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Magie und Schicksal - 2

Magie und Schicksal - 2

Titel: Magie und Schicksal - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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Freunden genauso ergeht. Ich will nicht erleben, wie du deine Loyalität den Grigori gegenüber verletzen musst, um mich zu beschützen.« Er will protestieren, aber ich lege meinen Finger an seine Lippen. Dann schaue ich ihm in die Augen. Er soll wissen, dass es mir ernst ist. »Ich muss es tun, Dimitri. Bitte verschwende nicht unsere kostbare Zeit mit
sinnlosem Streit. Sei einfach bei mir. Sei bei mir und sei gewiss, dass ich heute Nacht – und für immer und ewig – dir gehöre, komme, was wolle.«
    Ich küsse ihn mit aller Liebe, die ich für ihn empfinde. Ich öffne mich ihm, ertrinke in dem wundervollen Gefühl seiner nackten Haut auf mir. Und ich empfinde keinerlei Reue.

38
    D ie meiste Zeit des Tages verbringen wir in verdrießlichem Schweigen. Sonia, Luisa, Helene, Brigid, Tante Virginia und ich beschäftigen uns halbherzig mit einem Kartenspiel oder unternehmen den Versuch, in den wenigen staubigen Büchern zu lesen, die auf einem Regalbrett stehen, während die Männer die Umgebung hoch zu Ross erkunden. Als der Abend dämmert, ist immer noch keine Spur der Leibwache zu sehen, und obwohl ich darüber herzlich froh bin, habe ich keinen Zweifel, dass sie irgendwo da draußen sind. Ich weiß nicht, wann sie kommen, aber dass sie kommen werden, das weiß ich genau.
    Später ziehe ich mich mit Dimitri in mein Zimmer zurück, um mich auf die Beschwörung vorzubereiten. Schweigend packe ich meine Sachen, ohne zu wissen, ob ich selbst oder jemand anderes sie nach London zurückbringen wird. Wer weiß, ob ich diese Nacht überlebe? Da höre ich Dimitris Stimme hinter mir.

    »Ich habe auf den richtigen Augenblick gewartet, um dir das hier zu geben.« Ich drehe mich zu ihm um. Er streckt mir ein Päckchen entgegen, das in einfaches braunes Papier gewickelt ist. »Vermutlich hatte ich gehofft, dass es gar nicht so weit kommen würde. Aber ich kann mich nicht länger belügen.«
    Ich nehme das Päckchen nicht gleich, sondern betrachte es nur, als ob ich Angst hätte, es zu berühren und dadurch etwas auszulösen, das nicht mehr rückgängig zu machen ist. Aber das ist natürlich Unsinn. Die Ereignisse, die unser aller Leben bestimmen, haben vor Urzeiten ihren Anfang genommen. Nichts und niemand kann sie jetzt noch aufhalten.
    Ich strecke die Hand aus und bin überrascht von dem Gewicht. »Was ist da drin?«
    Er setzt sich neben mich aufs Bett. Sein Körper drückt die Matratze nach unten, was dazu führt, dass ich mich ihm zuneige, bis sich unsere Körper berühren.
    »Etwas, das dir heute Nacht Trost spenden soll. Mach es auf.«
    Ich löse die Schnur, die um das Päckchen geknotet ist, und wickele das braune Papier ab. Zum Vorschein kommt ein dicker Stapel violettfarbene Seide. Als ich mit der Hand darüber streiche, gleitet eine Erinnerung wie ein Lufthauch in meine Gedanken, wie die Überbleibsel eines wunderschönen Traums.
    »Ich … verstehe nicht.«
    Ein Kichern entschlüpft seiner Kehle, gespickt mit Melancholie.
»Es ist wahrlich mühsam, dir ein Geschenk zu machen. Falte die Seide auseinander.«
    Ich lege den Stoff auf das Bett und hebe die oberste Lage ab. Ich schüttele die Seide, bis sie sich aufbläht und in einer schimmernden Woge aus Violett auf den Boden fällt. Ich halte sie von mir weg – und dann verstehe ich.
    »Oh! Aber…« Ich drehe mich zu Dimitri um. Mir sitzt ein Kloß im Hals und ich muss schlucken. »Woher hast du das?«
    Er nickt zu dem braunen Papier, das ich achtlos aufs Bett gelegt habe. »Ich glaube, da ist auch ein Zettel dabei.«
    Ich lege das Gewand beiseite und durchwühle das Packpapier, bis ich einen gefalteten Zettel aus dickem Papier finde. Die Handschrift ist mir unbekannt, und ich stehe auf und gehe zum Kamin, um besser lesen zu können.
    Anfangs fällt es mir nicht leicht, die elegant geschwungenen Buchstaben zu entziffern, aber sobald ich anfange zu lesen, stockt mir der Atem.
    Liebste Lia,
    ist es nicht merkwürdig, wie scheinbar unbedeutende Dinge und Ereignisse grundlegende Veränderungen herbeiführen können? Deine Anwesenheit auf Altus war ein solches Ereignis für mich. Obwohl Du nur wenige Tage hier verweilen konntest, empfinde ich unsere Freundschaft als Segen. Ich denke sehr oft an Dich.

    Ich weiß, dass die Zeit näherrückt, da Du Dich Samael und seinen Seelen entgegenstellen musst, und ich weiß, dass Du es tun wirst – für die Schwestern, für jene, die vor Dir waren, und für jene, die noch kommen werden. Es erscheint mir nur angebracht, dass wir, die

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