Magie einer Gewitternacht
und blieb stehen.
„Möchtest du vielleicht noch einen Kaffee?“
Er schüttelte den Kopf. „Danke, aber ich glaube, mein Magen würde rebellieren. Außerdem muss ich früh aufstehen. Ich helfe morgen Zane und Jason mit den Pferden. Da brauche ich vorher meinen Schlaf.“
„Das verstehe ich.“
Er wollte gehen, schaffte es aber nicht. Stattdessen konnte er sie immer nur anschauen. „Gute Nacht, Lucia“, flüsterte er schließlich und strich flüchtig mit den Lippen über ihren Mund.
„Gute Nacht, Derringer.“
Er straffte den Rücken und sah ihr nach. Erst als die Tür ins Schloss fiel, drehte er sich um und ging zu seinem Wagen zurück. Er musste ganz dringend nachdenken. Irgendwie musste er dahinterkommen, was diese Lucia Conyers an sich hatte, das ihn in einen Zustand versetzte, den er noch nie erlebt hatte und der ihm geradezu unheimlich war.
6. KAPITEL
Zane war gerade damit beschäftigt, sein Pferd zu satteln, und hielt nur lange genug inne, um zu seinem Bruder hinüberzusehen. „Was ist eigentlich los mit dir, Derringer? Letzte Woche warst du brennend an Dessous interessiert, und jetzt auf einmal willst du alles über Parfüm wissen. Hast du dir inzwischen übrigens das Videoband angeschaut und herausgefunden, wer die Frau ist, die bei dir war?“
Derringer rieb sich das Gesicht. Er hätte sich ja denken können, dass es nicht gerade seine brillanteste Idee gewesen war, mit seinem Problem ausgerechnet zu Zane zu rennen. Andererseits kannte sein Bruder sich besser als jeder andere mit Frauen aus, und er, Derringer, brauchte einfach ein paar Antworten. Und wenn er die hatte, dann kam er vielleicht auch dahinter, was genau eigentlich zwischen Lucia und ihm war. Seit dem Kinobesuch war fast eine Woche verstrichen, und er war der Lösung immer noch nicht näher gekommen. Nicht einmal mit dem Beweisstück hatte er Lucia konfrontiert.
„Mit mir ist überhaupt nichts los“, behauptete er jetzt. „Beantworte einfach meine verdammte Frage!“
Zane musste lachen. „Sind wir ein bisschen empfindlich? Wie lief eigentlich deine Verabredung mit Lucia? Du hast überhaupt noch nichts erzählt.“
„Und ich werde dir auch nicht mehr erzählen, als dass es nett war.“
„Ich hoffe sehr, dass das wirklich alles ist. Sonst bekommst du es nämlich mit Chloe, Megan und Bailey zu tun. Und dabei hast du noch Glück, dass Gemma gerade im Ausland ist. Andererseits kommt sie Ende des Monats zu unserem Ball zurück.“
Derringer stieß etwas Unverständliches zwischen den Zähnen hervor. Die Frauen in dieser Familie sollten sich nicht ständig überall einmischen, und wenn irgendwann das Thema Lucia angesprochen wurde, würde er ihnen das auch genau so sagen. Die letzten Tage hatte er sich eher rargemacht, nur einmal hatte er Chloe, Ramsey und die kleine Susan besucht, aber da war das Gespräch nicht auf Lucia gekommen. Insgeheim befürchtete er, dass er sie irgendwann zufällig bei Chloe oder Ramsey treffen würde, und allein das war schon bemerkenswert: Dass Derringer Westmoreland eine Frau mied, hatte es noch nie gegeben.
„Also?“, forderte er jetzt seinen Bruder auf.
„Zuerst will ich eine Antwort“, gab Zane zurück. „Hast du dir dieses Videoband angeschaut?“
Derringer warf ihm einen bösen Blick zu. „Ja.“
„Und?“
„Darüber möchte ich nicht sprechen.“
Ein Hauch von Schadenfreude erschien auf Zanes Zügen. „Wenn du in neun Monaten eine Vaterschaftsklage am Hals hast, wirst du darüber sprechen müssen.“
Derringer erlitt einen mittleren Schock bei der Erkenntnis, dass Lucia vielleicht schwanger von ihm war. Sie hatten in dieser Nacht nicht verhütet. Machte ihr das keine Angst? Er erwiderte den Blick seines Bruders. „Das tue ich dann, wenn es so weit ist. Jetzt gib mir endlich eine Antwort.“
„Wie war die Frage noch mal?“, hakte Zane nach. „Ich bin neuerdings ziemlich vergesslich.“
Nie im Leben, dachte Derringer böse. Er wusste genau, dass Zane ihn nur aushorchen wollte. Das gefiel ihm zwar ganz und gar nicht, aber da er ihn brauchte, musste er im Moment darüber hinwegsehen. „Ich möchte alles über Parfüms wissen und über den Duft von Frauen.“
Zane lehnte sich an den Zaun. „Das ist nicht allzu schwierig. Alle Frauen haben ihren eigenen, ganz individuellen Duft, und wenn man als Mann aufmerksam ist, kann man sie daran praktisch im Dunkeln erkennen. Es gibt Männer, die merken schon an diesem Duft, wo die Frau sich in einem Raum gerade aufhält, noch bevor
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