Magdalenas Garten
wischte.
Nina fing sie an der Theke ab: »Wirklich alles in Ordnung bei dir? Du bist dünner geworden, gibt es bei Roberto nichts zu essen?« Magdalena balancierte das leere Tablett auf drei Fingern. Was haben die nur alle auf einmal?, fragte sie sich. Die sollen mich doch mit Roberto in Ruhe lassen!
»Ich weià nicht, komischerweise habe ich in den letzten Tagen keinen Hunger. Ich sehe Roberto kaum, er arbeitet ja von morgens bis abends im Il Vizio .« Dass sie ungeduldig auf das Motorengeräusch seines Wagens wartete und Küche und Bad in seiner Abwesenheit auf Hochglanz wienerte, wollte sie Nina nicht gestehen. Sie musste den Tag schlieÃlich irgendwie herumbringen.
Erst abends um halb neun mit der Arbeit anzufangen, war ungewohnt, um diese Zeit machte sie sich zu Hause in Osterkappeln schon bald wieder zum Schlafen fertig.
»Woher kennst du ihn?«, fragte sie Nina.
»Von letztem Jahr. Kam oft ins POLO .«
»Einer von den vielen, die mit dir ein Verhältnis hatten, ohne dass du davon wusstest?« Sie schämte sich für den hoffnungsvollen Ton, der dabei in ihrer Stimme zu hören war. Ein Verhältnis, mein Gott, sie klang ja hausbacken wie die alte Frau Feest von nebenan.
»Einer der besonders Hartnäckigen, ja.« Nina zeigte ihre Zahnlücke, lächelte aber nicht dabei. Aber ich, ich habe ein richtiges Verhältnis mit ihm, dachte Magdalena, also fast. Ist es ein Verhältnis, wenn man nackt bei einem Mann auf dem Bett liegt, aber noch nicht richtig mit ihm geschlafen hat? Ich denke doch. Gleich an dem Tag, an dem sie bei ihm eingezogen war, hatte Roberto gekocht, und zwar nachmittags um vier, einfache Spaghetti, längst nicht so köstlich wie bei Nina. Als fantasievolle Vorspeise hatte es das gelbe elbanische Brot gegeben, in Olivenöl getaucht und mit grobkörnigem Salz bestreut. Er hatte sie geneckt, sie hatte sich gewehrt, die Rolle der etwas spröden, aber unaffektierten Deutschen, die ihn zum Lachen bringen konnte, war ihr ganz gut gelungen. Um fünf war sie von drei Martini dâOro glückselig betrunken gewesen und hatte sich auf seinem Bett ausgestreckt wiedergefunden, seinen kurzen, leidenschaftlichen Kommandos gehorchend. Erst als Roberto schon wieder in der Tür stand, hatte sie mitbekommen, dass er zurück ins Il Vizio musste. Magdalena seufzte enttäuscht bei der Erinnerung. Franco schaute strafend. Hastig diktierte sie ihm ihre Bestellungen vom Block und wandte sich dann wieder Nina zu. Sie weiÃ, dass ich loslaufe, um mir Kleider zu kaufen, wenn Roberto nur mit der Wimper zuckt. Sie weiÃ, dass ich etwas für
ihn tue, was ich noch nie bei Tageslicht und ohne schützende Decke über mir getan habe, und dass es mich auch noch anmacht, sogar jetzt, wenn ich daran denke. Sie lächelte verstohlen und stellte die Getränke, die Franco ihr über die Bar reichte, auf ihr Tablett. Nina folgte ihr nach drauÃen. Sobald Magdalena ihre Gäste bedient hatte, hielt sie sie am Arm fest: »Nur noch ganz kurz, und dann lasse ich dich in Ruhe arbeiten. Ich will dich nicht beleidigen, aber Roberto macht nie etwas, ohne daraus Profit zu schlagen. Dass du bei ihm wohnen darfst, kommt mir ziemlich komisch vor, er ist ein Frauenverbraucher, wie ich selten einen gâsehen habe, aber er lässt keine wirklich an sich ran. Er fickt drauÃen rum und geht danach immer alleine nach Hause.« Aha, da wusste Nina aber nicht alles. Für sie nudelte Roberto nicht mal, er fickte gleich, sie verabscheute ihn offenbar wirklich.
»Warst du doch so nahe an ihm dran, oder woher weiÃt du das?«
»Nee, weil er sah, dass er auf die gleiche Tour bei mir nicht weiterkam, nicht mal nach Argentinien wollte ich mit, da erzählte er mir was vom Heiraten«, sagte Nina sachlich. Magdalena glaubte ihr sofort und hasste Nina mit einem Mal - schön, selbstbewusst und unnahbar stand sie vor ihr auf dem Bürgersteig, eine Mischung, die selbst einen Mann wie Roberto vom Heiraten reden lieÃ.
»Ich glaube nicht, dass er nur berechnend ist, weswegen auch?« Was kann ich ihm denn geben?, wollte sie schon sagen, verschluckte die Frage aber gerade noch rechtzeitig.
»Und er ⦠er macht ganz bestimmt nicht nur rum, er ist gebildet, er mag Tangomusik und besitzt jede Menge Bildbände über Design und Architektur.« Magdalena musste ihre Verteidigungsrede kurz unterbrechen, um an Tisch fünf zu kassieren.
Wenn
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