Magical
Ahnung.«
»Vielleicht sollte ich ihn kennenlernen.«
Erstaunlich. Lisette begnügte sich nicht damit, mir meinen Schmuck zu stehlen, meine Bücher, meine Freundinnen und meinen Vater – jetzt wollte sie auch noch Warner. Und das konnte sie. Sie war so hübsch, dass jeder Kerl es auf sie abgesehen hatte. Sie war ihm schon aufgefallen: die Löwin. Mäuserich Ralf rannte in seinem Rad undich fühlte mich auch, als wäre ich in einem Hamsterrad. Ich wollte nur weg.
»Kriegst du nie genug davon, Lisette?«
»Genug wovon?«
»Mich zu schikanieren, mir meine Sachen wegzunehmen. Du nimmst sogar Sachen, die du gar nicht brauchst, wie meine Brille oder Make-up, dessen Farben gar nicht zu dir passen. Ist das nicht langsam ein alter Hut?«
»Ist es ein alter Hut, mit meinem Vater in meinem Haus zu wohnen?«
Lisette wartete auf meine Antwort, auch wenn sie sich sicher war, dass sie sie bereits kannte. Ich überraschte sie.
»Ja. Ja, es ist wirklich so langsam ein alter Hut. Wenn es nach mit ginge, würde ich ausziehen und ihn dir überlassen. Du machst dir sowieso nichts aus Dad, und wir haben keine Beziehung mehr. Das bringt mir nichts.«
Sie sah echt überrascht aus. »Nichts? Ein großes Haus, schöne Kleider?«
»Werden im Vergleich zu Stolz völlig überbewertet. Vielleicht war ich früher verwöhnt, aber das bin ich nicht mehr. Wichtig ist doch, wer man ist.«
»Und wer bist du, Emma?« Der Blick aus ihren blauen Augen, der so stechend war wie der der Schlange, traf meinen.
»Ich bin jemand, der in der Schule hart arbeitet, nett zu seiner Mutter ist, der loyal und integer ist. Ich bin jemand, dem es gut geht, sobald du nicht in meiner Nähe bist. Wer bist du, Lisette?«
Sie lachte. »Gott, du bist so öde. Ich bin loyal bla, bla, bla.«
»Ich habe Hausaufgaben, Lisette.« Sosehr ich mich auch fürchtete, ihr den Rücken zuzukehren, tat ich es trotzdem. Ich steckte meinen Finger in Ralfs Käfig. Er kauerte sich vor Angst zusammen.
»Ich könnte ihn haben, deinen Typen, und das weißt du. Ich könnte ihn haben, wenn ich wollte.«
Ich zuckte die Achseln und sah sie nicht an. Offensichtlich wollte sie, dass ich darum bettelte, dass sie Warner in Ruhe ließ. »Aber willst du ihn wirklich, Lisette? Ich meine, du hast gewonnen, nicht wahr? Hast du es wirklich nötig, mich zu quälen wie eine Katze, die mit einer Maus spielt?«
Oder bist du eher eine Schlange, die die Maus lebend verschlingt?
»Du hast recht. Er ist es wahrscheinlich nicht wert, dass ich meine Zeit mit ihm verschwende. Ich meine, er ist ein totaler Langweiler mit diesen Sommersprossen.« Sie streifte an mir vorbei und ging zu Ralfs Käfig. »Ist das nicht die Maus, die aus Fischers Klassenzimmer verschwunden ist?«
»Ja. Willst du mich jetzt verpetzen?«
»Natürlich nicht. Ich mag Tiere. Ich würde niemals wollen, dass das kleine Kerlchen da an eine große, hungrige Schlange verfüttert wird.«
Sie machte den Riegel an Ralfs Käfig auf und steckte die Hand hinein. Die Maus, die jedes Mal, wenn ich sie berührte, völlig aufgedreht und panisch reagierte, wurde ganz ruhig, als sie Lisettes Hand sah. Dann hüpfte sie darauf.
»Ooh«, sagte Lisette. »Wie süß.«
Die Maus schnüffelte an ihrem Finger. Sogar die Maus mochte sie.
Kurz darauf setzte sie Ralf wieder in seinen Käfig. Sie machte das Türchen zu und ging hinaus, ohne ein Wort zu sagen.
Mein Handy teilte mir mit, dass ich eine SMS bekommen hatte. Ich nahm es.
Sie war von Warner.
Hatte heute Spaß. Freue mich auf Sa.
Ich schrieb zurück:
Ich auch.
˜ ˜ ˜
Die Suche nach der vermissten Maus verlief ziemlich schnell im Sande. Es stellte sich heraus, dass recht viele Leute an der Schule Mäuse lieber mochten als Schlangen, deshalb waren sie nicht allzu bestürzt über die Flucht. Ms Meinbach überlegte sich, ob sie für die Zeitung einen Artikel über den Gefängnisausbruch schreiben lassen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Es war keine Nachricht wert, wenn sich keiner dafür interessierte.
Trotzdem war ich beeindruckt, dass Lisette mich nicht angezeigt hatte. Vielleicht mochte sie Tiere tatsächlich.
Ich hatte andere Dinge, über die ich mir den Kopf zerbrechen musste, zum Beispiel über mein Date mit Warner am Samstag.
Er nahm mich mit auf eine Party, die bei Brendan Webb zu Hause stattfand. Brendan ging auf unsere Schule, aber er war viel zu cool, als dass er mich je bemerkt hätte. »Wir waren beste Freunde, als wir noch klein waren«, erklärte
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