Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
Sommer und wann Winter ist? Die Geschichte hat gezeigt, wohin eine solche Machtgier führt. Zu einem neuen Krieg mit Liyiell. Du glaubst doch nicht wirklich, sie würden es zulassen, dass die Macht Natriells dermaßen gefestigt wird. Es würde die Gesetze der Waage neu ordnen … und…«, er brach ab und starrte den jungen Magier an. Sein Gesicht gezeichnet von Überraschung, als könne er den Gedanken, den er gerade fasste, selber nicht glauben. »Das ist es: Du willst sie als Werkzeug benutzen, um eine neue Macht zu stärken. Um die Ruhe, die wir solange hatten, zu stören.« Shorbo erstarrte über seiner eigenen Vermutung. »Was du willst, ist nicht einmal eines Hexers der Kopfblinden würdig.«
Aus Shorbos Worten sprach all die Verachtung, die er in diesem Moment empfand. Wie hatte er sich so in Tamin täuschen können. Der alte Magier war sicher gewesen, dass auch ein Schattenkind wie Tamin lernen konnte, Gerechtigkeit zu empfinden.
Tamin lachte. Es klang bitter und voller Hohn. »Der alte Kreis, Nehmen und Geben. Ja, du hast so viele Jahre die Ruhe bewahrt. Hast die Geister vernebelt, im Glauben an den ewigen Frieden. Es war kein falscher Weg, du bist sehr weise, doch, Shorbo, es wird sie niemals geben, die Ewigkeit der weißen Flagge. Wir haben unsere Regeln und strafen jene, die dagegen verstoßen, wenn es die Shalas nicht tun. Wir urteilen über die Niederen, die in unseren Augen nichts wert sind und deswegen gehören wir auch nicht zu den naiven Bewohnern Liyiells, die fest daran glauben, nur Weisheit und Sanftmut bringe sie weiter. Die tagein, tagaus herumspielen wie Isgrins und sich für die hochgejubelten Götter halten. Hör doch auf!«
Shorbo stand auf, schwer auf seinen Stab gestützt und blickte Tamin nun ebenso finster an. »Deine Worte sind nicht zulässig für ein Mitglied des Kreises. Und es ist offensichtlich, wovon du getrieben wirst. Warum? Was hat dir der Kreisführer Liyiells getan, dass du einen solchen Zorn gegen ihn hegst?«
Tamin winkte ab. »Ach der! Der ist einfach nur lästig. Es geht um mehr, Shorbo, um viel mehr. Ihr seid Kreisführer. Euch interessiert Macht nicht, denn ihr besitzt sie bereits. Ihr beide. Ich hingegen werde nicht nur Macht bekommen, sondern darüber hinaus Wissen, das nutzbar ist!« Das Lachen, das ertönte, verursachte auf Shorbos Rücken einen Schauer. Die Begeisterung, die in der Stimme des jungen Magiers lag, erschreckte ihn am meisten. »Wir tolerieren viel zu viel«, fuhr Tamin fort. »Die Kopfblinden, die sich in unserer Welt ausbreiten wie die Pest, faul unsere Ländereien besetzen und uns mit ihrem leeren Geist belästigen. Du bist es, der alt wird und die ursprünglichen Regeln nicht achtet, großer Shorbo, Anführer des Kreises.«
Der Magier konnte nicht fassen, was er da hörte. Er war Tamins Lehrer gewesen, seit der junge Mann damals die Erinnerung an seine Vergangenheit verloren hatte, und vertraute ihm schon so lange Jahre.
Doch Tamin ließ nicht locker. Wie ein Kind, dem monatelang verboten wurde zu reden, sprudelte alles aus ihm heraus: »Es wird eine neue Ordnung geben, denn ich bin mit meiner Denkweise nicht allein und niemals wieder wird es so einen mächtigen Kreis geben wie der, der kommen wird.«
»Was hat das mit meinem Mädchen zu tun?«
Tamin lachte erneut. »Dein Mädchen? Sie wurde dir anvertraut. Sie ist eine Ursprungs-Geborene, ein Drachenkind. Vielleicht hast du dich nicht genug mit den Büchern beschäftigt, um zu erkennen, was das bedeutet. Sie wird ihren Platz einnehmen. Mit oder ohne deine Zustimmung. Und zwar an meiner Seite. Ich werde ihr zeigen, zu was sie fähig ist. Ich werde sie auf den Geschmack bringen, dem Rausch der Magie zu verfallen und dann werde ich sie benutzen, um meine Ziele zu erreichen. Die Magier fürchten dein Mädchen, Shorbo. Sie haben Angst vor alten Pergamentrollen und deswegen werden sie auch Angst vor mir haben.« Tamins Hand absolvierte eine Drehung, als würde er eine Fliege darin zerquetschen.
»Das wagst du nicht«, empörte sich Shorbo. »Ich habe dich behandelt wie einen Sohn und was ist der Dank? Ich werde dafür Sorge tragen, dass du den Kreis verlässt.«
Tamin stellte sich aufrecht hin und senkte die Stimme: »Du bist alt geworden, Shorbo. Jeder von uns sieht, dass du den Bann der Zeit schon lange abgelegt hast und jeder weiß, was daraus eines Tages unausweichlich folgen wird. Wen interessieren ein paar Tage mehr oder weniger?«
Tamin erhob die Hände und mit dieser Bewegung
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