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Magie und Schicksal - 2

Magie und Schicksal - 2

Titel: Magie und Schicksal - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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geschlafen?«
    Die zärtliche Anrede trifft mich unvorbereitet, und eine warme Welle des Entzückens durchfährt mich, als ich mir bewusst mache, dass ich seine Liebe bin. Und er ist meine.
    Ich trete auf ihn zu und lasse mich von ihm in die Arme nehmen. »Nein. Der Schlaf ist derzeit nicht mein Freund, fürchte ich.«
    Er hebt mein Kinn zu seinem Gesicht empor und betrachtet mich aufmerksam, als ob ich ein Buch wäre, in dem er zu lesen versucht. »Ich verstehe«, sagt er. »Ich hätte genauer hinschauen sollen, bevor ich fragte. Es ist nicht zu übersehen, dass du keine angenehme Nacht hinter dir hast.«
    Ich schiebe ihn sanft von mir. »Na, vielen Dank auch! Soll ich mich jetzt etwa geschmeichelt fühlen?«
    Er küsst meine Nasenspitze. »Es war nicht als Kränkung gemeint. Für mich bist du bei Tag oder Nacht und in jeder Verfassung das Schönste auf der Welt. Ich mache mir nur Sorgen um dich. Du siehst abgespannt und erschöpft aus und wir haben noch viel Arbeit vor uns.«

    Ich lächle, gerührt von seiner Fürsorge. »Es ist nichts, was frische Luft und ein gutes Essen nicht im Nu wieder kurieren könnten.« Ich schaue mich um. »Wo sind die anderen? «
    »Mr O’Leary und seine Tochter kümmern sich um den Haushalt.« Dimitri zögert und reibt sich über die Bartstoppeln auf seinem Kinn. »Und Gareth ist fort, fürchte ich.«
    »Fort?« Ich blicke ihn fragend an. »Was meinst du damit? «
    Er beugt sich vor und nimmt ein gefaltetes Blatt Papier vom Tisch. »Er mag keine Abschiede, sagt er. Er ist heute früh abgereist und hat das für dich dagelassen.«
    Er reicht mir den Zettel, und ich wende mich zum Feuer, falte ihn auseinander und überfliege seine geschwungene Schrift.
    Meine liebe Herrin,
    bitte verzeih, dass ich Dir nicht Lebewohl sage, aber ich habe Abschiede nie gemocht. Und in diesem Fall fällt er mir besonders schwer. Ich wünschte, Du würdest mich Dir bei Deiner Aufgabe helfen lassen, denn es ist offensichtlich, dass Dir die Last schwer auf dem Herzen liegt. Sei versichert, dass Du zu jeder Zeit auf mich zählen kannst. Wenn Du irgendwann einen treuen Freund oder einen Beschützer brauchst, brauchst Du nur nach mir zu schicken. Ich stehe Dir immer zu Diensten.

    Was für einen Weg Du auch wählen wirst, für mich wirst Du immer die rechtmäßige Herrin von Altus sein.
     
    Dein treuer Diener
Gareth
    Ich falte den Zettel wieder zusammen und empfinde Gareths Aufbruch als schmerzlichen Verlust, obwohl ich ja wusste, dass er uns heute verlassen wollte. So viele Menschen haben mich verlassen, so viele Abschiede wurden mir aufgezwungen, ohne dass ich Gelegenheit hatte, die Dinge zu sagen, die ich hätte sagen mögen.
    Ich glaube, ich hätte einfach gerne einmal Auf Wiedersehen gesagt.
    »Ich bin sicher, er wollte euch beiden einen traurigen Augenblick ersparen.« Dimitri steht hinter mir. »Es ist nicht zu übersehen, dass du ihm viel bedeutest.«
    »Und er mir.« Ich richte die Worte an das Feuer im Kamin und hole tief Atem, ehe ich mich wieder Dimitri zuwende. »Was hältst du davon, wenn wir uns jetzt ins Esszimmer begeben, frühstücken und uns dann an unser Tagwerk begeben? Wir haben jede Menge zu tun.«
    »Ich möchte dir nur ungern widersprechen.« Er lächelt und nimmt meine Hand. »Aber es bleibt mir nichts anderes übrig. Komm mit. Ich habe eine Überraschung für dich.«

    Wir galoppieren über die üppigen Felder, die sich vor uns ausbreiten. Ringsum steigen sanfte Hügel auf. Der Himmel ist von einem außergewöhnlichen Blau, und wenn ich nach oben schaue und mich an seiner Klarheit erfreue, ist mir, als ob die Welt zur Seite kippt, bis ich in dem blauen Himmelsozean zu ertrinken drohe.
    Die Grabhügel, merkwürdig anzusehen mit ihren felsigen Auswüchsen, bewachen uns aus der Ferne. Sie ragen auf, sodass die Landschaft aussieht wie mit ihnen gespickt. Wir lenken die Pferde dorthin, und mit jedem Schritt, den wir näher kommen, empfinde ich die gleiche seltsame Vertrautheit wie in Chartres. Als wir an dem größten Grabhügel anhalten, vibrieren meine Nerven vor Wachheit. Ich fühle mich mit dieser wilden und ursprünglichen Landschaft verbunden, mit ihr und den unterirdischen Grabhöhlen, aber gleichzeitig ist mein Herz von einer Melancholie erfüllt, die ich nicht erklären kann.
    Ich steige aus dem Sattel und betrachte die Umgebung. Dann wende ich mich Dimitri mit einem Lächeln zu. »Das ist ja wirklich eine nette Überraschung, aber die Grabhügel sind wohl kaum deine Erfindung.

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