Magie
Meisters reserviert war. Das Zentrum des Sohnesquartiers bildete ein großer Hauptraum, von dem man Zugang zu allen anderen Räumen in diesem Teil des Hauses hatte. Diese kleineren Räume standen leer, bis auf das Schlafzimmer des Paares. Der Mangel an Möbeln schien Traurigkeit und Missbilligung auszudrücken. In diesen Zimmern hätten Staras Neffen und Nichten leben sollen.
Es wäre schlimm genug, dieser Erwartung nicht gerecht zu werden, dachte Stara, als Vora sie in den Hauptraum führte, aber jeden Tag daran erinnert zu werden, wäre schrecklich - vor allem mit der zusätzlichen Angst vor einer Ermordung als Konsequenz des Unvermögens, Kinder zu gebären.
Dann krampften sich ihre Eingeweide vor Furcht zusammen. Und Ikaro bittet mich, selbst zum Zentrum dieser Erwartung zu werden. Was wird geschehen, wenn auch ich kein Kind hervorbringen kann? Sie wusste, was Vora sagen würde. »Es ist immer das Beste, nicht über Probleme nachzugrübeln, bevor es unbedingt sein muss, Herrin.« Stara war anderer Meinung. Sie bevorzugte das Motto: »Besser vorbereitet sein und angenehm überrascht, als unerwartet getroffen werden.«
Nachira erhob sich, um Stara zu begrüßen, und als sie sie auf beide Wangen küsste, klimperte ihr Schmuck auf angenehm melodische Weise. Stara erwiderte die Geste. Sie setzten sich auf gepolsterte Hocker in der Mitte des Raums. Nachdem Vora sich der Länge nach auf den Boden geworfen hatte, nahm sie ihre gewohnte Position auf einem Bodenkissen hinter Staras Platz ein. Obwohl die alte Frau bei diesen Gelegenheiten stets ächzte und sich die Glieder rieb, widersetzte sie sich Aufforderungen, »auf ihrer Höhe« Platz zu nehmen, und wenn sie es ihr befahl, schien sie sich unbehaglich zu fühlen und machte unglückliche Bemerkungen, bis Stara ihr erlaubte, auf das Bodenkissen zurückzukehren.
»Ist mein Bruder hier?«, fragte Stara und sah sich um.
»Er versichert sich, dass Ashaki Sokara nicht frühzeitig zurückkommt«, antwortete Nachira mit ihrer tiefen, rauchigen Stimme. »Er hat einen der Sklaven darüber spekulieren hören.«
»Ich kann noch immer nicht glauben, dass Vater etwas dagegen hätte, wenn sein Sohn und seine Tochter sich unterhalten.«
»Oh, er wird etwas dagegen haben.« Nachira runzelte die Stirn. »Wenn er von den Sklaven davon erfährt. Wir werden ihm erzählen, wir hätten das Gefühl gehabt, ein Auge auf dich haben zu müssen und dich ein wenig abzulenken, damit du nicht noch einmal versuchst, das Haus zu verlassen.«
»Wird er nicht deine Gedanken lesen und feststellen, dass es nicht wahr ist?«
Die Frau blinzelte. »Nein. Zumindest... hoffe ich es nicht. Er hat es noch nie getan. Nun, nicht seit diesem einen Mal nach der Hochzeit, als er sich davon überzeugen wollte, dass ich keinen geheimen Auftrag habe, ihm Schaden zuzufügen. Aber er ist sehr behutsam zu Werke gegangen.«
Stara wandte den Blick ab. »Ich hätte gedacht, dass er es vor der Hochzeit getan hätte, wenn er dachte, es sei gerechtfertigt.«
»Dann hätte mein Vater die Hochzeit abgesagt. Es wäre unhöflich gewesen, zu diesem Zeitpunkt ein solches Misstrauen an den Tag zu legen.«
»Aber nach der Hochzeit war es nicht mehr unhöflich?« Stara sah Nachira in die Augen.
Die Frau senkte den Blick. »Nicht ganz so unhöflich. Und wie gesagt, er war sehr behutsam. Ich fand, dass es sich nicht lohnte, meinen Vater damit zu behelligen.«
Stara nickte seufzend. Dies bestätigte ihren Argwohn, dass das Lesen der Gedanken eines freien Menschen - selbst wenn er zur Familie gehörte - kein alltägliches, allgemein akzeptiertes Tun war.
Vora hatte sie seit jener ersten Begegnung in den Bädern jeden Tag zu den Räumen ihres Bruders gebracht. Manchmal besuchte Stara sie morgens, manchmal später am Tag. Sie glaubte nicht, Nachira bereits gut zu kennen, aber sie schätzte die Frau als einen sehr freimütigen, offenen Menschen ein. Die Vorstellung, dass Ikaros Frau einen geheimen Auftrag haben könnte - oder irgendein anderes Geheimnis als ihre Unfruchtbarkeit -, war unwahrscheinlich.
Ich mag sie durchaus, überlegte Stara. Ich habe nichts gesehen, was mir missfallen könnte, mit Ausnahme ihrer absoluten Passivität vielleicht. Wenn ich dächte, mein Schwiegervater würde mich wahrscheinlich töten wollen, würde ich von meinem Mann verlangen, mich in Sicherheit zu bringen, oder ich würde ihn zumindest darum anflehen.
Vielleicht gab es keine »Sicherheit«. Wohin sollten Ikaro und
Nachira gehen? Ohne das
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