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Magie und Schicksal - 2

Magie und Schicksal - 2

Titel: Magie und Schicksal - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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die Hand aus, um mir hoch zu helfen.
    »Wo ist es?«, fragt er Maeve und schaut sich um, während er mich hochzieht.
    »Hier! Genau hier!« Sie kann ihre Erregung nicht unterdrücken, und ich schaue mich in der Höhle um. Ich kann nichts Auffälliges entdecken. »Kommen Sie mit! Hier entlang! «
    Sie zieht mich ein Stück mit sich und dreht mich leicht zur Seite, sodass ich der Rückseite der Höhle zugewendet bin.
    »Warten Sie einfach ab.« Ihre Worte sind kaum mehr als ein hauchzarter Seufzer. Es sieht ganz so aus, als ob das, worauf sie so sehnsüchtig gewartet hat, tatsächlich heute passieren wird.
    Es fängt mit der Sonne an. Dimitri und ich stehen hintereinander neben dem mit Geröll und größeren Steinbrocken übersäten Gang, der längs durch die Höhle führt. Die
Felsenkammer, eben noch dunkel bis auf das schwache Licht der kleinen Fackel, erhellt sich leicht in der Morgendämmerung.
    Die aufgehende Sonne, die sich draußen über den Horizont erhebt, wirft ihre Strahlen geradewegs in die Grabhöhle hinein. Ein Rechteck aus goldenem Licht wird in der hinteren Ecke der Felswand sichtbar, die vom Eingang am weitesten entfernt liegt. Es scheint auf den ersten Blick nichts Besonderes zu sein, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie das Licht, das Millionen von Meilen entfernt seinen Ursprung hatte, seinen Weg durch die Windungen und Biegungen der Höhle finden kann, um schließlich die rückwärtige Felswand zu beleuchten.
    Und das ist noch nicht alles.
    Wir schauen zu, wie der Lichtfleck nach rechts wandert und mit jeder Minute größer wird. Langsam schiebt er sich in die Mitte der Wand, und als er das Zentrum erreicht, scheint der gesamte Fels in Flammen zu stehen. Die verschlungenen Muster, die in den Stein geritzt sind, muten in ihrer rätselhaften Pracht lebendig an. Es ist unglaublich, wie die Menschen, die vor Tausenden von Jahren diese Grabanlage erbauten, alles so perfekt einrichten konnten. Die Tatsache, dass die Rückwand nur einmal im Jahr erleuchtet wird, ist ebenfalls ein Rätsel, aber noch ehe ich diesen Gedanken zu Ende gedacht habe, durchzuckt mich die Erkenntnis, als hätten sich die Nebel von Altus vor meinen Augen gelichtet: Die Tagundnachtgleiche des Frühlings.

    Die Höhle ist so gestaltet, dass die Sonne nur während der Tagundnachtgleiche den Felsen erhellt.
    In diesem Augenblick fühle ich alles überdeutlich. Dimitri hinter mir, der mich nicht berührt, dessen schnellen Atem ich jedoch hören kann, während er die Wanderung der Sonne über die Höhlenwand verfolgt. Der felsige Boden, kalt und hart, Jahrhunderte alt, unter meinen Stiefeln. Der staubige, metallische Geruch des Steins in der Höhle und die Erde, auf der sie steht.
    Es dauert mehrere Minuten, bis der Lichtfleck wieder aus dem Zentrum herausgewandert ist, wobei er beständig kleiner wird. Reglos und schweigend stehen wir da, bis die Höhle wieder dunkel wird und das kleine Rechteck aus Licht nur noch stecknadelkopfgroß ist, wie ein strahlend heller Stern. Dann ist es vorbei.
    Eine ganze Weile rühren wir uns nicht. Als ich schließlich den Kopf zu Dimitri umwende, treffen sich unsere Augen. In ihnen lese ich all das, was uns verbindet, unsere gemeinsame Vergangenheit, die Vergangenheit unseres Volkes und auch die Zukunft, die wir uns wünschen. Sein Lächeln ist ein Versprechen, und ich bin mir sicher, dass wir von diesem Moment an über Raum und Zeit hinweg aneinander gebunden sind.

22
    A ls der Zauber verflogen ist, wende ich mich zu Maeve um, die immer noch wie gebannt auf die Stelle starrt, wo das winzige Lichtpünktchen verschwand. Sie muss meinen Blick fühlen, denn sie dreht sich zu mir um. Ihre Augen sind klarer als je zuvor.
    »Danke.« Meine Stimme ist nur ein Flüstern. Ich möchte ihr sagen, dass ich die Magie des Augenblicks erkenne, auch wenn sie uns nicht die Antwort geben konnte, die wir so dringend brauchen.
    Ihr Gesicht verzieht sich zu einem Lächeln. »Sie sollten mir nicht danken. Jedenfalls noch nicht. Ich habe Ihnen immer noch nicht gezeigt, wonach Sie suchen.«
    Erst glaube ich, sie will versuchen, die Linien und Spiralen auf der Steinmauer vor der Felswand zu entziffern, aber stattdessen zieht sie mich zur Seite und bückt sich, um etwas zu betrachten, das sich kurz oberhalb des Bodens befindet.

    »Es geht nicht um die Felswand selbst. Allerdings frage ich mich, ob die Muster und Symbole vielleicht das Gleiche bedeuten. Nur dass wir sie nicht verstehen.«
    Sie winkt Dimitri zu uns und

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