Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele
spürbare Anstrengung für sie, die Worte ohne Bewegung und ohne zu schlucken hervorzubringen, doch es gelang ihr, ohne den Anflug von Angst zu zeigen.
Tully fragte sich unwillkürlich, ob sie schon einmal in so einer Situation gewesen war.
„Nein, ich will Ihnen nicht wehtun“, antwortete Eric. Doch ehe sie sich entspannten, fügte er hinzu: „Ich muss Sie töten.“
Aus den Augenwinkeln bemerkte Tully Morrelli das Gewicht verlagern und hoffte inständig, dass er keine Dummheit vorhatte. Er sah wieder zu Dr. Patterson und bemühte sich, ihren Blick aufzufangen. Als es gelang, nickte er ihr leicht zu und hoffte, sie verstand. Sie beobachtete sein Gesicht und ließ den Blick dann langsam seinen Arm hinunter zum Finger am Abzug wandern.
„Eric“, Morrelli hatte sich entschlossen, es noch einmal zu versuchen, „bisher gibt es keine Anklage wegen Mordes gegen dich, sondern nur wegen Waffenbesitzes. Du willst das nicht tun. Dr. Patterson will dir nur helfen. Sie ist nicht hier, um dir zu schaden.“
Tully konzentrierte sich ruhig auf sein Ziel. Der Finger am Abzug wollte drücken. Er wartete und prüfte noch einmal Dr. Patersons Griff in den orangeroten Ärmel.
„Sie ist Satan!“ flüsterte Eric. „Sieht das denn keiner? Vater Joseph hat sie geschickt.“ Er fasste den Bleistift neu, durchstach die Haut, und ein Blutstropfen kam. „Sie ist hier, um mich zu töten. Ich muss sie zuerst töten.“
Tully hörte, dass Burt seine Waffe entsicherte. Scheiße! Er konnte dem Wachmann kein Zeichen geben, da Morrelli zwischen ihnen stand. Doch er hatte wieder Blickkontakt mit Dr. Patterson. Sie war bereits über Angst hinaus. Wieder nickte er ihr leicht zu.
„Ich muss sie töten“, wiederholte Eric, und etwas in seiner Stimme überzeugte Tully, dass er es ernst meinte. „Ich muss sie töten, bevor sie mich tötet. Ich muss, ich habe keine Wahl! Es heißt töten oder getötet werden! Und ich will nicht sterben!“
Tully sah, wie sie die Finger fester in den orangeroten Ärmel krallte. Gut. Sie fasste besser zu. Er beobachtete ihre Finger, während er, die Glock im Anschlag, weiter zielte. Plötzlich riss sie den Ärmel hart nach unten. Pratt ließ ihr Haar nicht los, doch durch die Armbewegung wurde ihr Kopf nach unten gezogen, fort vom Bleistift. Tully verlor keine Zeit. Er drückte ab und traf Pratts linke Schulter. Der Junge öffnete die Hand, der Bleistift fiel zu Boden. Dr. Patterson rammte ihm einen Ellbogen in die Brust, und er ließ auch ihr Haar los. Sie kroch auf Händen und Knien davon. In Sekunden war Burt auf Pratt und presste sein Gesicht zu Boden. Der zornige Wachmann drückte einen großen schwarzen Stiefel auf Pratts blutende Schulter und die Waffe an die Schläfe des Jungen.
„Immer langsam, Burt.“ Morrelli trat neben den Wachmann und rief ihn zur Ordnung.
Tully zögerte, ehe er zu Dr. Patterson ging. Sie war noch auf den Knien und saß auf ihren Hacken, als warte sie auf die Kraft, sich zu erheben. Er kniete sich vor sie, doch sie wich seinem Blick aus. Er berührte ihre Wange, nahm ihr Kinn in die Hand und hob es sacht an, um ihren Hals besser begutachten zu können. Sie gestattete ihm die Überprüfung, beobachtete seine Augen und umfasste seinen Arm, als wolle sie ihn nie mehr loslassen.
Er wischte die Blutstropfen ab. Die Spitze hatte nur gerade die Haut geritzt.
„Sie werden einen schönen blauen Fleck bekommen, Doc.“ Er sah ihr in die Augen und merkte, dass sie die überstandene Angst bereits verarbeitete oder es jedenfalls versuchte.
„Wir sollten Sie in die Notaufnahme bringen“, sagte Morrelli von hinten.
„Mir geht es gut“, versicherte sie ihm, während sie Tully ein rasches, angestrengtes Lächeln zuwarf, zurückwich und die Hand von seinem Arm nahm. Sie ließ sich jedoch beim Aufstehen helfen, bis sie auf den nackten Füßen stand. Irgendwann hatte sie bei dem Gerangel ihre Schuhe verloren.
„Sie ist Satan, sie ist der Antichrist! Vater Joseph hat sie geschickt, um mich zu töten!“ schrie Eric Pratt immer wieder. „Warum seht ihr das denn nicht?“
„Schaffen Sie ihn hier raus“, sagte Morrelli zu Burt, der den Jungen hochriss und vor sich herschob und noch ein wenig stieß, als der wieder etwas sagen wollte.
Tully hob den Klappstuhl auf und brachte ihn Dr. Patterson. Sie winkte ab, sah sich um und suchte ihre Schuhe. Tully entdeckte einen und kroch unter den Tisch. Als er wieder aufstand, war Morrelli auf ein Knie hinuntergegangen und zog der guten Dr.
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