Magic Cottage

Leute wären sehr enttäuscht darüber, besonders deine jüngeren Fans.«
    »Ganz zu schweigen von deinem freundlichen Bankdirektor, Gott segne ihn«, fiel Bob ein und setzte sich absichtlich sehr dicht neben Val, so daß sie mit ihrem dicken Hinterteil ein wenig wegrücken mußte. »Okay, ich geh' davon aus, daß wir heute abend auch noch was zu essen kriegen, nicht wahr, oder muß da erst die Band Aid noch 'ne Platte machen? Ah, und ich sehe, der Alkoholnachschub rollt zäh wie Leim.« Und damit wackelte er mit seinem fast leeren Glas in meine Richtung.
    Bei derart katastrophalen Freunden wie Bob konnte ein richtiger Feind nur angenehm sein. Aber ich wußte, wie ich ihn zu nehmen hatte; Bob war eine alte Gewohnheit, sozusagen, und alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen, richtig? Außerdem war mir klar, daß er sich nicht zuletzt wegen Val so aufführte: Er ärgerte jeden, den er nicht richtig zu nehmen wußte.
    Kiwi versuchte ihn mit einem entrüsteten »Psst!« zu bremsen und strich ihre blonden Haare hinter ein Ohr zurück. »Manch-man sind deine Manieren einfach peinlich«, schimpfte sie und setzte sich dann trotzdem zu seinen Füßen auf den Boden.
    »Es ist meine Ungeschliffenheit, die mich so liebenswert macht, hab' ich recht, Mike?«
    Ich nahm ihm das Glas ab. »Yeah, absolut. Dasselbe nochmal?«
    »Den Wodka etwas stärker, diesmal. Ich gedenke heute nicht mehr zu fahren.«
    »Macht das einen Unterschied?«
    Er beugte sich vor, schmiegte sich an seine Freundin und lächelte mit geschlossenen Lippen; sehr selbstgefällig, wie die Katze, die nicht nur den Rahm bekommen hatte, sondern außerdem sehr genau wußte, wo es noch mehr davon zu holen gab.
    Ich sandte ihm eine telepathische Botschaft: Bob, altes Haus, benimm dich heute abend, laß mich nicht hängen.
    Und genaugenommen ließ er mich wirklich nicht hängen. Das, was später passierte, war nur teilweise seine Schuld.
    Das Dinner war ein großer Erfolg.
    Je mehr Wein konsumiert wurde, desto mehr floß die Unterhaltung. Bob und Val bekamen recht bald das richtige Maß füreinander, so daß die Seitenhiebe und schlagfertigen Erwiderungen im Lauf des Abends humorvoller und immer weniger antagonistisch wurden. Salate waren noch nie mein Lieblingsfutter gewesen, aber da Midges Agentin strenge Vegetarierin war, mußte sich das Menü für alle Beteiligten eignen, außerdem gab es für uns Fleischfresser genügend Schinken und kalten Braten.
    Wir saßen um den Küchentisch, und die Haustür war weit geöffnet, um nur ja jeden auch noch so geringen Lufthauch einzulassen. Kiwi erwies sich als wesentlich klüger, als sie aussah, (nebenbei gesagt, weigerte sie sich ernsthaft, zu enthüllen, wie sie zu ihrem Spitznamen gekommen war, aber Bob deutete gewichtig und ein wenig lasziv an, daß es irgend etwas mit Stiefel-politur zu tun hatte) und erzählte bald ohne Hemmungen von ihrer Vergangenheit als Rockband-Groupie.
    Mehr als einmal ertappte ich mich beim Abendessen dabei, wie ich Midge beobachtete; der Kerzenschein verwandelte ihr Elfengesicht in das einer Prinzessin, ihre Rehaugen funkelten und waren doch weich und von einer Schönheit, die von tief innen kam. Anzunehmen, daß der Wein mein Urteil bis zu einem gewissen Grad beeinflußte, aber das Gefühl war nichts Neues: Dieser Wesenszug hatte mich schon oft bewegt, und das in nüchternsten Augenblicken. Gut möglich, daß ich sie wirklich auf eine Art Podest stellte (und damit war ich nicht allein), aber ich kannte sie lange genug, ich hätte es gemerkt, wenn es da irgendwelche Risse gegeben hätte. Es gab keine; und es hatte nie welche gegeben. Halten Sie mich nicht für einen vernarrten Idioten: Ich war mir ihrer kleinen Fehler und Schwächen ziemlich bewußt — und sie machten sie nur verwundbarer, menschlicher. Sagen wir es so: Sie brachten einen gewissen Realismus in den Traum ein; sie machten sie mir zugänglicher. Und einer der Hauptgründe, die mich so eng an sie banden, war der, daß sie den guten Kern in mir sah; das machte mich irgendwie freier — ich konnte meine Gefühle leichter offenlegen. Nennen Sie mich einen romantischen Narren.
    Auch in anderer Hinsicht war ich an diesem Abend ein Narr, denn Bob, der Mann mit der starken Blase, war im Lauf des Abendessens häufig nach oben, ins Badezimmer, verschwunden, und ich bemerkte erst ziemlich spät, daß er nach der Rückkehr jedesmal auf etwas herumkaute. Viel zu spät wurde mir klar, warum er selbst über die dämlichsten Bemerkungen kicherte;