Maggie O´Dell 01 - Das Boese
ein Freund oder Partner von Jeffreys.“
„Mein Gott, begreift das denn keiner? Jeffreys hat nicht alle drei Jungen umgebracht ...“ Er hielt inne, als er Christine in der Tür stehen sah.
„Nur die Ruhe, Nick, ich bin nicht als Reporterin da.“ Sie kam zögernd herein, das Haar wirr, die Augen gerötet, das Gesicht tränenverschmiert und der Mantel schief geknöpft. Sie sah fürchterlich aus.
„Ich muss etwas tun. Du musst mich helfen lassen.“
„Kann ich dir einen Kaffee holen, Christine?“ fragte Hai.
„Ja, danke, das wäre nett.“
Hai blickte kurz zu Nick, als warte er, dass er ihn entschuldigte und ging.
„Komm, setz dich“ , forderte Nick sie auf und widerstand dem Drang, sie zu stützen. Es verunsicherte ihn, sie so aufgelöst zu sehen. Sie war die große Schwester, auf deren Hilfe er bauen konnte. Sie war die Starke gewesen, sogar als Bruce gegangen war. Jetzt erinnerte sie ihn mit ihrer beunruhigenden Stille an Laura Alverez.
„Corby hat mir bezahlten Urlaub von der Zeitung gegeben. Natürlich erst, nachdem ich ihm versichert habe, dass die Zeitung exklusiv alles erfährt.“
Sie wand sich aus ihrem Mantel, warf ihn achtlos auf einen Stuhl in der Ecke und beobachtete, wie er zu Boden glitt. Obwohl sie offenbar kaum noch stehen konnte vor Erschöpfung, ging sie vor seinem Schreibtisch hin und her. „Habt ihr Bruce aufstöbern können?“ fragte sie, ohne ihn anzusehen.
Er wusste, wie sehr es sie bedrückte, nicht zu wissen, wo ihr Ex-Mann war. „Noch nicht. Aber vielleicht hört er in den Nachrichten von Timmy und setzt sich mit uns in Verbindung.“
Sie verzog das Gesicht. „Ich muss etwas tun, Nick. Ich kann nicht einfach zu Hause sitzen und warten. Wozu brauchst du das?“ Sie deutete auf den Zettel mit den seltsamen Codes.
„Du weißt, was das ist?“
„Klar, ein Bündeletikett.“
„Ein was?“
„Ein Bündeletikett. Die Auslieferer erhalten jeden Tag eines mit ihren Zeitungen. Siehst du, da stehen die Routennummer, die Codenummer des Auslieferers, Anzahl der Zeitungen, welche Einlagen es gibt und die Start- und Haltepunkte.“
Nick sprang auf und kam um den Schreibtisch. „Kannst du mir sagen, für wen dieses Etikett war und an welchem Tag?“
„Sieht aus, als wäre es für Sonntag, den 19. Oktober, gewesen. Die Codenummer des Auslieferers ist ALV0436. Nach der Adressenliste, den Start- und Haltepunkten würde ich sagen ...“ Als sie es erkannte, sah sie Nick mit großen Augen an. „Das ist die Route von Danny Alverez. An dem Sonntag, als er verschwand. Wo hast du das gefunden, Nick?“
68. KAPITEL
Wenn die Dunkelheit anbrach, kam sie rasch. Obwohl Timmy sich bemühte, gelassen zu bleiben, war die Aussicht auf eine lange, dunkle Nacht beängstigend.
Den ganzen Tag hatte er versucht, einen Fluchtplan zu entwickeln oder mindestens ein Notsignal zu geben. Das war nicht so einfach, wie es in Filmen immer aussah. Doch er konzentrierte sich und dachte an Batman, Luke Skywalker und an Han Solo, seinen Liebling.
Der fremde Mann hatte ihm Comics von Flash Gordon und Superman gebracht. Doch auch das Wissen dieser Superhelden brachte ihn nicht weiter. Schließlich war er nur ein kleiner Junge. Auf dem Fußballfeld hatte er immerhin gelernt, dass es Vorteile hatte, klein zu sein, da flitzte er einfach um die anderen herum. Vielleicht waren Kraft und Größe ja gar nicht das Entscheidende.
Es war schwierig nachzudenken, wenn die Ecken des Raumes allmählich dunkler wurden. Da in der Laterne nur noch wenig Kerosin war, musste er so lange wie möglich mit dem Anzünden warten. Doch ihm liefen vor Angst bereits kalte Schauer über den Rücken.
Vielleicht konnte er aus dem Kerosinofen etwas Brennstoff für die Lampe abzweigen. Windböen rappelten an den verbreiterten Fenstern und pfiffen durch die Ritzen. Ohne den Heizofen war er vielleicht schon vor dem Morgen erfroren. Nein, so ungern er es auch zugab: Er brauchte den Heizofen dringender als das Licht.
In Gedanken spielte er Szenen aus Krieg der Sterne durch und wiederholte laut Dialoge, um sich zu beschäftigen. Mehrmals drückte er das Feuerzeug, um sich zu bestätigen, dass er die Dunkelheit beherrschte, und ließ es kurz aufflammen. Die Dunkelheit war jedoch nicht sein einziger Feind. Die Stille war genauso beklemmend.
Den ganzen Tag hatte er auf Stimmen, Hundegebell, Motorengeräusche, Kirchenglocken oder Sirenen eines Einsatzwagens gehorcht. Außer dem entfernten Pfeifen eines Zuges und einem Jet am Himmel hatte er
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