Maggie O´Dell 02 - Das Grauen
Hund?“
„Dem Hund?“
„Wir fanden ihn mit einer Stichwunde ... verletzt unter dem Bett.“
Susan zuckte die Achseln. „Davon weiß ich nichts“, sagte sie, als könne man nicht von ihr erwarten, sie sei allwissend.
Das Handy in Maggies Jackentasche klingelte. Da sie zögerte, es zu nehmen, machte Susan mit ihrer zarten Hand eine Geste wie einen Flügelschlag und deutete damit an, sie solle den Anruf entgegennehmen. Während sie sich zurückzog, sagte sie: „Ich werde Sie nicht länger aufhalten. Ich wollte Sie nur informieren.“ Ehe Maggie etwas einwenden konnte, war sie schon draußen und ging beschwingt die Auffahrt hinunter. Das war eindeutig nicht mehr die nervöse, ängstliche Frau, die sie vor Tagen kennen gelernt hatte.
Maggie schloss rasch die Tür und nahm sich die Zeit, die Alarmanlage wieder zu aktivieren, während das Telefon weiter klingelte. Schließlich fischte sie es aus der Tasche. „Maggie O’Dell.“
„Mein Gott, endlich! Du brauchst ein besseres Handy, Maggie. Ich glaube, es muss schon wieder aufgeladen werden.“
Sofort kehrten die Verspannungen in Nacken und Schultern zurück. Gregs Begrüßungen klangen stets wie Schimpfkanonaden.
„Mein Telefon war abgeschaltet. Ich war außerhalb der Stadt. Du hast meine Nachricht erhalten?“ Sie kam sofort zur Sache, um weitere Schelte, weil sie nicht erreichbar gewesen war, im Keim zu ersticken.
„Du solltest dir endlich einen Auftragsdienst zulegen“, tadelte er noch. „Deine Mutter hat mich vor einigen Tagen angerufen. Sie hat nicht mal gewusst, dass du umgezogen bist. Um Himmels willen, Maggie, du könntest deine Mutter wenigstens informieren und ihr deine neue Telefonnummer geben.“
„Ich habe sie angerufen. Ist alles okay mit ihr?“
„Sie klang munter. Sie sagte, sie sei in Las Vegas.“
„Las Vegas?“ Ihre Mutter verließ Richmond praktisch nie. Und was für ein Reiseziel! Las Vegas war zweifellos der ideale Ort für eine selbstmordgefährdete Alkoholikerin.
„Sie sagte, sie sei mit einem Reverend Everett zusammen. Du musst besser auf sie aufpassen, Maggie. Sie ist deine Mutter.“
Maggie lehnte sich gegen die Wand und atmete tief durch. Greg hatte die Spannungen zwischen ihr und ihrer Mutter nie begriffen. Wie sollte er auch. Er entstammte einer Familie, die aussah wie aus einem Katalog der 50er Jahre.
„Greg, habe ich einen Karton bei dir in der Wohnung gelassen?“
„Nein, hier ist nichts. Dir ist schon klar, das so etwas nicht passiert wäre, wenn du United genommen hättest?“
Maggie überhörte das unausgesprochene: ,Ich hab’s dir ja gesagt‘. „Bist du sicher? Schau, es ist mir egal, ob du ihn geöffnet oder die Sachen durchgesehen hast.“
„Du solltest dich hören. Du misstraust jedem. Begreifst du nicht, was dieser gottverdammte Job aus dir macht?“
Sie massierte ihren verspannten Nacken. Warum machte Greg es ihr nur immer so schwer?
„Hast du im Keller nachgesehen?“ fragte sie, obwohl sie wusste, dass der Karton unmöglich dort sein konnte. Sie wollte Greg jedoch eine Brücke bauen, falls er ihn tatsächlich geöffnet hatte.
„Nein, da ist nichts. Was war denn drin? Eine deiner wertvollen Waffen? Kannst du nicht schlafen ohne alle drei oder vier oder wie viele du inzwischen hortest?“
„Ich habe zwei, Greg. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Agent eine Ersatzwaffe besitzt.“
„Richtig. Aber für mich ist das eine zu viel.“
„Würdest du mich einfach anrufen, wenn der Karton auftaucht?“
„Er ist nicht hier.“
„Okay, in Ordnung. Bye.“
„Melde dich bald bei deiner Mutter“, erwiderte er anstelle einer Verabschiedung.
Den Kopf gegen die Wand gelehnt, schloss sie die Augen und hoffte, das Pochen in Kopf, Nacken und Schultern zu dämpfen. Als die Türglocke läutete, griff sie nach ihrem Revolver, ehe sie sich dessen bewusst war. Großer Gott, Greg hatte vielleicht Recht. Sie war verrückt und paranoid.
Neben der Laterne in ihrer Zufahrt sah sie einen Van mit der Aufschrift Rileys Tierklinik . Vor der Tür stand ein Mann imweißen Overall mit Baseballkappe. Neben ihm saß geduldig mit blauem Halsband und Leine ein weißer Labrador Retriever. Obwohl er keine Verbände mehr um Brust und Schulter trug, erkannte sie ihn als den Hund, den sie aus dem Haus der Endicotts gerettet hatte. Trotzdem musterte sie den Mann genauer, um sicherzugehen, dass es kein getarnter Stucky war. Nein, er war zu klein.
„Die Endicotts leben ein Stück weiter unten an der Straße“,
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