Magic Girls 04 - Gefangen in der Unterwelt
oder sogar im Tapetenmuster einschließt. Wenn so etwas geschehen ist, muss man warten, bis sich jemand erbarmt und einen aus der misslichen Lage befreit. Man kann daher nicht vorsichtig genug sein, wenn man in der Magie noch nicht besonders erfahren ist!!
Die meisten Arten des Verhexens können rückgängig gemacht werden, doch dazu braucht man einige Erfahrung.
Die Magie für den Rückzauber darf weder schwächer noch stärker als der ursprüngliche Zauber sein. Das erfordert großes magisches Fingerspitzengefühl. Rückzauber ist nichts für Anfänger! Versucht ein unerfahrener Magier beispielsweise, jemanden aus einem Bild zu befreien, kann es passieren, dass beide eingeschlossen werden. Oder es ist möglich, dass der Eingeschlossene zwar befreit wird, aber mit dem Bilderrahmen, der an seinem Kopf festgewachsen ist, herumlaufen muss.
Mafaldus Horus hielt Mirandas Handgelenk umklammert und zog das Mädchen mit sich. Es war ein fester Griff, der jede Flucht unmöglich machte. Aber wie hätte Miranda auch fliehen können? Zwischen ihr und der Welt der Lebenden lag dieser unheimliche Fluss mit seinem dunklen, träge dahinfließenden Wasser. Vielleicht sollte sie
Metamorphose
anwenden und sich in einen Vogel verwandeln … Aber das traute sie sich nicht zu. Sie wusste nicht, ob ihre Magie an diesem Ort überhaupt funktionierte. Am Ende verwandelte sie sich in eine flügellahme Eule, die dann ins Wasser klatschte und ertrank.
»Wie lange sind wir noch unterwegs?«, fragte Miranda bang.
»Wir sind gleich da«, antwortete Mafaldus ungeduldig. »Der Meister der Dunkelheit erwartet uns schon.«
»Ich kann nicht mehr«, stöhnte Miranda. Sie riss sich los, blieb stehen und rieb sich das schmerzende Handgelenk. »Ich will zurück, ich habe hier nichts verloren.«
»Oh doch, meine Liebe. Der Meister der Dunkelheit ist der Herrscher der Unterwelt und wird sich über deine Anwesenheit sehr freuen. Er begrüßt jeden Neuzugang persönlich und entscheidet über seine Zukunft.«
»Zukunft?«, wiederholte Miranda. »Was denn für eine Zukunft? Wenn ich Euch richtig verstanden habe, dann sind wir hier im Reich der Toten. Wie kann es da noch eine Zukunft geben?« Ihre Stimme schwankte. Sie musste sich sehr zusammennehmen, um nicht loszuheulen. Das war alles so schrecklich. Sie malte sich aus, dass sie eine Ewigkeit hier in diesem finsteren Reich verbringen würde. Nie wieder würde sie das Tageslicht sehen, nie wieder den blauen Himmel, nie wieder blühende Wiesen … Sie schluckte heftig.
»Der Meister der Dunkelheit bestimmt, ob du hierbleibst oder in den Tartaros kommst. Ich kann dir jetzt schon sagen, dass der Tartaros noch viel schlimmer ist als das, was du gerade siehst. Es ist der schrecklichste Ort, den man sich vorstellen kann – und wer einmal dort gelandet ist, für den gibt es kein Entrinnen mehr. Es ist die Hölle – buchstäblich.« Er grinste Miranda an. »Du hast bestimmt gedacht, dass die Hölle nur erfunden wurde, um kleine Kinder zu erschrecken? Aber es gibt sie wirklich, das versichere ich dir.«
Miranda fühlte, wie riesige Wut in ihr hochstieg. Ihr Überlebensinstinkt erwachte, und die Vorstellung einer wahren Hölle ließ sie zusammenzucken. »Was habe ich getan, dass ich so etwas verdiene?«, fauchte sie verstört. »Ich bin eine gute Hexe. Ich habe mich nie mit schwarzer Magie beschäftigt und bin auch kein Mitglied der
Schwarzen Zauberkutten
wie Ihr.«
»Hör auf zu jammern!«, befahl Mafaldus. »Dein großer Fehler war, dass du im Weg warst, als die
Zauberkutten
mich befreien wollten – deswegen bist du jetzt hier! Und nun weiter!« Er packte Miranda am Arm.
Miranda stolperte vorwärts. Sie konnte nicht fassen, was Mafaldus mit ihr vorhatte. Fieberhaft überlegte sie, ob es nicht doch einen Zauberspruch gab, mit dem sie Mafaldus’ Plan vereiteln konnte. Oder wenigstens einen Spruch, mit dem sie ihn ein paar Sekunden lang aufhalten konnte. Sie war jedenfalls nicht gewillt, sich wehrlos in ihr Schicksal zu fügen.
Der Weg wurde breiter. Noch immer folgten sie dem Fluss. Miranda hatte den Eindruck, dass sie von allen Seiten beobachtet wurde, obwohl die Unterwelt noch immer verlassen wirkte. Unsichtbare Augen ruhten auf ihr. Sie fühlte, dass sich Kreaturen im Wurzelwerk und in den Wänden verborgen hielten – stumme Beobachter, die dem Meister der Dunkelheit Bericht erstatten würden …
Manchmal, wenn Miranda schnell genug war, konnte sie ein kurzes Glänzen in der Dunkelheit
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