Magic Girls 06 - Späte Rache
solle mir zunächst eine solide Basis schaffen.«
»Eine sehr vernünftige Einstellung«, lobte Mafaldus den jungen Magier. »Nichts ist gefährlicher, als zu schnell zu viel erreichen zu wollen. Ich kenne etliche Zauberer, die dafür |104| bezahlen mussten, weil sie den heraufbeschworenen Dämonen nicht gewachsen waren.«
Wieder spürte Eusebius eine Gänsehaut.
»Du scheinst ein sehr besonnener junger Mann zu sein«, fuhr Mafaldus fort. »Ich bin froh, dass du mein Begleiter bist. Theobaldus hat nicht zu viel versprochen, als er dich mir vorschlug.« Er machte eine kleine Pause. »Du wolltest wissen, wonach ich suche. Nun, ich will es dir sagen: Ich bin hinter einem sehr gefährlichen Buch her.« Seine Stimme war rau. »Hast du schon einmal vom
Namenlosen schwarzen Zauberbuch
gehört?«
Das Namenlose schwarze Zauberbuch
. Eusebius stockte der Atem. Natürlich hatte er schon davon gehört, mehrmals sogar. An der
Magischen Universität
hatte man hinter vorgehaltener Hand über dieses Buch geredet und sich gefragt, ob es wirklich existierte oder ob es nur ein Mythos war. Und auch sein Onkel hatte einmal mit einem Besucher darüber gesprochen, flüsternd, ohne zu merken, dass Eusebius alles mithörte. Das
Namenlose schwarze Zauberbuch
war das Buch der Bücher, das mächtigste schwarzmagische Zauberbuch, das es in der Hexenwelt gab. Es existierte nur noch ein einziges Exemplar. Viele Zauberer hatten versucht, es zu vernichten, doch es war keinem gelungen. Das Buch enthielt die gefährlichsten und mächtigsten Zaubersprüche, die jemals erdacht worden waren.
»Oh«, rutschte es Eusebius heraus. Er biss die Zähne zusammen, um nicht auszusprechen, was er gerade dachte.
Dieses mächtige Buch in Mafaldus’ Händen – das war eine fürchterliche, ja bedrohliche Vorstellung!
|105|
M iranda saß auf dem Bettrand. Es war stockdunkel im Zimmer, aber sie machte kein Licht. Sie hatte Eusebius’ Ring über ihren Finger gestreift und berührte immer wieder den roten Stein. Eusebius hatte ja gesagt, dass das Juwel glühen würde, sobald er an Miranda dachte.
Doch da war kein Glühen, nichts. In der Dunkelheit hätte Miranda selbst das klitzekleinste Leuchten an ihrem Finger bemerken müssen.
Ihre Enttäuschung war riesengroß.
Er hatte sie vergessen. Sie war ihm wohl doch nicht so wichtig.
Eine Träne tropfte auf Mirandas Hand. Sie fühlte sich warm und feucht an. Miranda biss sich auf die Lippe. Sie wollte nicht weinen. Aber der Kummer schnürte ihr den Brustkorb zusammen.
Sie bewegte die Hand mit dem Ring. Eusebius hatte noch kein einziges Mal an sie gedacht, seit er fort war. Gut – Miranda hatte nicht ständig auf den Ring geschaut, das ging ja gar nicht. Aber oft genug. Und nie hatte der Stein geleuchtet!
»Und ich denke so oft an ihn«, murmelte sie in die Dunkelheit hinein. »Fast dauernd. Ich kann gar nicht anders. Selbst |106| in der Schule. Dabei sollte ich mich auf Mathe konzentrieren oder auf Englisch. Ach!«
Sie vermisste Eusebius so sehr, dabei waren erst ein paar Tage vergangen, seit er sie besucht hatte. Aber wenn man jemanden mochte, wollte man ja so viel Zeit wie möglich mit demjenigen verbringen. Obwohl ... das konnte als Klammern ausgelegt werden, und manche Jungs konnten Klammern absolut nicht ausstehen.
»Eusebius ist anders«, flüsterte sie und verscheuchte die Zweifel, die gerade noch an ihr genagt hatten. »Er liebt mich doch genauso wie ich ihn. Oder?«
Oder?
Das Wort schien wie ein großes Fragezeichen durch das Zimmer zu schweben.
»Okay.« Miranda holte tief Luft, dann beugte sie sich über den Ring und küsste den Stein. Lange berührten ihre Lippen das Juwel, voller Zärtlichkeit und Sehnsucht. Als sie den Kopf hob, spürte sie, wie ihr Gesicht glühte. Eigentlich hatte sie das nicht tun wollen. Ihrem Gefühl nach hätte Eusebius den ersten Schritt machen sollen. Aber sie hielt es einfach nicht mehr länger aus.
Mindestens zehn Sekunden lang hielt sie die Augen geschlossen und zwang sich, nicht auf ihre Hand zu schauen. Dann öffnete sie langsam die Lider.
Wenn er jetzt noch immer nicht an mich denkt ... dann weiß ich nicht ...
Vorsichtig, fast ängstlich wandte sie den Blick nach unten.
Das Juwel leuchtete in einem warmen Rot und Miranda fiel ein Stein vom Herzen.
»Eusebius«, sagte sie leise. »Ich wünschte, du wärst hier und ich könnte mir dir reden. Vielleicht könntest du mir einen Rat geben, was Nele angeht. Ich weiß nicht, ob es richtig ist, wenn ich mich in
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