Magical Village 1 Zimt und Zauber
schwindlig. Sie kannte einige von diesen Leuten. Sie waren seit Jahren miteinander befreundet und hatten doch bestimmt alle noch einen Vollzeitjob. Sie hoben die Köpfe und lächelten sie freundlich an.
»Du hast nicht lange gebraucht, um die gemütliche Ecke ausfindig zu machen, was?« Mick Thornton grinste. »Ich habe gehört, du bist erst gestern pensioniert worden.«
»Aber …« Mitzi war perplex. »Du arbeitest doch sicher immer noch bei der Versicherung? Und June ist in der Buchhaltung von Boseleys, und Sally -«
»Wir wurden alle in den letzten Monaten gekündigt«, antwortete June Barlow traurig. »Genau wie du. Und wahrscheinlich aus den gleichen Gründen – entweder durch jüngere Mitarbeiter ersetzt, die für weniger Geld die Arbeit von dreien machen, oder durch Computer oder Callcenter in Indien.«
»Wobei man nicht weiß, was schlimmer ist«, seufzte Mick Thornton. »Sie verkaufen es einem natürlich als notwendigen Personalabbau, aber es tut trotzdem weh.«
Mitzi lehnte die Aufforderung des Filzhutmanns ab, den Platz der jüngst verstorbenen Mildred einzunehmen, und sah mit einem immer mulmiger werdenden Gefühl auf die Sitzenden herab. »Und seid ihr jeden Tag hier?«
»Nein, natürlich nicht.« Eine schmalgesichtige Frau rückte ihre Gleitsichtbrille zurecht und faltete den Daily Star sorgfältig zusammen. »Sonntags nicht. Sonntags ist die Bücherei geschlossen. Sonntags mache ich meine Hausarbeit.«
Sally Carey zuckte die Achseln. »Du wirst bald merken, dass die Tage endlos scheinen, wenn du in unser Alter kommst, Mitzi, und keinen Beruf mehr hast. Dinge wie Abstauben, Staubsaugen und Bügeln füllen dich nicht aus, und es gibt keine Jobs für Leute über fünfundvierzig – es sei denn, du willst zu B&Q in Winterbrook gehen, und die haben eine dreijährige Warteliste. Du kannst nicht den ganzen Tag damit zubringen, dich in Patsy’s Pantry an einer Tasse Tee festzuhalten.«
»Und ein paar Bier im Faery Glen sind bald auch kein Vergnügen
mehr, sondern werden zur reinen Routine«, ergänzte Mick nickend.
Mitzi atmete aus. »Aber wenn es etwas anderes gäbe, wo ihr hingehen könntet, oder etwas anderes zu tun, würdet ihr dann mitmachen?«
»Natürlich«, versicherte June energisch. »Aber es gibt nichts. Seit den Haushaltskürzungen gibt es keine Abendkurse mehr, nicht einmal in Winterbrook. Es gibt überhaupt nichts mehr. Es sei denn, man zählt den Frauenverein mit, aber das ist auch nur einmal die Woche und nützt den Männern nichts … deshalb treffen wir uns hier und -«
»Warten auf den Tod?« Mitzi war entsetzt. »Aber es muss doch noch mehr für den Rest unseres Lebens geben als das? Was ist mit ehrenamtlicher Arbeit? Oder, na ja, ich weiß nicht – aber irgendetwas muss es doch geben.«
Der Filzhutmann legte die Sun beiseite und kniff die Augen zusammen. »Sind Sie etwa eine kleine Aufwieglerin, junge Frau? Ich hätte Ihnen Mildreds Platz nicht angeboten, wenn ich gewusst hätte, dass Sie hier Unruhe stiften wollen.«
»Ich will keine Unruhe stiften«, gab Mitzi barsch zurück. »Aber es muss ja wohl noch mehr Leute unseres Alters geben, die hier in Hazy Hassocks herumhängen und versauern. Dagegen können wir doch bestimmt etwas tun?«
Alle sahen sie erwartungsvoll an. Innerlich jaulte sie angesichts der geballten Sinnlosigkeit regelrecht auf. Waren sie wirklich alle schon dermaßen abgestumpft und entmutigt? Diese Menschen, die allesamt verantwortungsvolle Posten bekleidet hatten und wichtige Mitglieder der Gesellschaft gewesen waren? Diese Menschen, die doch eigentlich noch jung waren? Und erwarteten sie etwa, so wie sie sie ansahen – um Gottes willen -, die Rettung von ihr?
»Ich kann euch nicht helfen … ich weiß ja selbst nicht …«, stammelte sie kopfschüttelnd. »Nein, was ich eigentlich meine, ist, dass wir uns selbst helfen müssen. Ich bin hierhergekommen, um herauszufinden, was im Ort so angeboten wird. Gruppen, Vereine, Beschäftigungen für tagsüber. Vielleicht, wie gesagt, sogar ehrenamtliche Tätigkeiten – aber es scheint ja rein gar nichts zu geben.«
»Junge Mädchen wie deine Lu haben sich sogar noch die mies bezahlten Jobs in den Secondhandshops geschnappt«, klagte June. »Ich habe mich schon vor Monaten bei Oxfam beworben und bin bereit, praktisch umsonst zu arbeiten, nur um aus dem Haus zu kommen. Es gibt auch keine Gruppen oder irgendetwas in der Art. Ich würde zum Beispiel gern richtig tanzen lernen, weißt du …«
»Mein Bruder in
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