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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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durch. »Ich lebe noch, und ich sehe sogar besser aus als du.« Er zeigte auf die Armschlinge.
    »Darüber kann man streiten«, meinte Vicold und starrte auf die Stelle, an der Raigar einmal ein Ohr gehabt hatte. Vor ihm stand ein dampfender Teller Linsen, und eine Kellnerin stellte auch vor Raigar einen hin. »Wir waren uns sicher, du wärst tot – nach so einem heldenhaften Opfer. Das hast du dir gut ausgedacht.«
    Viele Hände klopften ihm auf den Rücken, trotz Vicolds brennendem Sarkasmus. Oder vielleicht deswegen.
    Raigar versuchte, einen Löffel zwischen seine Finger zu klemmen. »Ich habe mir gar nichts ausgedacht. Eigentlich habe ich nur … Nein, eigentlich hatte ich erst wieder Zeit zum Denken, als ich mich schon aus der Schlucht gezogen hatte.«
    Vicold lachte. »Er ist ein verrückter Hund, unser Raigar. Stürzt sich in den Abgrund mit dem Anführer der Soldaten und kommt als Sieger wieder herausgekrochen. Dafür gebe ich ihm eine Suppe aus.«
    »Wie großzügig.« Raigar sah Elarides an. Der löffelte seinen eigenen Teller. »Schon wieder Suppe.«
    »Du hast ihn doch getötet, oder?«, fragte Vicold.
    »Nein.« Raigar löffelte Linsen und etwas Brühe. »Ich weiß, dass ihr Soldaten getötet habt, und bei einem Kampf um Leben und Tod wie diesem sehe ich ein, dass es unvermeidbar gewesen ist. Aber Brakas lebt.«
    »Was?«, fragte Vicold leise, aber fassungslos.
    Die Worte seines ehemaligen Kampfgefährten hallten in Raigar nach. Du hättest mich töten sollen.
    »Er selbst hat mir auch dazu geraten, ihn zu töten.«
    Vicolds Stirn legte sich in Falten. » Wir wollen seinen Tod, er will seinen Tod – wieso hast du ihn am Leben gelassen?«
    Raigar hob den Kopf und schaute an Vicold vorbei.
    Zweibrück würde von seiner Größe her kaum als Viertel von Weigrund durchgehen. Selbst die Handelsstädte im nahen Osten, Wüstentor oder Weißhügel, überboten es an Größe, an Gebäuden und an Bewohnern. Aber immerhin stand Zweibrück auf dem Grund des lebensfeindlichen Schattenlands. Dass sich hier überhaupt noch Menschen aufhielten, grenzte an ein Wunder.
    »Du bist irgendwann einmal zu hart auf deinen Schädel gefallen«, murmelte Vicold. »Die Delle an der Seite, da, wo dein Ohr einmal gewesen ist, hast du bestimmt schon bemerkt.«
    »Einen ähnlichen Scherz habe ich heute schon mal gehört«, sagte Raigar und dachte zurück an Brakas. »Was wirst du mit den Männern tun, jetzt, da wir angekommen sind?«
    Vicold schien sich zu entspannen. »Wir sind alle frei. Jeder kann hingehen, wo immer er will. Selbst Kaiser Weider fürchtet den Herrn dieses Landes, und er wird die Grenzen nicht brechen. Wir sind gut beraten, wenn wir hier in Zweibrück bleiben, bis in Arland Gras über die Sache gewachsen ist.«
    Raigar aß weiter Linsen. »Über welche Sache?«
    »Über die, wegen der man unsere Köpfe von den Hälsen trennen will.«
    »Der Kaiser jagt uns nicht wegen dem, was wir getan haben, sondern wegen dem, was wir sind. Er jagt dich wegen dem, was du siehst, wenn du in einen Spiegel schaust. Wenn darüber dann Gras gewachsen ist, dann nennt man das für gewöhnlich Grab , glaube ich.«
    Lachen schallte über den Platz vor dem Gasthaus.
    »Du wirst besser«, flüsterte Elarides.
    Vicold sah sich mit steinerner Miene um. »Darüber mache ich mir keine Gedanken. Wir haben genug Gold, um damit Jahre auszukommen. Essen und Trinken wird von den Sommerfeldern aus hierhergeschafft. Wir werden es uns hier gut gehen lassen.«
    Raigar warf einen Blick zu Elarides. Mit deinem Gold lassen wir es uns gut gehen  …
    »Zumindest hast du recht damit, dass es für uns keine Himmelsrichtung gibt, in die wir uns bewegen könnten.«
    »Nicht ohne ein schauriges Ende zu finden. Aber lasst uns jetzt ans Leben denken.« Vicold hob seinen Becher und prostete den versammelten Söldnern zu. Gemeinschaftlich leerten sie ihre Pokale, Humpen und Kelche.
    Raigar löffelte den Rest seiner Linsensuppe.
    ***
    Nachdem er sich ein Quartier besorgt, sich gewaschen und neu eingekleidet hatte, streifte er durch die Straßen. Er stieß auf Schmieden, Handwerkerhäuser und volle Tavernen. Er traf auf lachende Gesichter, wo er nur trübe Mienen erwartet hatte. Die Menschen schienen das schwarze Land um sich vergessen zu haben, und auch den schwarzen Stein, auf dem ihre Stadt erbaut worden war. In jeder anderen Gegend des Kontinents hätten sie ein besseres Leben führen können, aber sie hatten sich diesen Platz ausgesucht.
    Niemand hatte die

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