Magie
Zahl, aber sind wir einander auch an Stärke ebenbürtig? Jene
von uns, die in Tecurren gekämpft haben, werden geschwächt sein, obwohl die Großzügigkeit der Dorfbewohner dies ein wenig wieder wettgemacht haben wird. Die Sachakaner haben dagegen die Stärke ganzer Städte genommen. Mir gefallen unsere Chancen nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Fürs Erste sollten wir tun, was in unserer Macht steht, um den Menschen hier zu helfen. Einige könnten unter Trümmern vergraben oder gefangen sein. Ich werde mich abermals mit unserem Geheimcode für Gedankenkontakt mit dem König in Verbindung setzen. Seid bereit, jederzeit aufzubrechen.«
Als die Magier sich zerstreuten und in alle Richtungen davongingen, hielt Dakon Ausschau nach Jayan und Tessia. Keiner seiner beiden Schüler stand hinter ihm. Er ließ den Blick über den Dorfplatz wandern und entdeckte die beiden schließlich; sie saßen einige Schritte entfernt links und rechts neben einem kleinen Jungen.
Als er näher kam, erkannte er, dass der Junge verletzt war und Tessia ihn behandelte. Jayan hatte den Arm des Jungen in ein Stoffbündel gehüllt. Trotz der Stütze war der Unterarm in einem unnatürlichen Winkel gebogen. Tessia berührte ihn sanft.
Und dann, unter Dakons Augen, streckte der Arm sich langsam.
Der Junge schrie auf vor Schmerz und Überraschung, dann brach er in Tränen aus. Tessia schaute sich hastig um und zog ein Holzstück mit Magie zu sich heran. Splitter flogen durch die Luft, und das Holz spaltete sich in zwei Teile. Sie nahm die Holzstücke, wickelte sie in ein Tuch und wies Jayan dann an, sie festzuhalten, während sie sie an den Arm des Jungen band.
Ich habe noch nie etwas Derartiges gesehen, ging es Dakon durch den Kopf. Er hielt inne, wie erstarrt vor Erstaunen über das, was er beobachtet hatte. Die Erinnerung an den Unterarm, der sich scheinbar von selbst straffte, lief wieder und wieder vor seinem inneren Auge ab. Magie. Sie hat offensichtlich Magie benutzt. Auf eine so logische und zuträgliche Art und Weise. Und nur ein Magier konnte das tun. Oh, die Heilergilde wird nicht glücklich sein, wenn sie davon erfährt!
Während Tessia den Jungen tröstete und ihm erklärte, wozu die Stützen dienten und wie lange er sie an seinem Arm lassen musste, blickte Jayan auf und blinzelte überrascht, als er Dakon sah.
Sie waren beide so versunken, dachte Dakon, dass sich eine ganze Armee von Sachakanern an sie hätte anschleichen können. Trotzdem, ich kann ihnen kaum einen Vorwurf machen. Sie versuchen nur, Menschen zu helfen.
Dennoch war Jayans Beteiligung interessant. Der junge Mann wich Tessia inzwischen kaum noch von der Seite. Dakon argwöhnte, dass Jayan sich als ihren Beschützer sah, aber vielleicht steckte noch mehr dahinter. Vielleicht begriff Jayan, wie wichtig Tessias Einsatz von Magie für das Heilen sein konnte, und versuchte, ihr die Chance zu geben, ihre Fähigkeit weiterzuentwickeln. Er stellte fest, dass er ein Lächeln zuwege bringen konnte.
Das Teilen von Wissen, das Heilen mit Hilfe von Magie, und Jayan, der eine andere Meisterschülerin unterstützt und ermutigt. Wer hätte gedacht, dass dieser Krieg solchen Nutzen haben würde.
VIERTER TEIL
31
A ls Stara erwachte, staunte sie als Erstes darüber, dass sie überhaupt geschlafen hatte. Ihre letzte Erinnerung an den Abend zuvor war das Gespräch mit Vora, als sie der alten Sklavin erklärt hatte, dass sie wahrscheinlich die ganze Nacht wach liegen würde. Stattdessen blinzelte sie jetzt und rieb sich die Augen, und sie fühlte sich enttäuschend frisch und ausgeruht.
Eine vertraute Gestalt warf sich vor ihr auf den Boden, und ihre Knie knackten hörbar.
»Hast du Kräuter in mein Getränk gegeben?«, fragte Stara, während sie sich hinsetzte.
»Ihr habt gesagt, Ihr wünschtet, der nächste Tag würde schnell herannahen und genauso schnell vorübergehen, Herrin«, erwiderte Vora und erhob sich. »Ist die Zeit so schnell vergangen, wie es Euer Wunsch war?«
»Ja. Du bist eine böse Frau, Vora. Und ich werde dich vermissen.«
Die alte Frau lächelte. »Dann kommt mit, Herrin. Wir müssen Euch waschen und ankleiden. Ich habe Euch Euer Hochzeitstuch mitgebracht.«
Stara konnte nicht umhin, ein kleines Prickeln der Erregung zu empfinden, aber diesem Gefühl folgte ein noch vertrauterer Ärger. In Elyne verbrachte eine Frau Wochen mit ihrer Mutter und ihren Schwestern - sofern sie welche hatte - und ihren Freundinnen damit, Stoffe, Zierrat und einen Entwurf für
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