Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele
Unscharfe, durch die zerborstene Scheibe aufgenommen. Garrison war zufällig in Frankreich. Und eines seiner Bilder vom Bombenattentat in Oklahoma City war auf der Titelseite der Time. Der Tote, der aus dem Ruinenberg herausragt. Man erkennt den Körper gar nicht, bis man genau hinsieht, und dann starren einen die Augen direkt an.“
„Klingt, als fasziniere ihn das Fotografieren des Todes.“ Maggie nahm ein weiteres Foto von Ginny Brier auf und studierte die entsetzt blickenden Augen. „Wissen Sie etwas über sein Privatleben?“
Racine warf ihr einen argwöhnischen, angewiderten Blick zu, der Maggie sagte, dass es die falsche Frage gewesen war. Trotzdem antwortete sie: „Wir sind uns mehrfach über den Weg gelaufen, aber außerhalb des Beruflichen weiß ich nur, was ich gehört habe.“
„Und was haben Sie gehört?“
„Er war wohl nie verheiratet. Er ist in der Gegend hier aufgewachsen, irgendwo in Virginia. Ach ja, und jemand sagte, seine Mom sei kürzlich gestorben.“
„Was meinen Sie mit: Jemand sagte. Woher wusste es dieser Jemand?“
„Keine Ahnung.“ Racine verengte die Augen und versuchte sich zu erinnern. „Warten Sie eine Minute. Ich glaube, Wenhoff hat das gesagt. Als wir am FDR-Tatort auf Sie gewartet haben und Garrison gerade gegangen war. Keine Ahnung, woher Wenhoff das wusste. Vielleicht irgendwie durch das Büro des Gerichtsmediziners. Ich erinnere mich nur an seine Bemerkung, man könne kaum glauben, dass jemand wie Garrison überhaupt eine Mutter gehabt habe und dass sie vor kurzem gestorben sei. Warum fragen Sie? Halten Sie das für wichtig? Glauben Sie, dass er deshalb plötzlich so rücksichtslos und begierig ist, wieder berühmt zu werden?“
„Ich habe keine Ahnung.“ Doch Maggie dachte unwillkürlich an ihre eigene Mutter. In welcher Gefahr schwebte sie allein auf Grund der Tatsache, dass sie zu Everetts Gruppe gehörte? Und wie konnte sie Kathleen von einer möglichen Gefahr überzeugen? „Stehen Sie Ihrer Mutter nahe, Racine?“
Racine sah sie an, als sei das eine Fangfrage. Erst da erkannte Maggie, dass sie weder fair noch professionell gewesen war. „Tut mir Leid, ich wollte nicht persönlich werden“, entschuldigte sie sich, ehe Racine antworten konnte. „Ich denke nur in letzter Zeit viel an meine Mutter.“
„Die Frage stört mich nicht“, erwiderte Racine und wirkte entspannt und gelassen bei dem Thema, auch als sie hinzufügte: „Meine Mutter starb, als ich noch ein Kind war.“
„Tut mir Leid, Racine.“
„Ist schon okay. Das Schlimme ist nur, dass ich wenig Erinnerung an sie habe.“ Sie blätterte die Tatortfotos durch, und Maggie fragte sich, ob ihr das Thema doch nicht so angenehm war, wie sie tat. Hände und Augen schienen sich mit irgendetwas beschäftigen zu müssen. Trotzdem fügte sie hinzu: „Mein Dad erzählt mir dauernd Geschichten von ihr. Ich sehe wohl genauso aus wie sie in meinem Alter. Ich werde diese Geschichten in Erinnerung behalten müssen, denn Dad beginnt einiges zu vergessen.“ Maggie wartete, da Racine noch nicht fertig zu sein schien. Racine blickte auf und fügte hinzu: „Er vergisst in letzter Zeit viel.“
„Alzheimer?“
„Im Frühstadium, ja.“ Sie wandte wieder den Blick ab, doch Maggie hatte die Verwundbarkeit im Mienenspiel des zähen Detectives mit der kessen Lippe entdeckt. Dann sortierte sie weiter Garrisons Bilder und fragte: „Was machen wir mit Everett und seiner Jungenbande?“
„Reichen die Fotos für einen Haftbefehl?“
„Für diesen Brandon allemal. Wir haben die Fotos und eine Augenzeugin, die ihn und Ginny Brier Stunden vor dem Mord zusammen gesehen hat.“
„Wenn wir DNA-Proben nehmen, wette ich, sie stimmen mit denen des Spermas überein.“
„Wir müssen den Haftbefehl im Lager aushändigen“, sagte Racine. „Und wir wissen nicht, in was wir da hineingeraten.“
„Rufen Sie Cunningham an. Er weiß, was zu tun ist. Wir brauchen wahrscheinlich das HRT, das Geiselrettungsteam.“ Bei den Worten dachte Maggie an Delaney. „Hoffentlich wird die Sache nicht blutig. Was glauben Sie, wie lange es dauert, einen Haftbefehl zu bekommen?“
„Für den Verdächtigen im Mordfall der Senatorentochter?“ Racine lächelte. „Ich denke, den haben wir vor Ende des Tages.“
„Ich muss rasch nach Richmond fahren, aber ich bin bald zurück.“
„Ganza will dringend mit Ihnen reden. Er hat vorhin eine Nachricht hinterlassen.“
„Haben Sie eine Ahnung, worum es geht?“ Maggie war schon auf
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