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Magical

Magical

Titel: Magical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Flinn
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dass ich nicht mit ihr und gleichzeitig mit Courtneys Gruppe befreundet sein konnte.
    »Das ist wirklich romantisch.« Die Violinen wurden noch höher. »Aber die Musik ist irgendwie unheimlich.«
    »Oh, das liegt daran, dass das der Teil ist, in dem Hector träumt, dass er Harriet ermordet hätte. Und dass er sterben und ein Hexenzirkel auf seinem Grab tanzen würde.«
    Bevor ich mir eine passende Antwort überlegen konnte, sagte Miss Hakes: »Wir fangen jetzt mit dem Vorsingen für das Solo im Laudate Dominum an.« Sie redete weiter. Ich konnte mich nicht richtig auf das konzentrieren, was sie sagte. Ich schob Kendra ihren iPod wieder hin.
    »Versuchst du es?«, flüsterte sie.
    »Ich glaube schon.«
    »Du wirst das Solo ganz sicher bekommen.«
    Wie sangen uns warm. Ich hatte nichts zu Mittag gegessen, um meine Kehle nicht zu ruinieren. Jetzt war mir ein wenig schwindelig, aber ich würde dieses Solo bekommen. Ich war seit der vierten Klasse im Chor und hatte noch nie ein Solo gehabt. Aber jetzt war ich eine reife Achtklässlerin. Außerdem hatte ich lange geübt. Am Samstag war Lisette in mein Zimmer gekommen und hatte angemerkt, wie toll ich klänge. Ich checkte die Konkurrenz. Zwei Mädchen aus der siebten Klasse, die es auch versuchten, und Celia Ramirez, deren Stimme bei den hohen Tönen immer kippte. Ich hatte es so gut wie in der Tasche.
    Als es Zeit zum Vorsingen war, rief Miss Hakes eine der Siebtklässlerinnen zuerst auf. Sie hatte eine schöne Stimme. Ich konnte es mir leisten, großzügig zu sein, weil ich wusste, dass Miss Hakes ein so großes Solo nicht einer Siebtklässlerin geben würde. Sie glaubte daran, dass man sich seine Sporen erst einmal verdienen müsse.
    Als ich an der Reihe war, trat ich vor und versuchte, keine einzelnen Gesichter anzuschauen. Ein paar Mädchen griffen in ihre Tasche, um SMS zu schreiben. Gut. Wenn sie nicht aufmerksam waren, warteten sie wenigstens nicht darauf, dass ich es verhaute. Lisettes und mein Blick trafen sich. Sie lächelte und nickte mir zu wie eine gute Schwester. Die Musik setzte ein. Ich holte dreimal tief Luft und begann.
    Laudate Dominum omnes gentes
    Laudate eum omnes populi
    Ich machte alles richtig. Ich dachte daran, Luft zu holen. Ich dachte daran, die Konsonanten übertrieben zu artikulieren, wie Miss Hakes gesagt hatte, und als ich den hohen Ton von manet (was laut Miss Hakes bleibt bedeutete) traf, bemerkte ich, dass sogar ein paar der SMS -Schreiberinnen aufblickten und nickten. Ich dachte daran, am Ende ein Crescendo und dann ein Decrescendo zu machen.
    Und es gab Applaus. Nicht nur höfliches Klatschen, wie ich mir selber sagte, sondern ein bisschen mehr, so, als würden sie tatsächlich finden, dass ich es gut gemacht hätte. Ich sah zu Lisette hinüber, aber sie starrte auf ihre Hände. Kendra hingegen streckte die Daumen nach oben, und als ich mich wieder hinsetzte, sagte sie: »Bravo, Emma.«
    »Sonst noch jemand?«, fragte Miss Hakes.
    Ich wusste, da war niemand mehr. Es waren vier Hände gewesen. Wir hatten alle vorgesungen und ich war dieBeste. Ich bekam dieses Schwindel erregende, frohe Gefühl, das ganz tief aus der Magengrube kam und das immer in mir aufkeimte, wenn ich eine Eins in einer Klassenarbeit bekommen hatte. Ich würde das Solo bekommen.
    »Oh, okay, da ist noch jemand«, sagte Miss Hakes da.
    Ich folgte ihrem Blick zu dem Sitz hinter mir, wo Lisette stand.
    Lisette? Sie war gerade mal eine Woche hier. Sie konnte das Solo noch nicht mal kennen!
    Außer dass sie es sich auf meinem iPod angehört hatte, wurde mir klar, und mich hatte üben hören.
    Entspann dich. Bestimmt kann sie gar nicht singen.
    Wem versuchte ich, etwas vorzumachen? Sie war in allem perfekt, sogar in Ornithologie.
    Jetzt stand sie vorne im Raum, ruhig und heiter, wie ich es nicht gewesen war. Die Musik setzte ein. Dann ihre Stimme.
    Als ich zu Ende gesungen hatte, war ich mir sicher gewesen, es so gut gemacht zu haben, wie eine Achtklässlerin es vermochte.
    Lisette sang wie diese Leute im Fernsehen, die angeblich Teenager, in Wirklichkeit aber fünfundzwanzigjährige Broadwaystars waren. Das Lied war ein Gebet, und Lisettes Stimme schwebte in den Himmel. Falls sie überhaupt atmete, konnte ich es nicht hören. Wenn sie über das nachdachte, was sie gerade tat, so merkte man es ihr nicht an. Ihr Gesichtsausdruck war engelhaft, und als sie fertig war, applaudierte niemand. Sie waren zu gebannt.
    Dann brach der ganze Raum in Beifall aus.
    »Das war …«,

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