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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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hatte. Aber das waren ja auch nicht viele gewesen.
Wenn Matteo ausgerechnet jetzt das Handtuch von seinem Gesicht ziehen sollte und sie so glotzen sah, würde es noch peinlicher. Auf Zehenspitzen trat Magdalena den Rückzug an, sie würde einfach so tun, als ob sie ihn nicht gesehen hätte. Der letzte Bissen Brot blieb ihr im Hals stecken, und der Hustenreiz ließ ihr fast die Lunge platzen. Halb erstickt flüchtete sie nach drinnen, nach Luft japsend durchquerte sie die Küche und zog Ninas Tür mit letzter Kraft hinter sich zu. Magdalena wand sich hustend auf dem Bett, das Bein stand von ihrem Körper ab wie eine falsch angepasste Prothese. Wie peinlich, er hatte bestimmt alles mit angehört! Juchhu, hatte sie gerufen und auch noch mit sich selbst gesprochen … Magdalena spürte, wie sie rot wurde. Sie wollte raus aus diesem Nachtclub, ganz schnell, mit oder ohne Tasche. Aber wie sollte sie bloß von hier wegkommen und es bis zu ihrer Reisegruppe nach Forte dei Marmi schaffen? Schon jetzt, nach dem kurzen Ausflug hinaus in die Sonne, taten ihr alle Muskeln weh, in ihrem Kopf drehte es sich ganz ekelhaft, und Übelkeit stieg in ihr hoch. Tief ein- und ausatmen, sie durfte sich auf keinen Fall übergeben. Das hätte gerade noch gefehlt.
    Â 
    Sie musste eingeschlafen sein, denn als es klopfte, dachte Magdalena einen Moment lang, sie wäre im Krankenhaus. Die weißen Wände wehten ohne Konturen wie Tücher über ihr, und der Arzt aus der Karibik schlug zwei Kokosnusshälften gegeneinander. Es war Nina, die sich durch den Türspalt drückte, sie lachte und hielt einen Arm hinter dem Rücken verborgen.
    Â»Puuh, hier drinnen müffelt’s aber, und in der Küche habe ich jetzt noch einen Verletzten. Matteo ist nämlich noch mal runter ins Gesträuch und hat sich an einem Ast ordentlich den Schädel gestoßen!«
    Magdalenas Verstand arbeitete langsam, die Zunge klebte
ihr wie das Stück Weißbrot eben auf der Terrasse am Gaumen. »Matteo? Liegt er nicht mehr da …?«
    Â»Da draußen auf der Terrasse? Nein. Tut mir leid, wenn er dich erschreckt hat. Er nimmt da morgens immer ein Sonnenbad, und zwar, äh, wie du gesehen hast, ganz nackt.«
    Â»Wie viel Uhr ist es überhaupt?«
    Â»Noch nicht so spät, ungefähr zwölf. Ich habe dich schlafen lassen, habe eben nur kurz Giorgio im Spital besucht.«
    Du meine Güte, der junge Rollerfahrer, den hatte sie ja ganz vergessen!
    Â»Wie geht es ihm denn?«
    Â»Ach, er hat schon gleich nach seinem Roller gefragt, ein sicheres Zeichen dafür, dass er auf dem Weg der Besserung ist. Aber jetzt kommt das Beste!« Nina zog Magdalenas Handtasche hinter ihrem Rücken hervor und hielt sie triumphierend in die Höhe.
    Â»Ich hab sie! Schau mal nach, ob alles drin ist.«
    Magdalena schnappte nach Luft. »Danke, vielen Dank!« Sie nahm die Tasche in Empfang und räumte mit fliegenden Fingern alles auf das Bett. Portemonnaie, Handy, Antimückenspray, zwei geografische Karten, »Elba und die Inseln des toskanischen Archipels«, »Südliche Toskana«, und einen Stadtplan von Siena. Das Handyladegerät, und da war auch das dicke, gelbe Italienisch-Wörterbuch, in dem immer noch das Foto steckte. Sie seufzte auf vor Erleichterung.
    Â»Hier, ich wusste sofort, dass ich an der richtigen Stelle war.« Sie tippte auf den olivgrünen Anstrich und einen winzigen Teil des Napoleon-Wandbilds, das große »D« und das »E« von »GRANDE«, für das nicht mehr genug Platz gewesen war, unverwechselbar. Nina öffnete das Fenster und setzte sich dann zu ihr auf die Matratze. Während sie schweigend das Foto betrachteten, hörte sie, wie sie beide im selben Rhythmus atmeten.
Magdalenas Mutter Heidi stand im Licht, sie lächelte in die Kamera, ihre blonden Haare waren zerwuschelt, als wäre sie ein paar Minuten zuvor aus einem Schlafsack gekrabbelt. Sie trug ein rotes Top, das eher aussah wie ein Unterhemd, und ganz offensichtlich keinen BH, ihre Brüste waren klein. Ungefähr wie meine, dachte Magdalena, komisch, das ist mir bisher noch gar nicht aufgefallen. Heidi wurde von dem jungen Mann neben ihr wie ein großer Pokal mit beiden Armen umschlungen. In dem Moment, als das Foto geschossen wurde, hatte er seinen Kopf ein wenig zur Seite gedreht, seine Augen waren vor Lachen wie bei einem Clown zu zwei nach oben gewölbten Schlitzen

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