteten, meist schwarzen Klamotten lag. Sie blätterte darin, entdeckte Texte und ein paar Stromkreiszeichnungen, die sie nicht verstand, Fotos von Lampen an der Außenmauer eines Hauses. »Illuminando« stand auf dem Deckblatt, das hieß … na, es hatte anscheinend etwas mit Beleuchtungstechnik zu tun. Magdalena legte das Heft zurück und schämte sich kurz über ihre hemmungslose Neugier, war aber gleichzeitig erleichtert, keine Pornoheftchen oder Bodybuildermagazine bei Ninas Beschützer gefunden zu haben.
    Sie betrat die Terrasse.
    Der Himmel war tiefblau, warme Luft wehte in ihr Gesicht. Sie kniff die Augen zusammen und sah einen Haufen Handtücher auf einem verblichenen Sofa, über dem eine schlaffe Wäscheleine mit zahlreichen Klammern baumelte. Ein ausrangierter Kühlschrank lehnte in der Ecke daneben, die Tür stand offen, auf den Gittern und dort, wo sonst das Gemüsefach war, stapelten sich Schuhe. Frauenschuhe. Wozu brauchten manche Frauen bloß so viele Schuhe? Sie trat an die Mauer, von der die Terrasse hüfthoch eingefasst wurde, und schaute erwartungsvoll hinab. Die Wohnung lag über den Räumen des Clubs, der POLO hieß, daran erinnerte sie sich immerhin, eine Dienstwohnung über einem großen, verwilderten Park aus Palmen und Pinien,
in den man eine Tanzfläche aus mintgrünen Fliesen gesetzt hatte. Vertrocknete Piniennadeln und faustgroße schwarze Pinienzapfen lagen darauf herum. Leider konnte man das Meer nicht sehen, das wahrscheinlich irgendwo links unten am Fuß der von Bäumen bewachsenen Berghänge lag, in deren endloser Ausdehnung ihre Tasche verschwunden war. An den Stämmen der Pinien waren Aufhängungen befestigt, vermutlich für die Boxen. Musik wurde anscheinend in dem Holzverschlag am anderen Ende der Tanzfläche gemacht, der mit Graffiti verziert war. Sie war noch nie in einer Freiluftdiskothek gewesen, aber wenn der Club erst geöffnet hatte, musste es abends unerträglich laut hier oben sein.
    Anstatt dir einen ordentlichen Plan zurechtzulegen, isst du heimlich das Brot deiner Gastgeber und spionierst ihre Lebensgewohnheiten aus. »Schäm dich!«, rief sie mit lauter Stimme. Die Worte standen lange in der lauen Luft, aber dann machten sie der blaue Himmel, das Licht, die Palmwedel und all die satten Farben auf einmal ganz glücklich. Obwohl sie den Mund noch voller Brot hatte, gab sie einen lauten Glücksschrei von sich.
    Sie wandte sich um, nach hinten heraus war das Gebäude von einem hohen Zaun umgeben, vor dem ein paar krumm gewachsene Feigenbäume standen, dann begann der Wald. Sie stopfte sich das letzte Stück Brot in den Mund. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass sich seitlich von ihr etwas bewegte, sofort hörte sie auf zu kauen. Sie bemerkte Ninas Bodyguard auf dem Sofa, o verdammt, wie peinlich, er musste alles gehört haben … Ein Handtuch lag auf seinem Gesicht, ein weiteres war über seine Hüften gebreitet, doch sein Penis hatte es sich wie ein Salamander in der Sonne auf seinem Oberschenkel gemütlich gemacht. Größer als der von Florian. Größer als jeder, den sie bis dahin gesehen

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