Magical
beeindruckte Mutter nicht.
Als Nächstes kamen die Prinzessinnen Frederica, Sophie und Amelia. Sie fielen jeweils durch Mutters Prüfungen in Infinitesimalrechnung, Fruchtfolge und Astronomie.
Die Aussichten auf eine Prinzessin schwanden, und damit meine Hoffnungen. Tatsächlich war nur noch eine einzige geeignete Prinzessin übrig, und zwar Prinzessin Maria Luisa, die Schwester der klugen Eleonora. Sie wurde in den kommenden Wochen erwartet.
Ich war verpflichtet und entschlossen, eine Frau zu haben. Und ich strebte danach, alles Notwendige zu tun, um mir eine zu sichern.
Vielleicht glaubt ihr jetzt, ich hätte mich mit meinerMutter hingesetzt und mit ihr darüber geredet, dass ich unbedingt heiraten musste, damit die französische Linie nicht endete und dass es dieser Angelegenheit nicht dienlich war, wenn Mutter vollkommen gute – nein, vollkommen vollkommene – Prinzessinnen aus fadenscheinigen Gründen ablehnte. Wenn ihr das glaubt, dann habt ihr euch meine Geschichte nicht sehr aufmerksam angehört. Wenn ich mich gegen Mutter hätte durchsetzen können, dann hätte diese Geschichte damit geendet, dass ich Prinzessin Maria Teresa (die ich noch immer mochte und an die ich noch immer jeden Tag dachte) geheiratet und rothaarige Kinder mit ihr aufgezogen hätte.
Nein. Hier bedurfte es verzweifelterer Maßnahmen.
In Paris lebte eine Hexe in den Schatten von Notre Dame. Ich weiß, dass man üblicherweise von einer Frau sprach, der man nachsagte, eine Hexe zu sein, denn die meisten dieser Frauen verheimlichten ihre Kräfte. Aber in Bezug auf diese Hexe konnte es keinen Zweifel geben.
Erstens munkelte man, dass sie dort schon seit fast einem Jahrhundert lebte. Zweitens hatte sie grüne Haare. Ich wusste nicht, ob es vielleicht in anderen Teilen der Welt Leute mit grünen Haaren gab, aber ich bezweifelte es.
Drittens war bekannt, dass sie Jünglinge, die ihr in die Quere kamen, hin und wieder in Frösche verwandelte.
Von ihrer Existenz erfuhr ich nur, weil einige meiner Berater sie mindestens mit Schimpf und Schande aus Paris verjagen, wenn nicht gar auf dem Scheiterhaufen verbrennen wollten.
Doch als man mir von der Hexe erzählte, sagte ich: »Ich würde diese Frau gern kennenlernen.«
»Sie kennenlernen?«, fragte der Herzog von Chatillon. »Warum um alles in der Welt?«
»Ich habe meine Gründe, aber es ist sehr wichtig, dass ich sie sehe … und dass Mutter nichts davon erfährt.«
Der Herzog machte ein finsteres Gesicht. »Ich weiß nicht, ob ich das tun kann, Euer Hoheit.« Er hatte ebenfalls Angst vor Mutter.
Ich sagte: »Mutter ist Eure Königin, aber ich werde eines Tages Euer König sein. Mein Vater wäre letzten Sommer beinahe gestorben. Ich bin zwar von Herzen froh, dass er nicht starb, aber es hat gezeigt, dass sich die Umstände augenblicklich ändern können. Bestimmt lohnt es sich, in meiner Gunst zu stehen, wenn kein tatsächliches Risiko besteht, dass Mutter dahinterkommt.«
Der Herzog überlegte. »Wenn kein Risiko besteht, dann stimmt das wohl.«
»Ich werde Mutter ganz sicher nicht erzählen, dass ich mich mit einer Hexe getroffen habe. Wenn Ihr es ihr nicht erzählt – woher sollte sie es dann erfahren?«
Schließlich willigte der Herzog ein, und in dieser Nacht stahlen wir uns durch die Hintertür des Schlosses, wo schwarze Pferde auf uns warteten, die uns im Schutz der Dunkelheit nach Paris tragen sollten. Auch unsere Umhänge waren schwarz. Das war ein ziemliches Abenteuer, so ähnlich wie damals, als ich mich hinausgeschlichen hatte, um Vater zu besuchen. Allerdings hätte ich in noch sehrviel größeren Schwierigkeiten gesteckt, wenn diese Eskapade ans Licht gekommen wäre.
Als wir die Kammer der Hexe erreichten, war es noch dunkler geworden. An der Pforte gab es kein Licht, und drinnen brannte nicht einmal eine Kerze. Trotzdem klopfte der Herzog an die Tür.
»Seid Ihr sicher, dass wir am richtigen Ort sind?«, fragte ich. »Da ist kein Licht.« Ein Vogel – eine Krähe oder vielleicht ein Rabe – schwang sich vom Türrahmen herunter und verfehlte nur knapp meinen Kopf.
»Die Hexe erwartet Euch, Euer Hoheit, und sie hat Verschwiegenheit geschworen.«
Tatsächlich ging die Tür auf und ein knorriger Finger winkte mich herein.
Verzagt betrat ich die Kammer. Was tat ich da eigentlich? Hier könnte ein Meuchelmörder auf mich lauern. Das alles konnte eine Verschwörung sein.
Aber dann rief ich mir wieder ins Gedächtnis, dass es meine Idee gewesen war, die Hexe zu
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