Magie der Schatten: Roman (German Edition)
Scherz ist.«
»Aber an das Buch glaubst du doch. An die Formel.«
»Ja, das schon …«
»Dann los, entschlüssle die Formel, und ich gebe dir den Drachen, den du brauchst.«
Nairod sah ihn einen Moment lang an. Dann lachte er und legte sich wieder rücklings hin, einen Arm über die Augen gelegt. »Wo hast du ihn denn versteckt? Unter all deinen Haaren?« Er zog sich die Decke bis zum Hals hoch. Sax warf sich nieder, um der anrollenden Welle zu entgehen. Vergeblich.
Es raschelte unter der Decke, und sein Kopf lugte heraus. »Es gibt noch einen Drachen. Er hängt keiner feinen Dame in Form einer Schuppengliederkette um den Hals oder wird von einem reichen Schönling als Drachenknochenklinge in den Krieg getragen. Nein, sein Herz schlägt noch.«
»Ein lebendiger Drache?«, fragte Nairod. »Darauf hätte sich längst die versammelte Priesterschaft des Kontinents gestürzt, habe ich nicht recht? Als der letzte Drache gestorben ist, sind sie reihenweise wahnsinnig geworden und in den Tod gegangen. Du kannst mir nicht erzählen, dass ein lebender, atmender Drache, ein Bote des Gottes existiert und er nicht längst in einem Triumphzug durch die Städte geführt worden wäre.«
»Was, wenn niemand von dem Drachen weiß?«, fragte Sax dicht an seinem Ohr. »Vor allem nicht die Priester?«
»Woher wüsstest dann du davon?«
»Wie drücke ich mich am besten aus? Der Drache lebt, aber er kann sich mit niemandem verständigen, und er ist an einen Ort gebunden. Ich kann ihn dir zeigen. Aber dazu musst du mir glauben.«
Nairod seufzte. »Du hast mir schon durch den Irrgarten geholfen. Wahrscheinlich bin ich ein Narr, aber ich glaube dir. Wenn du tatsächlich weißt, wo sich ein Drache aufhält, wäre ich ziemlich dumm, diese Gelegenheit verstreichen zu lassen.«
»Guter Mann!«, sagte Sax und lachte. Sein Lachen wurde unterbrochen von einem Klopfen an der Tür. Rasch sprang er vom Bett, um darunter zu verschwinden.
Nairod sah ihm nach. »Wer ist da?«, fragte er in Richtung Tür und zog die Decke etwas höher.
»Ich bin es.« Lenias Stimme.
»Komm rein.«
Die Tür öffnete sich. Lenia trug wieder die fleckenlose Uniformjacke. Das letzte Mal hatte er sie dreckverschmiert gesehen. Sie schleppte einen Wasserkübel herein, aus dem Dampf stieg. Ächzend stellte sie ihn in einer Zimmerecke ab. »Endlich bist du wach.«
Vor dem Fenster war es noch immer finster. »Endlich? Ich habe doch nicht mehr als ein paar Stunden geschlafen.«
»Doch«, sagte sie schlicht. Sie ging vor die Tür und holte ein hölzernes Tablett herein. »Einen ganzen Tag und eine ganze Nacht hast du geschlafen, und jetzt wird es schon wieder langsam Morgen. Gut, dass ich das irgendwie geahnt habe.« Sie stellte das Tablett auf dem Nachttisch neben ihm ab. Darauf waren frische Brötchen, eine große Tasse, Tontöpfchen mit Butter, Marmelade und Honig. »Wenn du länger geschlafen hättest, hätte ich mich auch sehr gewundert.«
»Einen ganzen Tag und eine ganze Nacht …« Nairod setzte sich auf, in die Decke gehüllt. »Darauf hätte ich nach den letzten Tagen wohl auch selbst kommen können.«
»Wie fühlst du dich? Es war ziemlich dumm von dir, deinem Körper so viel zuzumuten.« Sie setzte sich neben ihn aufs Bett.
»Aber wer weiß, wie es ausgegangen wäre, wenn wir an einem anderen Tag eingebrochen wären … Sucht dieser Ariman schon nach uns?« Nairod nahm die dampfende Tasse vom Tablett und nippte daran. »Holunder. Schmeckt gut.«
Lenia lächelte ihn an. »Schön. Nein, wir werden nicht gesucht. Im Gegenteil, noch gestern hat sich in der Stadt herumgesprochen, dass Ariman endgültig den Verstand verloren haben soll. Er soll ein Feuer in seinem eigenen Garten entzündet haben und kreischend um einen Haufen brennenden Papiers herumgetanzt sein. Niemand weiß, was mit ihm geschehen ist, und …« Sie sah ihn an. » Ich weiß es auch nicht. Obwohl ich beinahe dabei gewesen wäre. Was ist da unten in seinem Keller geschehen, Nairod?«
Er starrte lange in seine Tasse. Dann zuckte er mit den Schultern und nahm noch einen Schluck von dem würzigen Tee. »Keine Ahnung. Er wollte eine Magie wirken, ich habe schnell reagiert und wollte sie bannen. Ich weiß nicht, ob es funktioniert hat. Irgendwie ist plötzlich Leben in die Schatten gefahren. Sie haben sich auf ihn gestürzt. Entweder ist mein Bannversuch fehlgeschlagen, und diese Schatten waren sein Machwerk – aber dann war es eine ziemlich schlechte Idee von ihm, sie auf sich selbst zu
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