Magie der Liebe
durchschlagen und war auf dem Rücken wieder ausgetreten. Da die Blutung immer noch beträchtlich war, riß Knight das Kleid und die Wäsche ein Stück weit auf. Dann preßte er eine Handvoll Schnee fest auf die Wunde und wiederholte diese Prozedur so lange, bis die Blutung zum Stillstand gekommen und die Wunde außerdem gesäubert war. Mit blaugefrorenen, steifen Fingern riß er einen Streifen Stoff von Lilys Unterrock ab und verband damit Schulter und Rücken so gut wie möglich. Oh, Gott, bitte laß sie das überleben!
Glücklicherweise war Lily die ganze Zeit über ohnmächtig gewesen. Vermutlich sind ihre Schmerzen unerträglich, dachte Knight. Dann blickte er sich um und mußte feststellen, daß er nicht die leiseste Ahnung hatte, wo sie sich befanden. Ohne Sonnenlicht war die Orientierung unmöglich, und der immer dichter fallende Schnee verschluckte alle Konturen, die vielleicht hilfreich hätten sein können.
Es war ihm klar, daß Lily möglichst rasch ins Warme und zu einem Arzt gebracht werden mußte. Und er, der heldenhafte Beschützer, hatte keine Ahnung, in welche Richtung er sich wenden sollte! Vorsichtig packte er Lily vor sich auf den Sattel und überließ dem Pferd den weiteren Weg. Ganz offensichtlich befanden sie sich auf einer kleineren Landstraße, wo früher oder später Wegweiser auftauchen mußten. Bestimmt würden sie über kurz oder lang auf ein Bauernhaus treffen.
Ganz allmählich fühlte Knight, wie die Kälte durch seinen dicken Mantel kroch. Es schneite immer dichter, so daß er irgendwann nicht mehr die Hand vor Augen sehen konnte. Ganz unvermittelt wurde Lily plötzlich unruhig und wehrte sich gegen seine Umarmung. »Knight! Nein, nein! Er darf dich nicht erschießen! Um Himmels willen, nein!«
»Sei ganz ruhig, mein Liebes. Es ist alles in Ordnung. Bleib ganz ruhig liegen, sonst kann ich nämlich unser Pferd nicht auf der Straße halten.« Beim Ton seiner Stimme beruhigte sie sich augenblicklich, und so sprach er weiter und hatte den Eindruck, daß ihr das ausgesprochen gut tat.
Als nach einer Weile eine Scheune vor ihnen aus dem Schneegestöber auftauchte, hatte Knight jedes Zeitgefühl verloren. Bestimmt hatte das windschiefe Gebäude schon bessere Zeiten gesehen, doch da Knight kein Farmhaus ausmachen konnte, mußte er erst einmal mit diesem dürftigen Schutzdach zufrieden sein. Große Stücke der Wandverkleidung fehlten, so daß Wind und Schnee ungehindert durch das traurige Gerippe wehten. Doch bei näherem Hinsehen entdeckte Knight in einer dämmrigen Ecke einen Haufen trockenes Heu. Na wunderbar, dachte er. Dort konnten sie sich zumindest erst einmal aufwärmen und in Ruhe das Ende des Schneefalls abwarten. Höchstwahrscheinlich lag ganz in der Nähe ein Farmhaus, von wo er dann Hilfe holen konnte.
Lilys Kleidung war durch und durch feucht geworden, so daß Knight das Schlimmste fürchtete. Vorsichtig trug er sie in die geschützte Ecke und bettete sie sanft ins Heu. Dann deckte er sie mit seinem Mantel zu und häufte trokkenes Heu darüber, bis Lily fast verschwunden war. Schließlich rieb er dem schwer atmenden Pferd mit einigen Handvoll Heu die Hanken trocken und flüsterte ihm aufmunternde Worte zu.
»So, alter Junge! Das hast du gut gemacht. Komm her und stärke dich. Und dann ruh dich aus, denn wir werden dich noch brauchen!«
Nachdem Knight mit allem fertig war, schlüpfte er zu Lily unter das Heu und umarmte sie, um sie zu wärmen. Irgendwann fielen ihm vor Müdigkeit die Augen zu, doch nur kurze Zeit später erwachte er schweißgebadet.
Da! Wieder hörte er das Geräusch. Monk! Er mußte sie trotz des Schneefalls ausfindig gemacht haben!
Knight lauschte angestrengt, und jeder Muskel in seinem Körper war angespannt, doch alles blieb ruhig. Vielleicht hatte er sich ja getäuscht, und es war nur das Pferd gewesen. Vorsichtig setzte er sich auf und sah durch ein Loch in der gegenüberliegenden Wand, daß es noch immer heftig schneite. Verdammt und zugenäht! Er wußte nicht einmal, wie spät es war, und auch sonst konnte er nichts tun. Einfach gar nichts.
Voller Liebe lächelte er auf das blasse Gesichtchen seiner Frau hinunter. »Lily!« sagte er sanft und strich ihr zart über die Wange.
Zu seiner großen Überraschung zitterten ihre Lider leicht, und dann schlug sie die Augen auf. »Hallo.«
»Du bist ja wach!«
»Ja. Geht es dir gut? Wo sind wir?«
»Pst. Ich werde dir alles erzählen. Mir geht es ausgezeichnet, und ich habe nicht die geringste Ahnung,
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