Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
Cashimaé ihre Hände. Eine Bewegung, die selbstverständlich war und die sie nun anstrengte.
Jemand lag hinter ihr und hatte einen Arm um ihre Taille gelegt. Es war mitten in der Nacht, doch das Licht des Mondes, das durch das Fenster schien, war hell genug, um die Hand und den Ring mit dem Sternenstein, der daran war, erkennen zu können.
Hastig befreite sie sich und kletterte aus dem Bett. Nicht umdrehen, dachte sie. Das ist ein Traum, ich bin nicht hier. Wie in Trance schritt sie in ihrem Nachtgewand leise die Stufen hinunter, öffnete die Haustüre und trat nach draußen. Alles war so weit weg.
Es musste ein Traum sein. Cashimaé ging unsicher und strauchelte den Hügel hinauf. Dort blickte sie sich um. Das Haus lag hinter ihr im Mondlicht, alles wirkte wie eingefroren und fremd. Es schüttelte sie bei dem Gedanken, in Tamins Arm gelegen zu haben. Sie wollte nur noch fort von hier. Egal, wovor sie bisher Angst gehabt hatte, es war banal gegen diesen Ort.
Fast wäre sie über Mineshka gefallen, die in ihrem Mantel mit der Kapuze über dem Kopf vor ihr im Gras lag, als sei die Priesterin von einem Moment zum anderen einfach umgefallen. In ihrer Hand blitzte etwas. Das Medaillon.
Cashimaé beugte sich hinab, um es wieder an sich zu nehmen, als ihre Hand festgehalten wurde.
»Nicht«, flüsterte eine vertraute Stimme. Sie hatte sie gleich erkannt, aber das konnte nicht sein. Es musste ein Traum sein, einer, aus dem sie nie wieder aufwachen wollte. »Barshi…« Er legte einen Finger auf ihre Lippen, als sie zusammen hoch kamen.
»Pssst, komm mit!« Er ließ ihre Hand nicht los, bis sie den Rand einer kleinen Baumgruppe erreicht hatten. Dort, im Schutz der weiten Äste, blieb er stehen und zog die Kapuze seines Mantels zurück.
»Verzeih, aber du hättest sonst den Bann gebrochen und, beim Himmel, es ist schwer genug, ihn aufrecht zu halten.« Erst jetzt spürte sie die Spannung und Elektrizität, die in der Luft lag und … absolute Stille.
Er sah ihren fragenden Blick und beantwortete ihn mit einem feschen Grinsen. »Ich habe, sagen wir, die Zeit schlafengelegt. Doch es wird nicht lange halten.«
»Aber die Shalas…«, flüsterte sie.
Er grinste, dieses wundervolle Grinsen, das sie an ihm liebte, seit sie Kinder waren. Doch vor ihr stand nicht mehr der kleine Junge, der Sturkopf und Besserwisser. Vor ihr stand ein erwachsener Mann, stolz und aufrecht. Mit funkelnden schwarzen Augen. Er war fast 23 Jahre alt. Seine Gesichtszüge hatten jegliche Ähnlichkeit mit dem Jungen von damals verloren, jetzt waren sie geprägt von Härte und Kälte. Ein Krieger durch und durch. Er schien eine Menge hinter sich zu haben. Beschämt wandte Cashimaé den Blick ab und verknotete nervös die Finger ineinander. »Meine Anwesenheit muss eine Beleidigung für dich sein.«
Barshim straffte die Schultern. »Na, sowas von beleidigend, deswegen setze ich alle Grundgesetze der Natur außer Kraft, nur um bei dir zu sein«, spottete er. Unsicher wagte sie es, wieder in dieses Nachtschwarz seiner Augen zu schauen. In diesen Spiegel, in dem sie selbst so klein und er so stark war. Er nahm erneut ihre Hand. Die Berührung tat unendlich gut, als er die Linien ihrer Handfläche mit dem Finger entlang strich. »Kein Jahr mehr, meine Breda. Mein geliebtes Herz. Kein Jahr mehr. Wirst du dies durchstehen?«
Sie richtete sich auf und versuchte, ihrer Stimme Stärke zu verleihen. »Was sind ein paar Monate im Tausch zur Ewigkeit? Aber gibt es wirklich keine Möglichkeit, sie zu umgehen? Kann ich nicht doch schon heute mit dir gehen?«
Jetzt folgten seine Finger den Mundlinien und zeichneten ein Bild von Hoffnung darauf. Doch seine Lippen sprachen nicht die Worte, die sie sich so sehr wünschte. »Die Zeit wird eng.« Er rieb sich bei dem Satz kurz über die Schläfen, was ihm etwas Müdes verlieh. »Hör zu, egal was geschieht, du musst am Ende der Zeit in der roten Wüste sein, Breda. Der Bann wird sich nur dort lösen. Wenn Tamin dich nicht kontrollieren kann, wird er alles versuchen, dies zu verhindern, weil er glaubt, dadurch an mich heran zu kommen und an unsere Kraft. Ich werde auf dich aufpassen, so wie heute Nachmittag. Aber alles kann selbst ich nicht verhindern, es fehlt…« Er brach ab. Furchen der Erschöpfung waren in seinem Gesicht auszumachen.
»Die Shalas«, stellte sie fest. Er nickte wieder und wirkte noch älter. Sie drückte seine Hand. »Ich werde stark sein, unsere Zeit wird kommen.«
Sein Lächeln gab ihr noch
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