Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
fort.
Tamins Gedanken flossen unausgesprochen durch den Raum. Die Zeit war gekommen, das Warten wurde hier und jetzt beendet. Die Zeit der Geduld und des Aufschubes waren vorbei. Heute war er sich endgültig sicher, dass er Barshim niemals auf seine Seite bekommen würde, also war es auch an der Zeit, die Spiele zu beenden und den Krieg zu beginnen.
Barshim hatte ihn verletzt. Die Narbe in Tamins Gesicht würde ihn ewig an diese Nacht der Erniedrigung erinnern, als er davon rennen musste, um sein eigenes Leben zu retten. Egal wie, er hasste diesen Mann aus tiefstem Herzen. Barshim war nur ein dummer Magier, der keine Ahnung von der wirklichen Macht der Magie hatte. Von wirklich großen Zielen. Er packte Mineshkas Kopf fester, die in Krämpfen an seiner Brust bebte.
»Schrei es hinaus, Priesterin!«, flüsterte er. »Der Tod hat Einzug in dein Leben gehalten. Halte den Schmerz fest und verwandle ihn in das Feuer der Rache. Ich weise dir den Weg!«
*
Vier weitere Tage sprach Tamin kein Wort mit Cashimaé, er projizierte seinen Hass immer mehr auf sie, obwohl das Mädchen nicht wusste, um was es ging.
Mineshka saß den ganzen Tag am See, ohne eine Regung zu zeigen. Mit einem Wollmantel eingewickelt trotzte sie den kalt gewordenen Winden. Auch auf Fragen reagierte sie nicht. Es wirkte, als habe sie sich in eine andere Welt zurückgezogen, zu der es keinen Zugang gab.
Die Luft war zum Zerreißen gespannt. Tamin verbot Cashimaé sogar, den Wohnraum wieder aufzuräumen, wo er alles zu Boden geworfen hatte. Seine Blicke, seinen Zorn, all das war sie gewohnt, aber diese unendliche Stille ließ sie vorsichtig werden.
Nur mit dem Finger winkend, im Stuhl sitzend, den Kopf auf den linken Arm gestützt, fixierte er sie wie der Wolf das Kaninchen. Bewegte wie in Zeitlupe den Kopf. Cashimaé glaubte manchmal ein Lächeln zu sehen, dann eilte sie fix aus dem Raum und versuchte in der Küche, ihre Nerven zu beruhigen.
»Bring mir Wasser!«, donnerte Tamins Stimme durchs Haus. Sie füllte einen Krug und kam zu ihm in die Stube. Er saß noch genauso da wie die Tage zuvor. Sie wollte gerade das Tablett abstellen, da hatte sie das Gefühl, gestoßen zu werden. Sie stolperte vor die Tischkante und stieß sich die Hüfte an. Alles flog mit lautem Gepolter zu Boden. Der Krug blieb ganz, doch das Wasser ergoss sich über den Holzboden und dem Ausleger der vor dem Kamin lag.
»Nicht einmal dazu taugst du, dummes Ding«, flüsterte Tamin. Durchdringende Worte.
»Ich wische es sofort wieder auf«, schob sie rasch hinterher.
Tamin stützte sich mit beiden Händen am Stuhl ab und erhob sich mit Schwung. »Bleib besser auf den Knien, wo du hin gehörst…« Verunsichert sah sie hoch. Was war denn auf einmal los.« …und wage es nicht, mich anzusehen.« Er umrundete sie langsam und blickte sie an. Im Türrahmen erschien Mineshka, doch Tamin war so sehr auf die junge Frau fixiert, dass er es nicht einmal bemerkte.
»Tamin…«, versuchte es Cashimaé zaghaft.
»Sei still!«, rief er. Sie hob schützend die Hände vor die Ohren. Mit Hilfe der Magie wandte er eine seltsame Verstärkung seiner Stimme an, die durch ihr Trommelfell jagte.
»Für wie dumm hältst du mich? Ich weiß alles, was ihr vorhattet – alles!«
»Was?« Sie verstand nichts, gar nichts.
Plötzlich schoss er nach unten, packte sie am Hals, zog sie hoch und schlug sie hart gegen die Wand. »Weißt du, damals habe ich kurz überlegt dich zu vernichten, du Missgeburt eines Drachen.«
»Tamin«, rief Mineshka und wollte einschreiten.
»Halt dich da raus!«, fuhr er ihr über den Mund. Er kam Cashimaé so nahe, dass sie seinen Atem in ihrem Gesicht spüren konnte. »Sieh hin, sieh genau hin!«, rief er, als Cashimaé versuchte, angewidert das Gesicht abzuwenden. Doch er packte sie brutal unterm Kinn und quetschte es zusammen. Dabei drückte er weiter den Arm gegen ihren Hals, bis sie auf die Narbe auf seiner Wange schielte. »Das war er. Ein Mitglied des Kreises wollte er sein. Dass ich nicht lache.« Sein Griff verstärkte sich und schnürte ihr die Luft ab. Es war, als würde die Zeit zurück gedreht, damals in den Hallen, doch dieses Mal hatte sie keine Chance, sich zur Wehr zu setzen.
"Barshim«, presste sie mit Mühe, aber siegessicher hervor. Mineshka wirkte überrascht und schien auf einmal wieder völlig da zu sein.
»Barshim, ja«, sprach Tamin. »Hast du gewusst, dass ich mal Respekt vor ihm hatte? Er war nie mein Freund, aber ich habe ihn bewundert. Die
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