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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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Schlange schnellte hinterher, das Maul aufgerissen. Ihre Zunge war schon an seinen Waden – dann rammte sich das Untier den Steindorn in den Unterkiefer. Rotes Blut schoss heraus und spritzte auf den Schnee zehn Meter unter ihnen. Die Schlange fauchte und wand sich. Der Dorn brach ab und blieb im Unterkiefer stecken. Nairod nutzte seinen Vorsprung und rannte. Aber statt ihn zu verfolgen, glitt die Schlange ein Stück zurück und aus dem Loch in der Wand hinaus.
    Nairod hielt inne.
    Schabend drangen die Bewegungen des Schlangenkörpers durch die Wand.
    »Gibt Ariman nach so einer Wunde schon auf?«, keuchte er. »Nachdem er mich wochenlang verfolgt hat?«
    »Nein, du Naivling!«, kam es von seiner Schulter. »Er kriecht zum nächsthöheren Loch in der Wand und kreist dich von dort aus mit seinem bloßen Körper ein. Du musst vor ihm dort sein!«
    Nairod maß den Schlangenkörper mit seinen Augen. Zwanzig Meter mochte das kupferne Schuppentier messen, auf jeden Fall genug für Arimans Vorhaben. »Verdammt!«
    Wieder setzte er sich in Bewegung, sprang über Spalten und rannte endlose Stufen hinauf. Die Muskeln in seinen Beinen brannten. »Er treibt uns ganz nach oben …«
    Er hetzte bis zum nächsten Wanddurchbruch. Hinter der Turmwand schabte der Schlangenkörper. Kurz bevor Nairod den Durchbruch erreichte, schob sich das bronzene Schlangenmaul hindurch. Nairod fluchte. Aber der Eingang war zu eng für den ganzen Schlangenkopf. Das Maul schnappte und drehte sich und brach dabei Steine aus der Öffnung. Nairod schwang sich auf die Schnauze – die Nüstern blähten sich und witterten nach ihm –, sprang auf der anderen Seite wieder ab und jagte durch seine Hand mit aller Macht Bannenergie in den Schlangenkörper.
    Die Schnauze flachte ab, als habe sie jemand mit einem Faustschlag plattgedrückt. Wieder verloren die Schuppen ihre Farbe, und unter den Lippen bildete sich eine Ausbuchtung wie ein menschliches Kinn. Als die Schlange die Schnauze öffnete, standen darin neben den spitzen Schlangeneckzähnen die gewöhnlichen Schneide- und Backenzähne eines Menschen. Im nächsten Moment lief die Verwandlung rückwärts, und Ariman war wieder eine gigantische Schlange.
    Nairod hatte knapp zehn Meter gewonnen. Über ihm lag nur noch eine Wandöffnung, dahinter der Aufgang zur Turmspitze.
    »Was soll ich tun, Sax? Du bist doch sonst immer so schlau, hast du auch gegen Riesenschlangen etwas in der Tasche?«
    » Du hast etwas in der Tasche«, sagte der Wicht von hinten, aus Nairods Kapuze. »Einen Kristall.«
    »Nein. Den nehme ich nicht. Er kann Ariman vielleicht für ein paar Sekunden unschädlich machen, aber ich habe nichts, mit dem ich … es beenden könnte.«
    »Doch! Die Gloriengarde vorhin hast du mit der Macht der Schatten einfach zerdrückt.«
    Nairod übersprang eine kleine Kluft in der Treppe. Die Schlange holte auf, aber noch immer blieben zwischen ihnen einige Meter Raum, und es waren nur noch wenige Schritte bis zur Spitze. »Ich kriege das nicht noch einmal hin, und überhaupt: Eine Schlange zerdrücken , das erscheint mir so aussichtsreich, wie einem Stier mit gesenktem Kopf entgegenzurennen oder einen Wolf mit den Zähnen beißen zu wollen.«
    »Versuch es. Die Schatten sind auf deiner Seite, das hast du doch gemerkt. Ruf sie. Und den Kristall brauchst du nicht einmal.«
    Nairod erreichte die Turmspitze und trat hinter das Eingangsloch. So würde die Schlange ihn nicht sofort sehen. »Sax, das ist wahnsinnig.«
    »Ich würde ja sagen Stirb lieber, wenn du es so sehr willst , aber leider wird die Schlange mich zu Erl-Brei machen, wenn du sie nicht vernichtest. Und deine Freundin kriegt Ariman auch, früher oder später.«
    Zeitgleich mit Sax’ letzten Worten brach der Kopf der Schlange ans Licht und schob den Schnee auf der Turmspitze beiseite. Sie schlängelte sich um die Zinnen, umfasste die ganze Plattform mit ihrem Körper und schuf ein Gefängnis aus kupfernfarbenen Schuppen. Den Hals streckte sie langsam zu ihm nach unten. Nairod meinte, ein teuflisches Lächeln um die Lippen des Reptils zu erkennen.
    »Na gut. Ich gebe alles«, flüsterte er.
    »Im Turm sind genug Schatten. Benutze sie.«
    Nairod bündelte die Kraft, die er noch hatte, und sandte sie mit einer Handbewegung nach unten in den Turm. Vielleicht würde sie als einfache Bannmagie wirken und dort unten, wo es keine magischen Energien zu bannen gab, wirkungslos verklingen.
    Arimans Schlangenmaul öffnete sich. Die gespaltene Zunge flatterte

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