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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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ich mir.« Nairod warf sein Gepäck über den Abgrund. Es pflügte durch das hohe Gras vor den Füßen der Statue. »Jetzt gibt es keinen Weg zurück.«
    Er zog das Seil straff und ergriff es so weit vorne, wie er konnte. Unter ihm gähnte der Abgrund. Ein mulmiges Gefühl grub sich in seine Eingeweide. Er sah nach vorn und stieß sich von der Kante der Grube ab. Er flog knapp drei Meter, dann fiel er, das Seil spannte sich, und er schwang nach vorn. Die Beine vorgestreckt, prallte er dumpf auf die senkrechte Erde der Wand. Es waren nur noch einige Schritte hinauf …
    Er warf einen Blick nach unten. Finsternis. Völlige Finsternis, die nach seinem Herzen griff. Kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn. Panik. Er musste nach oben. Die Finsternis konnte lebendig werden. Eine Falle vielleicht, und er war direkt hineingetappt. Sie würde ihn greifen und hinabzerren in ihren Schlund, und er würde ewig fallen. Mit schweißnassen Händen zog er sich höher und strampelte sich mit den Beinen an der Wand hinauf. Erde bröckelte heraus und stürzte in Klumpen nach unten.
    Er brauchte noch einen Zug, um die Kante zu erreichen. Sein Herz pochte wild. Etwas wartete dort unten auf ihn, um ihn zu verschlingen. Er durfte nicht hinsehen, aber er tat es doch. Er blickte zum zweiten Mal in den Abgrund, und der Abgrund blickte zurück zu ihm. Reine Schwärze, in der alles zu nichts wurde.
    Seine Hand krallte sich ins Erdreich zwischen dem Gras. Er griff mit der zweiten Hand nach und zog sich nach oben. Gehetzt krabbelte er von dem Loch weg und blickte zurück. Er wartete, vielleicht auf eine dunkle Fratze, die auftauchen und ihn verschlingen würde.
    Er wartete so lange, bis jemand etwas von der anderen Seite rief.
    »Nairod? Können wir nachkommen?«
    Lenia.
    Er sprang schnell auf, denn er fühlte sich ertappt. Beim Aufstehen stieß er sich den Kopf an der Statue.
    »Ja, natürlich.« Er rieb sich über den Schädel. Noch einmal überprüfte er den Sitz des Hakens, dann warf er das andere Seilende zu Lenia über den Graben.
    Das ungute Gefühl im Nacken wollte nicht weichen.
    »Komm schon«, sagte er etwas zu barsch.
    Irgendetwas stimmte nicht. Vielleicht lauerte die Finsternis der Grube auf das zweite Opfer und wollte es nur in Sicherheit wiegen. Deshalb war er verschont worden. Vielleicht. Aber es war nur Dunkelheit. Wovor sollte er sich fürchten?
    »Du musst mir helfen«, ächzte Lenia, die schon am Seil in der Grube hing. »Allein schaffe ich es nicht.«
    Nairod packte das Seil, stemmte sich in den Boden und zog, so fest er konnte.
    Sein Herzschlag hämmerte in seinen Ohren. Was war los, zum Teufel? Es gab keine lebendig gewordene Dunkelheit in der Grube. Es gab nichts, das ihn beunruhigen musste.
    Das Seil schürfte über den Grubenrand. Lenias maskiertes Gesicht erschien hinter dem hohen Gras. Nairod zog weiter, und das Mädchen hangelte sich am Seil entlang. Sax, der Wicht, hielt sich am Stoff ihrer Maske fest.
    Lenia zog die Beine über die Kante nach, da wurden ihre Augen in den Stofflöchern groß. »Hinter dir!«
    Nairod fuhr herum und sah winzige Blitze zucken. Wo eben noch eine Statue gestanden hatte, bewegte sich nun eine Kreatur. Die Klauen an der Hand erinnerten an Schwerter, und nun schnitten sie durch die Luft, direkt auf sein Gesicht zu. Er konnte nicht einmal mehr die Arme zum Schutz hochreißen.
    Eine Winzigkeit, bevor die Klauen sich in seinen Kopf gebohrt hätten, prallten sie gegen ein unsichtbares Hindernis und schabten kreischend über die Oberfläche, vorbei an seinem Gesicht.
    Lenia richtete sich auf, die Hände auf die Kreatur gerichtet und die Zähne zusammengebissen. »Welche Richtung?«, fragte sie.
    »Nach links!«, rief Sax.
    Nairod schnappte seinen Rucksack und warf ihn sich über eine Schulter. Dann rannte er los. Der Weg führte leicht bergab, und er musste abbremsen, um nicht durch seine eigene Geschwindigkeit zu Boden gerissen zu werden. Lenia schloss zu ihm auf. Die lebendig gewordene Kreatur sprang von ihrem Sockel herunter und hetzte ihnen hinterher. Letzte Splitter von weißem Stein fielen von ihr ab. Eine silbrig-blau schimmernde Panzerung bedeckte jetzt den größten Teil ihres Körpers, vom Rumpf bis zum Schädel. Hinter Augenschlitzen zuckten blaue Blitze – die gleiche Art von Blitzen, die als dicke Strahlenbündel die Arme ersetzten. Sie begannen an den Schultern und schufen eine Verbindung zu den Klauenhänden, die aus messerscharf geschliffenem Stahl zu bestehen schienen.
    »Eine

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