Magie der Schatten: Roman (German Edition)
der Sonnenuhr versammelt saßen.
»Nichts«, antwortete der Kaiser über den Tisch hinweg. »Fahrt fort.«
»Wie bereits gesagt, die Fährtensucher im Osten und Norden geben uns täglich Berichte ab, die stets nur dieselbe Ergebnislosigkeit vermelden können.«
Der Kaiser verfolgte den schwachen Schattenwurf der Mauer. Die Sonne ging langsam unter. Wenn man sehr genau hinsah, dann bewegte sich die Spitze des Schattens wirklich. Weider tippte mit seinen Fingern auf den Rand des Tischs. »Ist es so schwer, diese Männer ausfindig zu machen? Es langweilt mich so sehr, immer diese Nachrichten hören zu müssen.«
Die Gesichter in der Runde wurden bleich. Nur das Gesicht des Prinzen blieb, wie es war. Ruhig und lauernd.
»Wir tun unser Möglichstes, Majestät.« Dem Sprecher, einem Mann mittleren Alters mit schütterem Haar, segelte ein Blütenblatt auf die Schulter. Weider musste hinsehen.
»Fünf Wochen. Diese Männer sind eine Gefahr für das Reich, wie ihr sicher alle selbst wisst. Sie sind Wesen, die vom Krieg berührt wurden, und in ihnen wächst die Saat des Todes und des Mordes heran. Und ihr kommt mir immer mit denselben Geschichten.«
»Sie haben jetzt sogar Elarides«, sagte Lavar. »Seine Leiche wurde noch nicht gefunden, also gehen wir davon aus, dass sie ihn als Geisel benutzen.« Die nächsten Worte sprach er sehr langsam aus. »Es sieht ganz so aus, als bräuchte er unsere Hilfe.«
»Die Schafsritter aus dem Südreich sind auch schon auf der Suche nach ihm«, sagte Weider.
»Das Einzige, was diese Ritter mit Klingen zu tun vermögen«, sagte Lavar, »ist Schafen das Fell zu scheren.«
Einige der Ratsherren lachten.
Weider straffte seine Gestalt, und ob dieser winzigen Bewegung verstummten sie. »Diese Ritter sind unsere Verbündeten.«
»Die Söldner haben einen meilenweiten Vorsprung vor ihnen. Niemals werden die Schafsritter sie einholen auf ihren Hengsten, die sie aus Inzucht geboren haben. Seid ehrlich zu Euch selbst, Vater.«
Der Kaiser legte seine dürren Hände auf den Tisch und erhob sich. »Du beschämst mich vor dem Hof, mein Sohn.«
Lavar lachte. »Tue ich das nicht schon, seit ich aus der Wiege gestiegen bin? Habt Ihr nicht deswegen Elarides de Mesko herrufen lassen? Damit Ihr einen neuen Sohn bekommt, der Euch nicht mehr beschämt?«
Weider verschränkte seine knochigen Hände ineinander. »Das hier ist nicht der Ort dafür.«
»Stimmt. Das ist hier nicht der Ort, an dem ich Euch meinen Wert beweisen kann.« Lavar legte eine Hand an den Schwertgriff. »Denn dieser Ort kann nur das Schlachtfeld sein, auf dem ich die Söldner zugrunde richte. Lasst mich gehen, Vater.«
Die Räte blickten einander an, längst Statisten in diesem Theater.
»Lavar«, sagte Weider mit müdem Blick.
»Ich werde sie finden und sie töten. Sie werden Euch nicht länger verhöhnen, mein Vater.«
Der junge Mann stand auf, ging um den Tisch herum und beugte ein Knie vor dem Stuhl des Kaisers. Blütenkelche strichen an seinem Mantel entlang. »Gebt mir Euren Segen, Vater. Ich will Frieden für das Reich, wie Ihr. Und wenn ich den Frieden mit dem Blut dieser Männer besiegeln kann, dann will ich es tun.«
Der Kaiser sah in die Runde. »Wo ist Brakas, der Flammenhirte, zum letzten Mal gesehen worden?«
»Er brach nach Westen auf«, sagte ein dicklicher Beamter mit zittriger Stimme. »Ohne Verzögerung und ohne ein Wort, kaum dass man ihm Eure Soldaten überstellt hatte. Man sah ihn auf der Königsstraße reiten.«
»Dann ist er entweder vor mir geflohen, oder er wusste sehr genau, welchen Weg er einschlagen musste.« Der Kaiser legte seinem Sohn eine Hand auf die Schulter.
Der junge Mann blickte auf. »Er ist nicht geflohen. In seinen Augen stand Furcht. Furcht vor Euch. Er hätte es nicht gewagt, sich Eurem Befehl zu widersetzen.«
»Dann soll es so sein. Reite ihm nach. Wenn du auf ihn triffst, dann nimm ihm den Kopf. Er ist schon zu lange fort, als dass ich es anders auslegen könnte denn als Verrat.«
Prinz Lavar erhob sich. Trotz seiner erst siebzehn Lebensjahre überragte er die Anwesenden. »Nicht nur seinen Kopf, sondern auch die der anderen Söldner will ich Euch vor den Thron legen. Vertraut auf mich.«
»Das will ich tun. Noch einmal.«
Der Prinz schritt über den Weg durch das Blumenfeld. »Ich werde alle Mittel einsetzen, mit Eurer Erlaubnis.«
»Die hast du. Geh mit meinem Segen.«
Weider sah seinem Sohn nach, bis er durch das Tor des Hofs verschwand.
»Beeindruckend, nicht
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