Magical Village 2 Sonne, Mond und Liebeszauber
zur Arbeit geht – ich meine … Entschuldigung, ich wollte nichts Falsches sagen.«
»Ist schon okay. Mach dir keine Sorgen, was politisch korrekt wäre und so.« Lewis lächelte. »Tu ich auch nicht. Er arbeitet Teilzeit, unter Anleitung natürlich, aber Jem ist ein Tüftler und hat gelernt, ganz tolle Laubsägearbeiten zu machen … Also – und was willst du sonst noch wissen?«
Amber verschluckte sich fast an ihrem Wein. Zu viel … bei Weitem viel zu viel.
»Über den Sternenkram?«
»Über den Sternenkram«, bestätigte Lewis. »Fragen zu meinem Privatleben beantworte ich nicht.«
Mist.
»Alles, denke ich mal. Ich weiß ja, dass es zur Tradition dieses Dorfes gehört und dass das Leben hier ganz anders ist als … ich meine, ich hab sogar Briefe geschrieben, anstatt zu telefonieren, kannst du dir das vorstellen? Und ich habe nicht ein Hochglanzmagazin gekauft, seit ich hier bin, ganz zu schweigen von Shopping und Diskobesuchen … aber den Himmel anzubeten kommt mir einfach so, na ja, so abwegig vor.«
»Wieso? Ländliche Gemeinden haben doch jahrhundertelang nach den Rhythmen der Natur gelebt. Die Mysterien des Jahreszeitenwechsels haben ihre religiösen Zeremonien beeinflusst, und da der Mond und die Sterne den gleichen Wandel vollziehen, wurden sie als Himmel und Erde beherrschende Götter angesehen. Weil es keine Erklärung dafür gab, hielt man es für Magie – und einiges davon hat sich eben bis heute gehalten. Ganz einfach.«
Amber lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Sie interessierte sich im Grunde nicht sonderlich für den geschichtlichen Hintergrund; sie wollte nur hier sitzen, ihn ansehen und seine Stimme hören. »Ähm, gut – und ja, selbst wir in der zivilisierten Welt wissen, dass es Pech bringt, durch Glas den Neumond anzusehen und bei Vollmond sein Geld umzudrehen und sich beim ersten Stern am Himmel etwas zu wünschen – aber das ist doch nur Aberglaube wie Wünschelruten und vierblättrige Kleeblätter und solche Sachen. Mehr ein Spaß …«
»Und so ist es noch.« Lewis lächelte versonnen. »Eigentlich ist heutzutage alles nur ein Spaß. Aber in Wahrheit besteht einiges an alter Magie noch fort. Es gibt Dinge, die sich nach wie vor rational nicht erklären lassen. Komm mit.«
Er stand auf. Amber runzelte die Stirn. War’s das schon? Fünf Minuten, mehr nicht?
»Ich zeig dir den Himmel«, sagte Lewis. »Ich weiß, dass du den Himmel schon mal gesehen hast, aber das ist etwas anderes. Nimm dein Getränk mit, vielleicht brauchst du es noch.«
Sie lächelte und folgte ihm ins Freie.
Draußen war es fast schon finster, aber dennoch warm, und in der Luft hingen sinnliche Düfte von Geißblatt und Jasmin und nicht sichtbaren Rosen.
Die Biergartentische vor dem Pub waren alle besetzt und Lewis überquerte die Straße zum Dorfanger. Paare saßen am Bach, die Hundespaziergänger waren scharenweise unterwegs, und unter der alten Brücke erklang das Kreischen und Lachen von Jugendlichen.
Der Himmel, der hier um so vieles weiter wirkte als in der Stadt, war dunkel und klar und von Sternen übersät.
»Kennst du irgendwelche Sternbilder? Den Wagen? Den Bären? Den Polarstern?«
Amber nickte. »Ich bin kein Profi-Astronom wie Patrick Moore, aber ja, diese Begriffe sind mir alle geläufig.«
»Na schön, also die wichtigsten Himmelsfeiern bei uns in Fiddlesticks – zumindest während der Sommermonate – gelten St. Bedric, Kassiopeia, dem Pflug im Großen Bären und dem Erntemond. Kassiopeia ist dort drüben …«
»Ach ja – richtig …« Amber hielt den Atem an. Als er nach oben zeigte, war er ihr sehr, sehr nahe.
»Und der Pflug – da drüben. Siehst du ihn?«
Gehorsam folgte sie seinem Finger zum nächsten Sternbild.
»Hmm, ja, den erkenne ich jetzt. Als kleines Mädchen fand ich immer, er sähe aus wie ein Hund. Ich hab ihn immer Trixie genannt.«
Lewis lächelte sie an. »Solche Anekdoten würd’ ich besser für mich behalten, wenn ich du wäre. Klingt mir doch ein bisschen ketzerisch. Natürlich gibt es Milliarden von Sternen, Millionen von Konstellationen, aber das soll hier ja keine Astronomie-Vorlesung sein. Es geht nur um die Bräuche in Fiddlesticks.«
Amber nickte. Sie wollte, dass er ihr jedes einzelne Sternbild erklärte. In allen Einzelheiten. Hauptsache, er bliebe so lange
wie irgend möglich neben ihr stehen, so nahe, dass sie sich fast berührten.
Er rückte von ihr ab.
»Und dann ist da noch die Erntemondfeier – damit kämen wir zum
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